Olympia | Ski Alpin Lena Dürr: "Wintermärchen" ohne Happy End

Stand: 09.02.2022 11:40 Uhr

Ihre Saison hatte etwas von einem kleinen Wintermärchen: Jahrelang fuhr Lena Dürr im Slalom-und Riesenslalom-Weltcup so mit. In diesem Winter, mit 30 Jahren, hat sie den Durchbruch in die Weltspitze geschafft. Nur die Krönung in Peking blieb ihr verwehrt.

Dass Lena Dürr eine außergewöhnlich talentierte Slalomfahrerin ist, daran bestand auch in den vergangenen Jahren nie ein Zweifel. Das wussten die Trainer und ihre Konkurrentinnen. Allein: Für den dauerhaften Durchbruch in die Weltspitze hat es nicht gereicht. Hier und da mal ein Top-Ten-Platz, immer wieder aber auch schwächere Vorstellungen. Es fehlte die Konstanz - das war das Bild, das man von der 30-Jährigen aus Germering bei München hatte.

Bis November 2021: Da fuhr sie beim Slalom in Levi plötzlich zweimal hintereinander aufs Siegerpodest - zwei dritte Plätze, an die schon fast niemand mehr geglaubt hatte, dazu kamen noch weitere gute Platzierungen.

Insgeheim Medaillenkandidatin

In Peking galt Lena Dürr deshalb insgeheim als potenzielle Medaillenkandidatin in ihrer Paradedisziplin. Und nach dem ersten Durchgang auf der Olympiastrecke von Yanqing sah es tatsächlch so aus, als könne sie sich den Traum von Edelmetall bei Olympischen Spielen erfüllen. Nach einem bärenstarken Lauf, in dem sie vor allem im ersten Teil der Strecke voll attackierte und sehr präzise fuhr, lag sie in Führung und gab sich gelöst: "Ich freue mich richtig auf den zweiten Durchgang!"

Neu gewonnene Lockerheit

So viel Lockerheit ist neu bei Lena Dürr. In früheren Jahren ging ihr genau diese Eigenschaft ab. Häufig wirkte sie vor und zwischen den Läufen etwas verkrampft, was sich dann prompt auf ihre Läufe auswirkte.

Sportschau-Experte Felix Neureuther kritisierte noch vor Peking: "Sie braucht immer etwas, das Gefühl aufzubauen, da könnte sie deutlich mehr pushen", so der frühere Weltklasse-Slalomfahrer.

Viele hätten ihr den ganz großen Erfolg gegönnt, nicht zuletzt auch Neureuther: "Letztes Jahr hat sie Konstanz und Sicherheit eingefahren und jetzt nur ein paar Schräubchen gedreht, so schnell geht's!", so Neureuther vor den Spielen über seine ehemalige Teamkollegin.

Bittere Tränen und kein Happy End

"Das war eine ewige Reise. Besser spät als nie", sagt Dürr selbst zu ihrer Entwicklung in diesem Olympiawinter, in dem sie unverhofft zu einer Medaillenkandidatin geworden ist. "Eigentlich muss ich mich nur auf das Skifahren konzentrieren, das Ergebnis kommt dann von selbst."

So war es auch in Peking, jedenfalls bis zum zweiten Slalomdurchgang. "Oben ist mein Plan gut aufgegangen. Dann darf man sich aber keinen Fehler erlauben, wenn man ganz vorne stehen will. Am Steilhang war es dann eben genau der Fehler zu viel", sagte Dürr nach dem knappen Rennen am ZDF-Mikrofon. Dürr wurde undankbare Vierte und weinte bittere Tränen. "Wenn es ein Weltcup-Rennen wäre, wäre es völlig okay", sagte die 30-Jährige. "Jetzt tut es aber gerade richtig weh." Dürrs "Wintermärchen" war leider kein Happy End beschieden.