
Bundesgelder für Sportstätten Hamburg 21, Köln 0 - Ein einseitiges Förderprogramm
Die Bundes-Sportstättenförderung trägt seltsame Blüten: Zuletzt bekamen viele Großstädte kaum Geld, gut vernetzte Kommunen dagegen umso mehr - das ergab eine Sportschau-Recherche.
Vom jüngsten Sportstätten-Förderprogramm des Bundes haben Deutschlands Städte auffällig unausgewogen profitiert. Hamburg hat 21 Projekte gefördert bekommen mit rund 40 Millionen Euro, während andere Großstädte wie Köln, Frankfurt oder Stuttgart leer ausgingen. Nach Recherchen der Sportschau haben auch einige ländliche Regionen überdurchschnittlich viele Projekte erhalten. Was diese Regionen und Hamburg gemeinsam haben, sind gute Kontakte nach Berlin.
Auf bis zu zwölf bis 40 Milliarden Euro wird der Sanierungsstau bei Deutschlands Sportstätten geschätzt, je nach Quelle. In den meisten Fällen sind Kommunen die Eigentümer und damit verantwortlich für die Instandhaltung. Weil die Kommunen in aller Regel aber Geldnöte haben, sind sie auf Unterstützung angewiesen - von den Ländern und vom Bund.
2,2 Milliarden Euro in acht Jahren
Der Bund ist formell nur für den Spitzensport zuständig, gibt aber wegen der Nöte der Kommunen immer wieder Förderprogramme heraus, um den Sportstättenbau auch im Breiten- und Schulsport zu unterstützen. Derzeit hofft die Sportbasis auf noch mehr Mittel als sonst, weil die neue Regierung in den kommenden zwölf Jahren über ein Sondervermögen 500 Milliarden Euro für Infrastruktur ausgeben will.
Unklar ist, in welcher Form die Unterstützung die Kommunen erreicht. Das jüngste Bundesprogramm trug den Titel "Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur", kurz SKE. Von 2015 bis 2023 sind darüber rund 2,2 Milliarden Euro bereitgestellt worden für etwa 900 Projekte, gut 750 davon betreffen nach Angaben des zuständigen Bundesbauministeriums Sportstätten.
Keine Chance auf Fördergelder?
Allerdings herrscht im Lande weitgehend Einigkeit: Das Programm war zu kompliziert und zu bürokratisch - das hat die Sportschau in mehreren Gesprächen mit kommunalen Vertretern gehört. Die Kommunen sollten sich mit Projektentwürfen bewerben, die zu den Anforderungen passten. Allein damit sahen sich viele Kommunen schon überfordert, zum Beispiel Hattingen im Ruhrgebiet.
"Da wird mal eben ein Förderprogramm aufgelegt irgendwo in Berlin und dann heißt es: Jetzt bewerbt euch mal und zwei Monate später muss ein fertiges Konzept vorliegen", sagte Bürgermeister Dirk Glaser im Sportschau-Interview. Es gebe Großstädte, die fertige Konzepte in der Schublade hätten: "Das haben wir nicht. Dazu haben wir überhaupt keine Möglichkeit, weil wir im Alltag so kämpfen müssen."
Großes Ungleichgewicht
Auch Personalmangel in der Verwaltung sei ein Problem, sagte Glaser. Ähnlich klingt die Antwort aus Köln. Die "personellen Kapazitäten für Planung, Koordination und Abwicklung eines über Jahre angelegten Förderprojekts" seien nicht gegeben gewesen, schreibt die Millionenstadt - die keine einzige Bewerbung nach Berlin geschickt hatte.
Auch fast alle anderen der 20 größten Städte haben sich kaum beteiligt: etwa München (1 gefördertes Projekt), Frankfurt am Main (0) oder Stuttgart (0). Mau sieht es auch in Dortmund (1), Essen (0) und Bochum (0) aus - dabei hätten gerade die klammen Ruhrgebiets-Städte Fördergelder nötig.

Ungleiche Verteilung beim Bundesförderprogramm SKE
Stadt | SKE-Projekte | Projekte/100.00 Einwohner |
---|---|---|
Berlin | 15 | 0,41 |
Hamburg | 21 | 1,13 |
München | 1 | 0,07 |
Köln | 0 | 0 |
Frankfurt am Main | 0 | 0 |
Düsseldorf | 2 | 0,32 |
Stuttgart | 0 | 0 |
Leipzig | 2 | 0,33 |
Dortmund | 1 | 0,17 |
Bremen | 4 | 0,68 |
Essen | 0 | 0 |
Dresden | 2 | 0,36 |
Nürnberg | 1 | 0,19 |
Hannover | 1 | 0,19 |
Duisburg | 5 | 0,99 |
Wuppertal | 2 | 0,56 |
Bochum | 0 | 0 |
Bielefeld | 1 | 0,3 |
Bonn | 1 | 0,31 |
Mannheim | 1 | 0,32 |
Wie ist vor diesem Hintergrund Hamburgs Fördererfolg zu erklären? Die Hansestadt sei vergleichsweise finanzkräftig, könne damit den nötigen Eigenanteil stemmen und habe eigene Dienstleister, sagte Finanzsenator Andreas Dressel der Sportschau. Hilfreich seien zudem ambitionierte Abgeordnete in Berlin: "Das hat durch die Hamburger Bundestagsabgeordneten sehr gut geklappt."
Hamburger Abgeordnete im Bundeshaushaltsausschuss
Der Haushaltsausschuss des Bundestags ist beim SKE-Programm das entscheidende Gremium und Hamburg hatte mehrere Verbindungen in diesen Ausschuss: Gleich drei Abgeordnete von den langjährigen Koalitionsparteien SPD und CDU wirkten dort im Vergabezeitraum mit.
Die Vergabe läuft so: Eine Liste aller Bewerber inklusive Bewertungen geht an die zuständigen Haushälter der Koalitionsparteien, also einen kleinen Kreis von Menschen. Diese erstellen eine Liste mit den Projekten, die einen Zuschlag erhalten sollen, und legen sie dem Haushaltssauschuss vor.
Bewerberliste mit Bewertungen nicht öffentlich
Dort fand keine große Aussprache statt, sagt der ehemalige Linken-Abgeordnete Viktor Perli. Er war 2017 bis 2025 Haushaltsausschussmitglied. "Wir bekamen eben nicht die Begründung, warum das eine Projekt ja, das andere Projekt nein, sondern wir bekamen nur die ausgewählten Projekte", sagte Perli der Sportschau. Er habe vergeblich versucht, die Liste mit den Bewertungen zu bekommen. Auch die Sportschau erhielt auf Anfrage keine Datei vom Bundesbauministerium.
Perli fordert vor diesem Hintergrund Transparenz, um nachvollziehen zu können, warum eine Entscheidung getroffen wurde: "Damit die Kommunen, die sich bewerben, das Gefühl haben, sie haben gleiche Chancen gegenüber anderen. Deswegen muss man versuchen, alles, was Misstrauen erzeugen kann, im Verfahren abzustellen."
Einige Wahlkreise üppig bedacht
Auswahlmöglichkeiten gab es jedenfalls reichlich. Alleine in der Förderrunde 2023 gab es nach Angaben des Bundesbauministeriums 812 Bewerbungen, aber nur 68 Zuschläge.
Nicht nur im Großstadt-Vergleich gab es auffällige Unterschiede, sondern auch in ländlicheren Gegenden. Die Sportschau hat sich die Wahlkreise langjähriger Koalitions-Haushälter angeschaut und verglichen. Das Ergebnis: Alle diese Wahlkreise haben deutlich mehr Projekte erhalten als der Durchschnitt.
Beziehungen nach Berlin - so wichtig?
Bei einer theoretischen Gleichverteilung hätte jeder Wahlkreis in Deutschland 2,75 Projekte erhalten. Alle geprüften ländlichen Wahlkreise kamen aber auf mindestens fünf Projekte, einige sogar auf neun oder zehn - das ist in etwa viermal mehr als der Schnitt.
Ein Zusammenhang liegt nahe, denn Bundestagsabgeordnete werben regelmäßig damit, ihrem Wahlkreis durch ihren persönlichen Einsatz Bundesmittel verschafft zu haben. Das gehört zum politischen Tagesgeschäft. Aber wie fair und sinnvoll ist ein Bundesförderprogramm, bei dem die Verteilung so unausgewogen ist? Und dessen komplexe Struktur gerade bedürftige Kommunen abgeschreckt hat?
Kritik von DOSB-Vorstand Bouffier
Kritik äußert auch Volker Bouffier, Vorstandsmitglied im Deutschen Olympischen Sportbund. "Das ist doch kein ernsthaftes Programm, und daran leidet sehr viel", sagte der ehemalige Ministerpräsident Hessens der Sportschau: "Aus meiner langen politischen Erfahrung kann ich Ihnen sagen: Der Bund hat schon viele Programme aufgelegt, die in aller Regel nie abgerufen wurden, weil sie entweder zu bürokratisch waren oder weil die Mitfinanzierung nicht möglich war."
Die neue Koalition in Berlin hat eine "Sportmilliarde" für Infrastruktur angekündigt, verteilt auf vier Jahre - was in etwa so viel Bundesförderung bedeutet wie bisher. Mittel aus dem Sondervermögen könnten noch hinzukommen. Die Regierung hat nun die Aufgabe, einen transparenteren und günstigeren Förderweg zu finden. Das SKE-Programm hat nach Angaben des Bundesbauministeriums bereits 27,5 Millionen Euro Sach- und Personalkosten verursacht. Die sicherlich immensen Bürokratiekosten der Kommunen kommen noch hinzu.