Achtelfinale am Dienstag in London Löw hofft auf offenes Spiel gegen England - vermutlich vergeblich

Stand: 25.06.2021 17:30 Uhr

Joachim Löw erwartet, dass England gegen Deutschland deutlich aktiver spielen wird als zuletzt die Ungarn. Aber den Gefallen des offenen Spiels wird ihm sein Kollege Gareth Southgate für das Achtelfinale in Wembley kaum tun.

Hoch die Hände, Wochenende! Allerdings ist es für die Nationalspieler schon am Samstag (26.06.2021) vorbei. Nach einem laut Deutschem Fußball-Bund (DFB) komplett freien Freitag startet die Vorbereitung auf das Achtelfinale gegen England am Samstag mit einem Training am Vormittag.

"In England wird es ein ganz anderes Spiel. Die Engländer müssen zu Hause sicherlich nach vorne spielen. Es gibt ein offenes Spiel, offener als es jetzt war", blickte Joachim Löw auf den Dienstag voraus und auf das 2:2 gegen Ungarn zurück.

Die Prognose dürfte sich zumindest für den zweiten Teil des letzten Satzes erfüllen. Die Ungarn spielten in einem sehr defensiv ausgerichteten 5-3-2-System. England dürfte aktiver agieren in seinem 4-3-3, das schon in den Partien der Vorrunde praktiziert wurde. Selbst bei einer Umstellung auf eine Dreierkette, die von manchen Experten im Lauf des Turniers erwartet wird, dürfte das gelten.

Aber eine stürmische Mannschaft von Gareth Southgate, die Raum für Konter über die schnellen Offensivspieler wie Kai Havertz, Serge Gnabry oder vielleicht Timo Werner bietet, darauf dürfte sein Kollege Löw vergeblich hoffen. Selbst die Unterstützung von gut 40.000 Fans in Wembley sollte daran nichts ändern.

Southgates Mannschaft habe "die Befähigung, den gleichen Matchplan (wie die Ungarn, d. Red.) anzuwenden, allerdings effizienter: den Gegner frustrieren, die entscheidenden Stiche setzen".

Nur 23 Torschüsse in drei Spielen

Zwei Tore geschossen, keines kassiert, sieben Punkte. Das liest sich wie destruktiver Fußball, der wie im Italien der 80er Jahre allein darauf ausgelegt war, bei einem eigenen Treffer den Sieg sicher zu haben. So schlimm ist es bei den Engländern nicht. Southgate wird in den heimischen Medien auch nicht gefeiert. Vielmehr wird von ihm verlangt, offensiver und attraktiver spielen zu lassen.

Bislang blieb der Trainer stur, und es gibt für ihn keinen Grund, gegen Deutschland eine andere Taktik zu wählen.

In keinem der drei Spiele gab England zehn Torschüsse oder mehr ab, insgesamt waren es nur 23, in der zweiten Halbzeit gegen Tschechien war es gar keiner mehr.

Defensive Außenverteidiger

Der Sicherheitsgedanke ist schon im Spielaufbau klar zu erkennen, zumindest wenn Kyle Walker spielte. Er blieb als rechter Verteidiger auf Höhe der Innenverteidiger, Kieran Trippier zum Auftakt gegen Kroatien und Linksverteidiger Luke Shaw gegen Schottland und Tschechien stellten sich auch nur ein paar Meter weiter vorne auf.

Das Konzept greift. Englands Gegner blieben bislang ohne Großchance. Erst vier Mal flog ein Ball auf das Tor von Jordan Pickford. Für die Stabilität sorgt auch Declan Rice. Der Profi von West Ham United ist der "holding midfielder", wie die Briten einen "Sechser" nennen, der nahezu ausschließlich in der Defensive und mit sicherem Aufbau beschäftigt ist. Davon zeugt auch die Quote von 96 Prozent angekommener Pässe.

Es könnte sei, dass Southgate gegen Deutschland mit Jordan Henderson, dem Kapitän des FC Liverpool, auf noch mehr Stabilität setzt und ihn für Jack Grealish in die Mannschaft nimmt.

Die drei Stürmer dürften wieder Phil Foden (rechts) und Raheem Sterling, der beide Tore schoss, von Manchester City sein, sowie in der Mitte Harry Kane von Tottenham Hotspur. Unterstützt wurde das Trio in den ersten beiden Spielen häufig vom recht offensiv ausgerichteten "Achter" Mason Mount. Der Spieler des FC Chelsea wird aber erst wenige Stunden vor dem Anpfiff aus der Isolation entlassen, in die er sich wegen des engen Kontakts zum Schotten Billy Gilmour begab. Die Vereinskollegen hatten sich nach dem direkten Duell umarmt und länger unterhalten.

Mason Mount dürfte wohl zunächst auf der Bank sitzen und verfolgen, ob sich tatsächlich ein offenes Spiel entwickelt.