Whistleblower Abdullah Ibhais

WM 2022 in Katar "Abdullah ist ein Gefangener dieser WM"

Stand: 15.11.2022 11:59 Uhr

Der Whistleblower Abdullah Ibhais sitzt seit einem Jahr in einem Gefängnis in Katar. Der ehemalige Kommunikationsdirektor des Organisationskomitees der WM 2022 hatte sich für streikende Arbeiter eingesetzt. Nun meldet sich seine Familie zu Wort und erhebt schwere Vorwürfe. Nach Informationen der Sportschau ist die Bundesregierung über den Fall informiert.

Abdullah Ibhais' Bruder Ziad Ibhais erhebt in einem Interview mit der Sportschau Vorwürfe. Die Haftbedingungen für Abdullah Ibais würden kurz vor Beginn der FIFA WM 2022 in Katar strenger. Ihm sei von der Gefängnisverwaltung mitgeteilt worden, dass er niemanden mehr außer seiner Frau als Besuch empfangen dürfe. "Sie wollen ihn von der Außenwelt abschotten. Und das zeigt, wie sehr sie Angst vor ihm haben. Und es zeigt, dass sie wissen, dass er nicht im Gefängnis ist, weil er ein Verbrecher ist. Er ist da, weil er zum Schweigen gebracht werden muss."

Der Ehefrau sei darüber hinaus am 2. November ein persönliches Treffen mit ihrem Mann verweigert worden. Später sei ihr mitgeteilt worden, dass sich Abdullah Ibhais nun in Isolationshaft befinde und private Treffen nicht mehr möglich seien, weil über diese Besuche Informationen an die Medien weitergereicht worden seien.

Ibhais hatte sich im WM-OK für streikende Arbeiter eingesetzt

Ibhais, der aus Jordanien stammt, war Kommunikationsdirektor des Organisationskomitees der WM in Katar. Er sitzt nun seit einem Jahr im Gefängnis. Am 15. Dezember 2021 hatte das Berufungsgericht in der Hauptstadt Doha die Strafe bestätigt. Ibhais war vorgeworfen worden, Bestechungsgelder angenommen zu haben. Er bestritt das.

Im Oktober 2021 berichtete die Sportschau zusammen mit dem norwegischen Fußballmagazin "Josimar" exklusiv über seinen Fall. Ibhais übermittelte interne Dokumente und WhatsApp-Chatverläufe, aus denen hervorgeht, wie das WM-Organisationskomitee kritische Berichterstattung über Arbeitsbedingungen verhindern wollte.

Ibahis sagte 2021: "Das komplette Verfahren ist Vergeltung für meine kritische Haltung gegenüber dem WM-Organisationskomitee und ihrem Umgang mit Gastarbeitern." Ibhais hatte sich damals für streikende Arbeiter eingesetzt und sich damit gegen OK-Chef Hassan Al-Thawadi gestellt.

Katars Organisationskomitee, für das Ibhais gearbeitet hatte, wies damals alle Vorwürfe zurück. Die Darstellung einer Verschwörung gegen Ibhais sei "lächerlich, diffamierend und absolut falsch".

Menschenrechtsorganisationen: Ibhais bekam kein faires Verfahren

Auch seine Familie wies die Vorwürfe zurück und sprach damals in einer Stellungnahme von einem "Willkür-Urteil". Demnach habe Ibhais, der zunächst eine fünfjährige Haftstrafe hätte absitzen sollen, zu seiner Berufungsverhandlung nicht persönlich erscheinen dürfen. Das Gericht habe die Verteidigung nicht einmal angehört. Der ganze Prozess habe nicht einmal eine Minute gedauert, hieß es. Auf eine weitere Berufung vor der nächsthöheren Instanz habe sie noch keine Antwort, teilt die Familie aktuell mit.

Mehrere Menschenrechtsorganisationen protestierten gegen das Urteil, Ibhais habe kein faires Verfahren erhalten, das Geständnis sei erzwungen worden. "Es ist klar, dass man ihn zum Schweigen bringen wollte. Es gibt keine Beweise gegen ihn", erklärt der Menschenrechtsexperte Nicholas McGeehan gegenüber der Sportschau, nach Durchsicht von Gerichtsunterlagen.

Nach Informationen der Sportschau ist auch Luise Amtsberg, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, über den Fall Abdullah Ibhais informiert. Sie plant nach der WM Gespräche über die Situation der Menschenrechte in Katar vor Ort zu führen.

Ibhais' Bruder: "Die FIFA ist ein Teil dieser Ungerechtigkeit"

Abdullah Ibhais' Bruder Ziad kritisiert auch den Fußball-Weltverband FIFA: "Die FIFA ignoriert unsere Anfragen und ich glaube, dass sie mit den katarischen Behörden an Abdullahs Elend und der Ungerechtigkeit, die Abdullah angetan wurde, beteiligt war. Die FIFA war ein Teil dieser Ungerechtigkeit."

Die Hoffnung der Familie sei es aber weiter, dass Abdullah eine Chance auf Gerechtigkeit bekomme. "Aber das passiert nicht, wenn wir keinen Druck auf die katarischen Behörden ausüben", so Ziad Abdullah. "Damit wir nicht auf Kosten von Menschen, die inhaftiert sind, und von Menschen, die ihrer Rechte beraubt werden, an der Weltmeisterschaft teilnehmen. Denn mein Bruder ist ein Gefangener dieser Weltmeisterschaft."