Timo Baumgartl (FC Schalke 04) Schlussjubel, Emotion, jubel, mit Trainer Thomas Reis

Nach Kritik in TV-Interview Klub wird zum Pulverfass - Schalke bestraft Baumgartl

Stand: 24.09.2023 21:16 Uhr

Schalke 04 steckt mal wieder in der Krise. Sportlich, aber auch als Klub. Ein Interview von Timo Baumgartl nach der Niederlage auf St. Pauli hat große Gräben verdeutlicht. Dafür wurde der Abwehrspieler bestraft.

Von Sebastian Hochrainer

Schon seit vielen Wochen macht im Umfeld des FC Schalke 04 das Thema die Runde, dass die Mannschaft nicht mit der taktischen Herangehensweise von Thomas Reis einverstanden sei. Der Trainer denke zu eindimensional, es fehle der Plan B, alles würde nicht zu Zustand und Besetzung des Kaders passen. Vom Verein wurde das vehement ins Reich der Fabel verwiesen und Einheit demonstriert. Aber diese Blase ist nun geplatzt.

"Deshalb machen wir das auch als Mannschaft"

Timo Baumgartl fand nach dem 1:3 beim FC St. Pauli sehr klare Worte, die verdeutlichen, dass die so bestrittene Problematik kein Hirngespinst der Medien war, sondern offenbar doch ein großer Funke Wahrheit dahinter steckte. "Wenn es nach einer halben Stunde 0:3 steht, können wir uns nicht beschweren. Das ist Wahnsinn, wir spielen mit dem Feuer", sagte der Abwehrspieler bei "Sky".

Der Grund dafür scheint die Taktik von Trainer Reis zu sein. Die kritisierte Baumgartl, als er gefragt wurde, ob sich die Mannschaft eine andere Herangehensweise wünsche. "Das ist die Philosophie des Trainers, er gibt uns das vor. Deshalb machen wir das auch als Mannschaft. Aber klar ist, wenn man die ersten 30 Minuten sieht, dass es brutal schwer ist, wenn es der Gegner gut macht. Hinten immer wieder eins gegen eins zu stehen, ist dann eben risikobehaftet."

Bekenntnis pro Reis von Hechelmann

Und auch eine weitere Nachfrage brachte die Gräben zwischen Mannschaft und Trainer zu Tage. "Das sind immer Fragen. Er gibt uns einen Plan mit, aber es ist natürlich ein Stück weit schwer für uns, das so zu machen. Weil wir natürlich immer wieder in diese Situationen reinkommen. Wir trainieren das unter der Woche und sind akribisch, aber wir haben schon 15 Gegentore", sagte Baumgartl dazu, ob er hinter Reis stehe.

Die Verantwortlichen machen dies jedoch. Sportdirektor André Hechelmann stützte Reis und nahm die Profis in die Pflicht. "Wir hatten einen klaren Plan und immer dann, wenn wir uns an den gehalten haben, haben wir gute Szenen kreiert", sagte der 39-Jährige, der am Morgen danach das Baumgartl-Interview runterzuspielen versuchte. "Der Trainer und der Spieler haben es ausgeräumt, das ist das, was zählt", sagte Hechelmann der "WAZ".

Verantwortliche schützen Reis

Als PR-Maßnahme ist es einen Versuch wert, die Thematik auf diese Weise abschließen zu wollen. Aber Schalke - noch mit einem guten Zukunftsgefühl nach einer starken Rückrunde abgestiegen - ist nach dem schwachen Start (sieben Punkte aus sieben Spielen) nicht nur in einem sportlichen Tief, sondern auch wieder mal ein Pulverfass, das vor der Explosion steht.

Die Unstimmigkeiten zwischen Trainer und den Spielern sind nicht mehr von der Hand zu weisen, während die Verantwortlichen Reis schützen. Der hält seinen Ansatz ohnehin nach wie vor für zielführend. "Wir waren sehr passiv. Erst als wir mehr Risiko gegangen sind und jeder seine Aufgabe auch zu 100 Prozent erfüllt hat, haben wir St. Pauli vor Aufgaben gestellt", sagte der Schalke-Coach. Zum Baumgartl-Interview sagte er, er sei "der Erste, der sich an die eigene Nase fasst. Und das erwarte ich auch von meinen Spielern".

Strafe für Baumgartl

Was der Klub auch erwartet, ist, dass die Spieler ihre Kritik auf internem Terrain austragen. Weil Baumgartl das nicht gemacht hat, bekam er vom Verein eine Geldstrafe und muss zu Beginn der Woche mit der U23 trainieren. Das teilten die Schalker am Sonntag (24.09.2023) nach einem Gespräch zwischen Spieler und sportlicher Leitung mit.

"Timo zeigte sich im Gespräch einsichtig, räumte direkt zu Beginn seinen Fehler ein und bat um Entschuldigung. Wir haben diese angenommen", hieß es in einer Mitteilung. "Was ich mit meinen Aussagen ausgelöst habe, war nicht meine Intention und darf einem Spieler mit meiner Erfahrung nicht passieren", sagte Baumgartl, der sich jedoch nicht zu den Inhalten seiner Aussagen äußerte.

"GEmeinsam" nur auf dem Papier

Spieler gegen Trainer, Trainer gegen Spieler. In einem Interview mit dem hauseigenen "SchalkeTV" forderte Sportvorstand Peter Knäbel vor Saisonbeginn: "Wir müssen gemeinsam und geschlossen auftreten." Ohnehin ist "GEmeinsam" (die Buchstaben GE werden in Anlehnung an die Stadt Gelsenkirchen groß geschrieben) allgemein ein auf Schalke überproportional gebräuchliches Wort.

Das Problem: Der Klub selbst scheint große Probleme zu haben, dieses Credo selbst vorzuleben - aktuell gelingt es zum wiederholten Male nicht. Und wie so oft auf Schalke werden die nächsten Tage geprägt sein von Personalfragen - und weniger von der Frage, wie man wirklich "GEmeinsam" aus diesem Tief herauskommt.