Das Feld bei einem Frauen-Radrennen der UCI Track Tour (Quelle: imago images/frontalvision.com)

Drei Jahre nach dem Aus der Männer-Mannschaft LKT Team Brandenburg kehrt mit Frauen in den Profi-Radsport zurück

Stand: 27.09.2023 11:20 Uhr

Mehr als ein Jahrzehnt prägte das LKT Team Brandenburg den deutschen Profi-Radsport mit. Nach dem Aus 2020 kommt das Team aus Cottbus nächste Saison zurück: als Frauen-Mannschaft. Von Thomas Juschus

Der Großteil der neuen Mannschaft steht fest, die Sportliche Leitung ist bereits mit prominenten Namen besetzt und die entsprechenden Anträge beim Radsport-Weltverband UCI sind in der finalen Abstimmung: Das LKT Team Brandenburg kehrt nach drei Jahren Unterbrechung 2024 auf die internationale Radsportbühne zurück - mit einer neuen Ausrichtung. "Es ist es Zeit für die Frauen", sagt Teammanager Steffen Blochwitz nicht ohne Stolz beim Besuch in der Teamzentrale am Olympiastützpunkt Cottbus. Ausgestattet mit einer Lizenz als "UCI Women’s Continental Team" will die neuformierte Mannschaft in ihrer Premieren-Saison national wie international mitmischen.

Steffen Blochwitz ist Teammanager des LKT Team Brandenburg (Quelle: Thomas Juschus)

Teammanager Steffen Blochwitz vom LKT Team Brandenburg.

Von 2007 bis 2020 Männer-Team

Bereits von 2007 bis 2020 gab es das LKT Team Brandenburg - für Männer. Das ebenfalls mit einer Continental-Lizenz ausgestattete Team diente damals vor allem als Sprungbrett für die zahlreichen Junioren am Stützpunkt in Cottbus. "Unser Hauptsponsor Michael Müller [Anm. d. Red.: Geschäftsführer der Lausitzer Klärtechnik/LKT in Luckau] hatte sich bereits 2007 ein Frauenteam gewünscht. Der Gewinn der Silbermedaille von Roger Kluge bei den Olympischen Spielen 2008 stellte aber dauerhaft die Weichen für das Männerteam", erinnert sich Blochwitz, der schon damals als Manager tätig war.
 
Nach Kluge (zuletzt beim Team Lotto Soudal) machten später Fahrer wie Max Kanter (Team Movistar), Nikias Arndt (Bahrain Victorious) oder der deutsche Straßen-Meister von 2009, Martin Reimer (Cervelo Testteam), bei LKT ihre ersten erfolgreichen Schritte im Profi-Straßenradsport und entwickelten sich zu gestandenen World-Tour-Fahrern. 2020 folgte das Team-Aus - ausbleibende Erfolge, Querelen im Betreuerstab und nicht zuletzt die Auswirkungen der Corona-Pandemie sorgten für das (vorläufige) Ende nach 14 Jahren Profi-Radsport.

Frauen-Radsport boomt seit Jahren

2024 ist das LKT Team Brandenburg wieder da. "Wir möchten die positive Entwicklung und Professionalisierung des Frauenradsports unterstützen und mittragen", sagt Teammanager Blochwitz, selbst 1989 Weltmeister mit dem Vierer und ein Jahr zuvor Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen in Seoul. Seit Jahren boomt der Frauen-Radsport - international und national. Die Tour de France hat eine Ausgabe für die Frauen bekommen, in Deutschland sind neben der etablierten Thüringen-Rundfahrt der Frauen neue UCI-Rennen entstanden. Der deutsche Bahn-Vierer der Frauen wurde 2021 Olympiasieger, Fahrerinnen wie die Forsterin Romy Kasper gehören seit Jahren zu den prägenden Figuren bei den Straßen-Rennen.
 
"Wir wollen talentierten jungen deutschen Frauen eine zusätzliche Plattform stellen und sehen unser Team als Zwischenschritt von einer guten Juniorin zur erfolgreichen Profi-Fahrerin", erläutert Blochwitz. Mittelfristig sollen wieder Talente, die am Stützpunkt entwickelt wurden, zur Mannschaft stoßen. "Wir haben im Moment zu wenig eigenen Nachwuchs. Im Elitebereich fehlt es uns an der Substanz. Wir sind aber vom Schule-Leistungssport-Verbundsystem am Standort überzeugt und wollen dies mit dem Team bewerben", erläutert Steffen Blochwitz.

Acht Plätze im Kader vergeben

Im maximal zehnköpfigen Kader wurden bislang acht Plätze vergeben. Bekannteste Fahrerin ist Lena Charlotte Reißner aus Gera. Die 22-Jährige wurde 2021 Europameisterin in der Mannschaftsverfolgung und gehört zum erweiterten Kandidatenkreis für die Olympischen Spiele 2024 in Paris in dieser Disziplin. "Das Konzept mit dem Schwerpunkt Bahn hat mich überzeugt und kommt mir sehr entgegen. Auf der Straße sehe ich mich eher in der Helferrolle. Ich freue mich sehr auf das nächste Jahr und die neuen Erfahrungen", sagte Reißner.
 
Olivia Schoppe (22 Jahre) belegte in der gerade zu Ende gegangenen Bundesliga-Saison den zweiten Platz und wechselt vom Erfurter Team MAXX Solar Rose Women Racing in die Lausitz. Seana Littbarski-Gray (17, bisher Stevens Juniorinnenteam Thüringen) wurde im Sommer U19-Europameisterin im Punktefahren und beendete die Bundesliga als beste Nachwuchsfahrerin. Daneben wird beispielsweise mit Karoline Goldschmidt auch einem Radsport-Neuling eine Chance eingeräumt. Die 23-Jährige, die vom Team Stuttgart kommt, spielte bis vor zwei Jahren Fußball und betrieb Leichtathletik.

Prominente Ex-Radsportlerinnen als sportliche Leitung

Als Sportliche Leiterinnen hat das Team zwei erfolgreiche und erfahrene Ex-Rennfahrerinnen gewinnen können: Stephanie Gaumnitz und Trixi Worrack. Gaumnitz schaffte unter ihrem Mädchennamen Pohl jahrelang erfolgreich den Spagat zwischen Bahn und Straße. Ihren größten Karriere-Erfolg feierte die in Kunersdorf bei Cottbus lebende Gaumnitz im Jahr 2015 mit dem Gewinn des Weltmeister-Titels im Punktefahren. 2016 und 2017 gewann sie jeweils WM-Bronze auf der Straße im Team-Zeitfahren, danach beendete sie ihre Laufbahn und arbeitet jetzt als Geschäftsstellenleiterin beim Brandenburger Radsport-Verband. "Ich möchte nicht nur am Schreibtisch sitzen und gern meine Erfahrungen weitergeben. Wichtig wird in unserer jungen Mannschaft sein, die Grundlagen zu legen. Dabei möchte ich helfen. Radsport ist oft Kampf und Quälerei", so die 35-Jährige.

Trixi Worrack nahm fünfmal an den Olympischen Spielen teil und wurde unter anderem fünfmal Weltmeisterin im Mannschaftszeitfahren. 2021 beendete die aus Dissen im Spreewald stammende Worrack ihre lange Profi-Laufbahn, die sie auch nach dem Verlust einer Niere im Frühjahr 2016 nach einem Rennunfall weiter erfolgreich fortsetzen konnte. "Ich finde gut, dass es für Frauen ein neues Team geben wird und unterstütze das gern. Außerdem habe ich mit Lena und Seana zwei Sportlerinnen aus Erfurt dabei", sagt die 41-Jährige, die seit ihrem Karriereende als Landestrainerin am Bundesstützpunkt in Erfurt arbeitet.

Im November erstes Teamtreffen

Mitte November ist in Thüringen das erste Teamtreffen geplant, wie schon damals bei den Männern soll bei der "Istrien Spring Trophy" in Kroatien im Frühjahr 2024 der Saisoneinstieg erfolgen. Neben Rennen in Deutschland will das LKT Team Brandenburg vor allem auch Wettkämpfe in Polen und Tschechien bestreiten. "Da kann man in Ruhe üben und Rennhärte entwickeln", sagt die Sportliche Leiterin Stephi Gaumnitz. Den einen oder anderen Erfolg soll es natürlich auch geben, für das erste Jahr sind die Ziele aber bewusst nicht zu hochgesteckt. Steffen Blochwitz: "Wir sehen uns als Nachwuchsteam und werden ein professionelles und familiäres Umfeld bieten. Sportlich möchten wir vor allem die anderen Mannschaften das eine oder andere Mal ärgern."