Claus-Dieter Wollitz

Interview | Cottbus-Trainer Wollitz Cottbus-Trainer Wollitz im Interview: "Wir werden alles attackieren, um noch Erster zu werden!"

Stand: 26.12.2023 11:56 Uhr

Energie Cottbus geht in der Regionalliga Nordost als Tabellenvierter in die Winterpause. Trainer Claus-Dieter Wollitz spricht über die Verfolgerrolle im Aufstiegsrennen, den souveränen Spitzenreiter Greifswald - und den neuen Stadionnamen.

rbb|24: Kurz vor der Winterpause hatte eine Krankheitswelle nicht nur Sie, sondern auch viele Ihrer Spieler von Energie Cottbus getroffen. Die letzten Partien mussten abgesagt werden. Nun ist die Heimniederlage im Spitzenduell gegen den BFC Dynamo das letzte Ergebnis, mit dem es nun in die Winterpause geht. Ärgert Sie das?
 
Claus-Dieter Wollitz: Gesundheit geht vor, auch wenn das immer so einfach dahergesagt ist. Es ist ärgerlich, weil es gegen den BFC ein sehr ordentliches Spiel von uns war. Ein grober Fehler von uns wurde bestraft. Seit der schweren Verletzung von Borgmann können wir eine Tendenz erkennen (Für Energie-Kapitän Axel Borgmann ist die Saison aufgrund eines Kreuzbandrisses beendet; Anm. d. Red.). Er ist ein Führungsspieler und Leistungsträger, der das gewisse Etwas hat. Das haben wir bis heute nicht so kompensieren können. Unter dem Strich waren unsere Ergebnisse in den letzten fünf Spielen für eine Spitzenmannschaft zu wenig.
 
Was ist Ihr Plan, um diese Baustelle auszubessern?
 
Das ist eine berechtigte Frage. Eine Alternative dahinter zu verpflichten, ist nicht möglich. Sportlich wäre das naiv für den Moment, in dem er wieder gesund ist - und zudem auch finanziell gar nicht stemmbar. Man hofft natürlich, dass sich solche Spieler nicht verletzen. Wenn wir uns mal unsere drei Leistungsträger anschauen, die die Hierarchie bestimmen: Jonas Hildebrandt hatte nach dem Paderborn-Spiel (im DFB-Pokal, Anm. d. Red.) Probleme mit dem Rücken und ist mehrere Spiele ausgefallen. Das konnten wir noch kompensieren. Jonas Hofmann ist mehrere Male ausgefallen. Und jetzt noch Borgmann.

Die Mannschaft von Energie Cottbus feiert mit den Fans (imago images/Picture Point)
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Woran merken Sie das Fehlen am schmerzlichsten?
 
Es sind Spieler, die in den letzten zweieinhalb Jahren unglaublich konstant gespielt und trainiert haben. Die wichtige Stimmen in der Kabine sind und dort und im Umfeld viel mit organisieren. Für uns ist es deshalb sehr schwierig, sie zu ersetzen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir den kleinsten Kader, aber die größten Erwartungen haben.
 
Das heißt, es gibt für dieses Problem keine wirkliche Lösung?
 
Doch, wir arbeiten natürlich daran, das zu regeln. Wir versuchen ja, einen Spieler - oder auch zwei oder drei - mit Qualität zu bekommen. Vor zweieinhalb Jahren konnten wir uns aus dem Nichts nochmal entwickeln. Jetzt stoßen wir aber an Grenzen. Wir wollen die Wahrscheinlichkeiten erhöhen, den Aufstieg zu schaffen. Ich will nicht sagen, dass wir dafür dann mehr ins Risiko gehen sollten. Aber vielleicht sollten wir die Möglichkeiten ausschöpfen, eine andere Struktur zu schaffen, was das Finanzielle betrifft. Ansonsten ist es schwer. Im Sommer hat es schon Absagen gehagelt, weil Spieler glauben, dass Energie Cottbus andere Gehälter zahlt, als es sich dann tatsächlich darstellt. Sie haben andere Wünsche beziehungsweise sagen: Unter der Voraussetzung wechseln wir nicht in die Lausitz.
 
Ein Schritt hin zu einer Verbesserung des finanziellen Spielraums war der Verkauf der Namensrechte des Stadions der Freundschaft an die Leag. Trauern Sie dem historischen Namen hinterher oder überwiegt die Freude über die verbesserten Möglichkeiten?
 
Es gibt viele Menschen, die darüber aus Traditionsgründen traurig und enttäuscht sind - und das ist auch gut so. Auf der anderen Seite ist es für uns in der heutigen Zeit fast ein Muss, unsere wirtschaftliche Situation zu verbessern, wenn wir sportliche Ziele verfolgen. Im Sommer ist Leag schon als Trikot-Sponsor eingestiegen. Die Leag steht für die Lausitz. Das ist für mich auch ein Zeichen. Ich glaube aber, dass da zu viel hineininterpretiert wird. Ein Stadionname darf in der vierten Liga nicht diese Summen generieren, die woanders kolportiert werden. Dennoch sind wir sehr dankbar und glücklich.

Auch weil Sie damit auf personelle Verstärkung im Kader hoffen dürfen?
 
Dass aus diesem Vertrag Gelder für die Mannschaft freigegeben werden, glaube ich erst einmal gar nicht. Ich glaube vielmehr, dass sich der Verein dadurch weiter stabilisieren kann. Wir sind vor zweieinhalb Jahren aus dem Nichts wiedergekommen. Das wird immer wieder vergessen. Noch im Februar oder März 2021 wurde darüber nachgedacht, Insolvenz anzumelden. Seitdem haben wir zwei Mal den Landespokal gewonnen, sind Dritter und Meister geworden und sind jetzt wieder oben dran. Was wir machen, ist also nicht das Schlechteste. Wir sollten aber irgendwann den letzten Schritt gehen - und dafür braucht man Qualität auf mehreren Positionen, Stabilität und eine gewisse Breite in der Mannschaft.
 
Also sind Sie für die Umstände zufrieden mit der aktuellen Tabellensituation über die Winterpause? Immerhin hat Ihre Mannschaft bereits neun Punkten Rückstand auf Tabellenführer Greifswald, auch wenn Cottbus noch zwei Spiele weniger absolviert hat.
 
Ich bin ein positiv denkender Mensch. Ich zähle die zwei Spiele dazu und dann reden wir nur noch über drei Punkte. Das ist absolut korrigierbar. In der vergangenen Saison waren wir sogar zwölf oder 13 Punkte hintendran. Da habe ich auch gesagt: "Die Meisterschaft wird nur über Energie Cottbus entschieden." Ich war davon überzeugt, dass wir dieses Potenzial haben. In dieser Saison stellt sich die Situation etwas anders dar: Die Liga ist breiter geworden und wir müssen Leistungsträger ersetzen. Trotzdem werden wir in der Rückrunde alles versuchen und im positiven Sinne alles attackieren, was es zu attackieren gibt, um am Ende noch Erster zu werden.

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Die Fans aus der Region haben schon lange den großen Wunsch der Rückkehr in den Profi-Fußball. In dieser Saison gibt es wieder die große Chance durch den direkten Aufstiegsplatz. Haben Sie das Gefühl, dass der Druck deshalb höher ist?
 
Das weiß ich nicht. Fakt ist, dass Druck da ist. Energie Cottbus hat die Möglichkeit aufzusteigen. Dafür muss aber vieles passen. Und es gehört auch dazu, mit einer Niederlage umzugehen. Eine Niederlage war es zum Beispiel auch, in den Aufstiegsspielen gescheitert zu sein (Energie Cottbus scheiterte im Sommer gegen Unterhaching, Anm. d. Red.). Das waren zwei Spiele. In denen sind wir vier Mal frei aufs Tor zugelaufen, aber haben diese Chancen nicht genutzt. Wir hatten an diesen Tagen nicht das letzte Quäntchen, den letzten Mut. Deswegen hat man aber nicht gleich schlechte Arbeit gemacht. Das muss man differenzieren. Wenn Energie Cottbus immer um den Aufstieg mitspielt, haben wir nicht so viel verkehrt gemacht. Am Ende will man natürlich den letzten Schritt gehen. Dafür braucht man jedoch das gewisse Etwas.
 
Wie glauben Sie, wie wird sich die Rückrunde der Regionalliga Nordost an der Tabellenspitze gestalten? Hätten Sie damit gerechnet, dass Greifswald der große Konkurrent um den Aufstieg werden würde?

 
Wer vergangene Saison meine Statements auf den Pressekonferenzen gehört hat - auch nach unseren Spielen gegen Greifswald - der weiß das. Greifswald hat Möglichkeiten - nicht von der Infrastruktur, aber vom Finanziellen her -, die Lichtjahre von dem entfernt sind, was Energie Cottbus hat. Sie können Gehälter zahlen, von denen Cottbus nur träumen kann. Das ist ein offenes Geheimnis. Es scheint so, dass sie sich das leisten können, und das ist zu respektieren. Das tue ich auch. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir alle Chancen haben, Greifswald noch von Platz eins zu verdrängen, wenn wir gesund bleiben.
 
Aber sie sind nicht der einzige ernstzunehmende Konkurrent.
 
Babelsberg hat auch eine sehr erfahrene Mannschaft, sie sind auch brandgefährlich. Der BFC Dynamo hat ein Konstrukt, das es auch zu beobachten gibt. Man kann sich nicht nur auf einen Gegner konzentrieren. Auf Dauer, da bin ich mir sicher, wird Konstanz und Seriosität belohnt und unterstützt. Und wir sind absolut seriös.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Lukas Witte