
American Football American Football: Wie Lenny Krieg sich aus Reinickendorf in die NFL kickte
Innerhalb kürzester Zeit wurde der Berliner Lenny Krieg vom Amateurfußballer zum NFL-Profi. In Atlanta lebt er nun seinen Traum als Kicker und blickt voller Vorfreude auf seine erste Saison, die ein Highlight in der Heimat bereithält.
Es war der 27. Februar dieses Jahres, als Lenny Krieg zum ersten Mal einen Fuß auf den Rasen eines NFL-Stadions setzte. Im Lucas Oil Stadium in Indianpolis hatten sich die Top-Scouts der US-amerikanischen Football-Profiliga versammelt, um beim sogenannten Combine die Stars von morgen zu sichten. Es ist ein Tag, der das Leben der jungen Spieler völlig verändern kann.
Doch der 22-jährige Berliner blieb völlig cool. Als einziger der zwölf anwesenden Kicker verwandelte er alle seine 14 Field-Goal-Versuche aus 25 bis 55 Yards Distanz. "Rückblickend hatte ich einfach riesigen Spaß. Ich habe lange darauf hingearbeitet und es hat dann alles geklappt", sagt er. Mit seinem Auftritt sorgte er für erstaunte Gesichter bei den Talentsuchern und kickte sich direkt in die NFL.
Eine steile Karriere
Aus Reinickendorf in die glamouröse Welt des US-Sports – für Lenny Krieg ging das blitzschnell. Bis zu seinem 19. Lebensjahr hatte er eigentlich noch Fußball gespielt, hörte erst während Corona damit auf, weil Trainings und Spiele nicht mehr stattfanden. Zwar sei ihm American Football durch seinen Bruder, der selbst Coach ist, immer vertraut gewesen, "selbst zu spielen stand aber eigentlich nie so wirklich auf meiner Agenda", sagt er.
Eines Tages sei er dann mal zum Training mitgekommen. "Da war ich dann direkt Kicker und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich beim nächsten Mal direkt wieder dabei war", so Krieg. Sein großes Talent einmal entdeckt, drehte sich sein Leben danach nur noch um Football.
2019 begann Krieg seine professionelle Football-Karriere in der U19 der Berlin Adler, bevor er 2023 für die Stuttgart Surge in der European League of Football (ELF) auf dem Feld stand. Auf der speziellen Position des Kickers sei es in Deutschland jedoch nicht immer leicht gewesen, sich zu verbessern. Die entscheidenden Trainingseinheiten holte sich Krieg deshalb im Internet. "Instagram war meine wichtigste Quelle, um Coaches aus den USA zu verfolgen und zu sehen, was sie beibringen und worauf sie achten", sagt er.
Reinickendorf: das deutsche Atlanta
Das änderte sich, als die Amerikaner wegen seiner starken Leistungen in der ELF auf ihn aufmerksam wurden und ihm die Möglichkeit gaben, an einem speziellen Förderprogramm für Talente aus dem Ausland teilzunehmen, dem sogenannten International Player Pathway (IPP). "So hatte ich die Möglichkeit, für acht Wochen in den USA in Florida zu trainieren und überhaupt am Combine teilzunehmen. Das hat mir die Türen geöffnet und mir eine Chance gegeben", sagt Krieg.

Die hat er genutzt. Mittlerweile sind die ersten Wochen in Atlanta geschafft. Noch ginge es zwar vor allem um Kraft- und Ausdauertraining und doch würde es schon viel Spaß machen, so der Berliner. "Ich fühle mich sehr wohl und lebe meinen Traum. Das professionelle Umfeld macht es einem hier sehr einfach, sich auf den Sport zu konzentrieren."
Auch der Kulturschock blieb nach dem Umzug aus. Atlanta und Reinickendorf, so unterschiedlich sei das gar nicht, sagt er. "Ich wohne nicht direkt in der Innenstadt, sondern ein bisschen außerhalb. Deswegen ist es hier auch sehr grün – so wie in Reinickendorf. Ich kann hier aber natürlich nur wenig Deutsch sprechen und bin sehr viel mit dem Auto unterwegs. Das war in Berlin anders."
Von der Konkurrenz lernen
Erste Spielminuten für die Falcons könnte Krieg Ende Juli sammeln, wenn die Preseason startet. Anschließend könnte es für den jungen Kicker jedoch schwierig werden, sich tatsächlich im Team zu etablieren. Mit Younghoe Koo hat er erfahrene Konkurrenz auf seiner Position vor der Nase. "Koo hat bereits eine riesige NFL-Karriere hinter sich und wird auch sicherlich noch nicht am Ende sein. Von ihm lernen und mich mit ihm messen zu können, ist perfekt für mich", sagt Krieg anerkennend.
Doch wer weiß, was kommt. Schließlich hatte der Südkoreaner in der letzten Saison geschwächelt und nur noch knapp über 70 Prozent seiner Field Goals verwandelt. "Ich probiere, mich einfach immer zu verbessern und dann zu schauen, wie meine Reise weitergeht", so der Nachwuchskicker.

Ein Highlight in der Heimat
Im November wird ihn sein Weg auf jeden Fall zunächst einmal wieder zurück in die Heimat führen. Ausgerechnet die Falcons wurden für das NFL-Spiel in Berlin ausgewählt, treffen dort im Olympiastadion auf die Indianapolis Colts. "Das ist natürlich sehr cool“, sagt Krieg, der seinen Mitspielern bereits jetzt die ein oder andere Restaurant-Empfehlung habe geben müsse.
Ob er seinem Team in der deutschen Hauptstadt dann aber nicht nur als Cityguide sondern auch auf dem Feld helfen wird, darüber wolle er noch nicht nachdenken. "Meine Ziele sind eher immer wieder Fortschritte zu machen und besser zu werden und nicht, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt auf dem Spielfeld stehen muss", sagt er.
Und doch könnte die Rückkehr nach Berlin zum ersten großen Highlight seiner NFL-Karriere werden.