Die Werder-Handballerinnen feiern Arm in Arm hüpfend einen Sieg.

Interview Werder-Handballerinnen historisch stark – "Macht uns unberechenbar"

Stand: 11.10.2023 09:37 Uhr

Nach vier Spieltagen führen die Bremerinnen sensationell die Zweitliga-Tabelle an. Neu-Trainer Timm Dietrich erklärt, warum es so gut läuft bei den Werder-Handballerinnen.

Von Helge Hommers

Werders Handballerinnen schweben momentan im siebten Himmel. Mit vier Siegen aus den ersten vier Spielen sind die Bremerinnen so stark wie noch nie in die 2. Bundesliga gestartet. Mehr noch: Dank der perfekten Punkte-Ausbeute grüßen die Grün-Weißen von der Tabellenspitze. Neu-Trainer Timm Dietrich erklärt, warum er so gern auf Risiko spielen lässt, welchen Anteil die Neuen am Erfolg haben – und ob Werder sein Saisonziel nun anpassen muss.

Herr Dietrich, was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie aktuell auf die Tabelle schauen?

Das ist einfach ein sehr angenehmes Gefühl. Gerade wenn man eine Mannschaft neu übernimmt, muss sich erst alles einspielen und ein Vertrauensverhältnis zwischen Trainer und Mannschaft aufbauen. Und das ist natürlich deutlich leichter, wenn man mit Erfolgen startet. Von daher guckt man auf die Tabelle und ist sehr zufrieden – aber man weiß eben auch, dass das schnell wieder kippen kann.

Werder-Trainer Timm Dietrich blickt zur Spielanzeige.

Wechselte von Drittliga-Meister TV Hannover-Badenstedt nach Bremen: Werder-Trainer Timm Dietrich.

Haben Sie auch nur im Traum damit gerechnet, dass Ihnen so ein starker Start gelingt?

Nein, definitiv nicht. Intern haben wir uns gesagt: "Im schlechtesten Fall holen wir aus den ersten fünf Spielen nur zwei Punkte. Vier wären okay und wenn wir sechs holen, wäre das traumhaft gut." Dass wir nun schon acht Punkte aus nur vier Spielen geholt haben, war so nicht zu erwarten.

Warum gehen Sie sogar gegen favorisierte Teams – etwa zuletzt beim 26:22 gegen den HC Leipzig – als Sieger von der Platte?

Einerseits hängt das mit unserer aktuell unheimlich starken Abwehr zusammen. Da sind wir gerade ziemlich gut aufgestellt. Andererseits ist unser Spiel nicht auf ein oder zwei Spielerinnen konzentriert. Wir haben viele verschiedene Qualitäten im Kader, was uns unberechenbar macht. Das sieht man auch an der Verteilung der Torschützinnen, viele Spielerinnen von uns haben schon zweistellig getroffen. Durch unseren breiten Kader können wir die Last auf viele Schultern verteilen.

Welchen Anteil tragen die neuen Spielerinnen am Erfolg?

Man muss sagen, dass wir wirklich viel Glück mit unseren Transfers hatten. Alle haben unsere Erwartungen erfüllt. Hervorzuheben ist da besonders Lara Niemann (kam von Drittliga-Absteiger SV Altencelle, Anm. d. Red.), die wir eigentlich als Zweitbesetzung für Rückraum links oder Mitte verpflichtet hatten, weil wir ursprünglich noch jemanden holen wollten. Das ergab sich aber nicht, weshalb Lara die Position übernommen hat. Und jetzt in Leipzig hat Lara komplett durchgespielt – sowohl im Innenblock als auch auf Rückraum links. Sie macht ihre Sache einfach gut und ist somit ein Sinnbild für unsere Neuzugänge.

Werder-Handballerin Lara Niemann dribbelt vor der Abwehr mit dem Ball.

Spielt bislang groß auf: Werder-Neuzugang Lara Niemann.

Sie lassen einen auf Tempo ausgelegten, aber auch risikoreichen Handball spielen – was bisher gut geklappt hat. Haben Sie keine Angst, dass sich das auch mal rächen könnte?

Angst wäre der falsche Begleiter. Wenn ich Angst vor etwas habe, darf ich das nicht machen, weil ich dann nicht überzeugt davon wäre. Natürlich wird es Spiele geben, wo wir dann zu viel Risiko gehen, wo wir richtig ins Klo greifen und das Ding schön gegen die Wand fahren. Doch am Ende geht es immer um Wahrscheinlichkeiten und wie wir es schaffen, diese zu erhöhen. Etwa indem wir in Unterzahl das Tor leer lassen, weil wir dann im Angriff "Sechs gegen Sechs" spielen können. Das ist genau das, was wir den Spielerinnen in der Vorbereitung vermittelt haben: Dass es immer darum geht, wahrscheinlichere Situation herzustellen.

Müssen Sie angesichts des Traumstarts nun auch Ihre Saisonziele anpassen?

Nein, das ist noch gar nicht nötig. Wir haben jetzt fünf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz, was natürlich toll ist. Aber in einem Monat haben wir vielleicht nicht mehr 8:0, sondern 8:6 Punkte auf dem Konto. Von daher würde ich die Kirche im Dorf lassen.

Wenn wir im Dezember immer noch oben mit drin stehen, kann man überlegen, ob wir sagen: "Statt des einstelligen Tabellenplatzes, den wir erreichen wollten, peilen wir mal Platz 4 bis 6 an." Stand jetzt aber liegt der Fokus darauf, Punkte gegen den Abstieg zu sammeln. Allein schon durch die Konstellation, dass von 16 Teams mindestens vier absteigen, wäre es vermessen, über irgendwelche anderen Ziele nachzudenken.

Am kommenden Spieltag empfangen Sie in eigener Halle Frisch Auf Göppingen (21. Oktober, 18:30 Uhr). Was ist im Duell mit dem Aufstiegskandidaten drin für Ihr Team?

Vor der Saison waren die Füchse Berlin und Göppingen für mich die Favoriten schlechthin. Göppingen aber hat in den ersten Spielen auch wegen Verletzungsproblemen nicht immer souverän gewirkt. Trotzdem haben sie weiter einen Kader, mit dem sie etwa den Erstliga-Absteiger VfL Waiblingen mal eben mit zehn Toren Unterschied schlagen. Die Rollen sind – auch wenn wir Tabellenführer sind – also klar verteilt, daher gehen wir locker in das Spiel rein. Doch wenn wirklich alles perfekt passt, können wir sicherlich Punkte holen.

Dieser neue Trainer macht Werders Handballerinnen Beine

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Dieses Thema im Programm:
Sportblitz, 9. Oktober 2023, 19:30 Uhr