Geschäftsführer Michael Meeske (v.l., VfL Wolfsburg), Geschäftsführer Dr. Tim Schumacher (VfL Wolfsburg), Kathrin Hendrich (VfL Wolfsburg), Geschäftsführer Peter Christiansen (VfL Wolfsburg) und Sportdirektor Ralf Kellermann (VfL Wolfsburg)

NDR-Sport Saisonbilanz VfL Wolfsburg: Erleichterung, Hoffnung und Umbruch

Stand: 12.05.2025 12:56 Uhr

Erstmals seit 2012 sind die Fußballerinnen des VfL Wolfsburg ohne Titelgewinn geblieben. Immerhin gelang aber als Vizemeister der Einzug in die Champions League. In der kommenden Saison wird der VfL-Kader stark verändert sein: Zehn Spielerinnen verlassen den Club.

Von Inka Blumensaat

Die Freude am Sonntag war groß - bei den Wolfsburger Fußballerinnen, ihren Fans und auch beim örtlichen Floristen, der zehn Blumensträuße in Vereinsfarben für die Verabschiedung der scheidenden Spielerinnen in Rechnung stellen konnte. Einzeln traten diese vor der Partie gegen Leverkusen (3:1) zur Straußübergabe und zum Fototermin mit der Geschäftsführung an. Ein Gruppenfoto wurde nicht organisiert - der von einigen Medien bereits vorab beschriebene "XXL-Umbruch" ist kein Bild, das der VfL in die Öffentlichkeit senden möchte.

Teilnahme an der Champions League sicher

Vielmehr liegt der Fokus der Verantwortlichen auf dem Erfolg im letzten Saisonspiel und seiner Bedeutung: "Ich bin sehr, sehr erleichtert, dass wir die Teilnahme an der Champions League erreicht haben. Das gibt uns Planungssicherheit", sagt der Direktor Frauenfußball Ralf Kellermann im NDR Interview. "Ich bin zwar davon überzeugt, dass wir auch die Qualifikation überstanden hätten. Aber jetzt kann man planen, den Kader danach ausrichten. Und es ist auch so, dass vielleicht zwei oder drei Spielerinnen, mit denen man noch im Gespräch ist, darauf schauen."

Verpasste Chancen und fehlende Konstanz

Mit der Vize-Meisterschaft hinter Bayern München hat der VfL sein Minimalziel erreicht. In der Champions League ist der Einzug in die Runde der letzten Acht in Anbetracht der finanzstarken Konkurrenz durchaus als Erfolg zu werten. Abgesehen vom bitteren Aus im DFB-Pokal-Viertelfinale bei der TSG Hoffenheim kann sich die Bilanz dieser Saison sehen lassen. "Aber es fühlt sich ein bisschen anders an", gibt Kellermann zu. "Man hat das Gefühl, nicht das Maximum herausgeholt zu haben, weil wir nicht konstant waren. Weil es auch viel Unruhe durch die bevorstehenden Wechsel gab. Ich bin wirklich froh, dass wir einen Haken an diese Saison machen können."

Der VfL hätte mehr rausholen können - die entscheidenden Punkte für einen Titelgewinn ließ das Team nicht unbedingt in den direkten Duellen mit den Münchner Meisterinnen und den Tabellendritten aus Frankfurt liegen, die Heimspiele wurden jeweils gewonnen, auswärts gab es Niederlagen. Ausschlaggebend sind ein Unentschieden zuhause gegen Werder Bremen am Beginn der Saison, als das Team sich noch neu formierte sowie später weitere Remis in Köln und Freiburg, dazu kam eine Niederlage in Leverkusen. Wie von Kellermann angesprochen fehlte die Konstanz - wie sie Bayern München mit einer makellosen Rückrunde ohne Punktverlust auf den Rasen legte.

Trainerwechsel im Saisonendspurt

Unruhe kam auch auf, als es Anfang April überraschend zur Trennung von Trainer Tommy Stroot kam, mitten im Saisonendspurt, für ihn übernahm die bisherige Co-Trainerin Sabrina Eckhoff. "Die Situation war extrem herausfordernd nach dem Abschied von Tommy Stroot. Das Trainerteam um Sabrina Eckhoff hat alles für den Erfolg getan und ich bin sehr glücklich, dass wir den über die Ziellinie gerettet haben", so Kellermann.

Eckhoff verlässt den Verein, zur kommenden Saison übernimmt Stephan Lerch, der bereits von 2017 bis 2021 VfL-Trainer war und in dieser Zeit drei Meistertitel feiern konnte. Jetzt erwartet ihn die Herausforderung, den VfL in der Liga und in Europa zu behaupten, trotz der national wie international veränderten Kräfteverhältnisse, trotz des Umbruchs in Wolfsburg.

Umbruch im Kader

Wenn man aber auf die verabschiedeten Profis blickt, fällt auf: die Zahl ist hoch, höher als im vergangenen Sommer, die Abgänge vor einem Jahr jedoch waren sportlich gesehen schmerzhafter. Damals verließen mit Lena Oberdorf und Ewa Pajor zwei Weltklasse-Spielerinnen den Club, dazu kam mit Dominique Janssen eine der besten Innenverteidigerinnen der Liga. Diesmal zählen alleine drei Torhüterinnen zu den Abgängen, auf dieser Position hat Kellermann für die kommende Spielzeit bereits die Nummer zwei der deutschen Nationalmannschaft verpflichtet - Stina Johannes kommt von Eintracht Frankfurt. Stürmerin Tabea Sellner und Mittelfeldspielerin Kristin Demann wurden kaum eingesetzt und beenden ihre Karrieren.

Zum Stammpersonal hingegen gehörten Angreiferin Jule Brand und Verteidigerin Lynn Wilms, die beiden zieht es ebenso wie Sveindis Jonsdottir ins Ausland. "Es geht nicht nur um den Standort oder das Finanzielle. Es ist normal, dass Spielerinnen nach einigen Jahren in Wolfsburg darüber nachdenken, etwas Neues zu machen", sagt Kellermann. "Ich bin zu hundert Prozent davon überzeugt, dass wir die richtigen Spielerinnen dazubekommen, dass wir die Mentalität des VfL Wolfsburg auf den Platz bringen und dass wir uns positiv entwickeln werden."

Abschied der Führungsspielerinnen Hendrich und Hegering

Bedarf besteht in der Innenverteidigung. Mit Katrin Hendrich und Marina Hegering verlassen zwei langjährige Spielerinnen den Verein. Dank ihrer Fähigkeiten und ihrer Erfahrung stabilisierten sie die Abwehr - wenn auch beide in der vergangenen Saison wegen Verletzungen recht viele Spiele verpassten. Zudem hinterlassen sie menschlich eine große Lücke - wegen ihrer Führungsstärke und Vorbildfunktion.

Als Hendrich ihre Abschiedsrunde durchs Stadion drehte, kullerten bei den Fans die Tränen. Kaum eine nimmt sich so viel Zeit und strahlt so viel Wärme aus wie die 32-Jährige, die auch vom Wolfsburger Staff sehr vermisst werden wird. Nach fünf Jahren in Niedersachsen wird auch sie ins Ausland wechseln, freut sich bei aller Wehmut auf eine neue Herausforderung.

Wichtige Stützen bleiben erhalten

Dennoch bleiben dem Team wichtige Stützen erhalten. Die Kapitäninnen Alexandra Popp und Svenja Huth spielen beide mindestens eine weitere Saison für den VfL. Weiterhin kann Lerch auf die Nationalspielerinnen Janina Minge und Sarai Linder (beide Deutschland) sowie Caitlin Dijkstra (Niederlande) und die hoffnungsvoll aufspielende Norwegerin Justine Kielland setzen. Neuzugang Cora Zicai vom SC Freiburg gilt als großes Talent im Angriff.

Und wenn auch kein Titel an den VfL ging, so gab es für eine seiner Spielerinnen eine persönliche Auszeichnung: Stürmerin Lineth Beerensteyn wurde mit 16 Treffern gleichauf mit der Hoffenheimerin Selina Cerci beste Torschützin der Liga. Anstatt mit Blumen vor dem Spiel winkte die Niederländerin danach mit der Trophäe - der Kanone des Fachmagazins "kicker" - ins Publikum. Beerensteyns Vertrag in Wolfsburg läuft noch bis 2026.

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 11.05.2025 | 22:50 Uhr