HSV-Spieler um Jean-Luc Dompé (M.) bejubeln einen Treffer.

NDR-Sport Kommentar zum Bundesliga-Aufstieg: HSV hat seine Lektion gelernt

Stand: 10.05.2025 22:28 Uhr

Der HSV hat den Aufstieg am vorletzten Spieltag mit einem Sieg gegen Ulm perfekt gemacht - und kehrt verändert in die Fußball-Bundesliga zurück, meint NDR Sportchef Gerd Gottlob in seinem Kommentar.

Sieben Jahre zwischen Spott und Mitleid - damit ist es jetzt zumindest erst einmal vorbei. Der HSV ist zurück in der Bundesliga. Und das verdient, weil er in der Rückrunde stabiler war als die Konkurrenz.

Mitunter hat er richtig guten Fußball gespielt, manchmal doch wieder zu lässig, nicht immer mit dem 100-prozentigen Willen, selten zu arrogant. Seit dem 18. Spieltag und dem 1:0 gegen Köln auf einem der beiden direkten Aufstiegsplätze. Das war stark.

Ja, der HSV ist in der Ersten Liga richtig aufgehoben, aber er hatte es sechsmal auch nicht verdient. Viermal Vierter und zweimal Dritter ist Ausdruck nicht ausreichender Qualität, während Paderborn, Bielefeld, Bochum, Fürth, Heidenheim, Darmstadt, St. Pauli und Holstein Kiel vorbeizogen, weil sie den Aufstieg mehr wollten und dies in jedem Spiel zeigten.

Und hier hat der Hamburger SV seine Lektionen gelernt und ist nach missglücktem direkten Wiederaufstieg durch ein sehr tiefes Tal gegangen. Begleitet von Spott und Häme - so lange, bis selbst das langweilig wurde. Jetzt kehrt der HSV verändert zurück.

Polzin kein Schnacker - und erfolgreich

Zwei mutige und nicht risikofreie Entscheidungen der Vorstände Stefan Kuntz und Eric Huwer sorgten für den nötigen Schub. Den engagierten, sympathischen, aber aufgrund seiner Hemdsärmeligkeit und mangelnder sportlicher Klarheit nicht passenden Steffen Baumgart rauszusetzen und dann nicht auf eine erwartbare Nachfolgelösung zu bauen, sondern auf denjenigen im Trainerteam, der die Mannschaft am besten kennt: Merlin Polzin, Hamburger Jung, ein Kind des Volksparks, der sich auf seiner Trainerreise entwickeln konnte, mit Daniel Thioune kam, unter Walter und Baumgart den rauen Zweitliga-Wind spürte.

Keiner von uns ist in der Kabine dabei. Aber es ist zu erkennen, dass der 34-Jährige das Team gut managen kann, vor allem fachlich anerkannt ist, sicher auch schon Fehler gemacht hat. Freundlich, anständig, kein Spinner, kein Schnacker, aber selbstbewusst genug, seinen Weg zu gehen. Das ist eine gute Kombination. Jetzt hat er die Chance, seine Bundesliga-Tauglichkeit zu beweisen. Ich traue sie ihm zu.

Die zusätzlichen Millionen effektiv einsetzen

Auch wenn der HSV natürlich schon früher hätte aufsteigen wollen -  die Fehlversuche gaben dem Verein, insbesondere der Fußball AG, die Zeit, sich finanziell zu konsolidieren. Es blieb sogar verhältnismäßig ruhig, selbst Klaus-Michael Kühne hielt sich zurück und die beiden Saarländer Kuntz und Huwer haben durch gutes Management ihren Teil zum Aufstieg beigetragen.

Dies ist jetzt - im Erfolg - noch mehr gefordert. Die zusätzlichen Millionen aus TV-Verträgen, Sponsoring und Tickets sinnvoll, clever, effektiv einzusetzen, muss die Grundlage für eine gute Bundesliga-Perspektive werden.

Fans sind die Helden des Volksparks

Die Hauptaufgabe: eine schlaue Defensive arrangieren, auch das Mittelfeld verstärken. Vorne vielleicht noch eine Ergänzung. Schlauredner und Trittbrettfahrer ignorieren, Kühne weiter bändigen, nicht die Hosenträger spannen, keine Hamburger Arroganz, sondern mit Haltung aufrecht und lustvoll in die Bundesliga gehen, rennen und kämpfen bis zum Schlusspfiff.

Und immer wissen, für wen sie das tun: für eine unglaubliche Anhängerschaft. Die ist sieben Jahre treu geblieben, mitgegangen, hat gejubelt, gehofft, geflucht, manchmal die Nerven verloren, den Spott ausgehalten. Und ist wieder ins Stadion gegangen. Diese Fans sind für mich die Helden des Volksparks!

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Sport aktuell | 11.05.2025 | 07:17 Uhr