Fußball | Jugend Vereine am Limit - Fußballknirpse rennen ihnen Bude ein
Seit dem Ende der Corona-Pandemie stürmen in vielen Regionen Mitteldeutschlands Kinder und Jugendliche in die Fußballvereine. Eine begrüßenswerte Entwicklung, aber die Kehrseite sind übervolle Trainingsgruppen, zu wenig Trainer und sogar Aufnahmestopps. Vor allem in den Ballungszentren. Zehn- und Elfjährige können derzeit zum Beispiel in Leipzig gar keinem Verein mehr beitreten.
Eigentlich sind die vier Fußball-Nachwuchsleiter aus dem Leipziger Westen Konkurrenten. Und dennoch arbeiten sie eng zusammen, denn sie haben dasselbe Problem: In allen Altersklassen steigt die Zahl der Neuanmeldungen steil nach oben. Allein in Leipzig gab es im vergangenen Jahr 1.000 mehr Neuanmeldungen als im Jahr zuvor.
"Drei bis fünf Anfragen pro Woche"
Einer aus dem Quartett, der Nachwuchsleiter des SV Lindenau, Harry Schramm, sagte SPORT IM OSTEN: "Es kommen in der Woche drei bis fünf E-Mails oder Telefonanrufe rein: 'Ich möchte mein Kind zum Probetraining anmelden'." Dann würde er den jeweiligen Jahrgang abfragen, und "wenn wir dort komplett voll sind und die Familie hier im Leipziger Westen wohnt, dann fragen wir bei anderen Vereinen hier an, ob sie noch jemanden in der Altersklasse aufnehmen könnten", berichtet Schramm über die Zusammenarbeit.
500 Millionen Euro Sanierungsrückstau
Wie bei seinem SV Lindenau 1848 reichen vielerorts in Mitteldeutschland die Trainingskapazitäten, im Sommer auf Rasen und Winter in der Halle, nicht aus. Oft sind die Sportplätze auch marode, so dass sie nur bedingt nutzbar sind. Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbands, Hermann Winkler, appelliert an die neuen Regierungen von Sachsen, Thüringen und Brandenburg: "Tut etwas für die Sportförderung und stellt dort Gelder ein, denn die Vereine brauchen für ihre Kinder und Jugendlichen Sportstätten." In Sachsen gibt es laut Winkler sportartenübergreifend einen Sanierungsrückstau von 500 Millionen Euro.
Es gibt häufig zu wenig Sportplätze und Sporthallen für die mitteldeutsche Vereine. Die Trainigskapazitäten reichen oft nicht aus.
"Olympische Spiele 2040 ohne deutsche Talente?"
Winkler, der beim Deutschen Fußballbund als Vizepräsident für den Jugendfußball zuständig ist, kritisiert auch die Bemühungen um die Olympischen Spiele 2040: "Es ist wirklich die Frage, ob ich vollmundig in solche Dinge reingehen soll: 'Olympische 2040 in Deutschland' und gleichzeitig die Sportförderung für Vereinsbaumaßnahmen kürze?" Das könnte dazu führen, dass wir "vielleicht die Olympischen Spiele 2040 haben, aber keine Kinder und Jugendliche als Talente, die dort starten".
Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbands und DFB-Vizepräsident, Hermann Winkler, appelliert an die Politik, Geld für den Sportstättenbau bereitzustellen.
Trainer im Ehrenamt fehlen
Ein weiteres Problem im Jugendfußball sind fehlende Trainer: "Von außerhalb kommt keiner und sagt, 'ich möchte jetzt Trainer bei Euch werden', ohne dass er Geld verdienen möchte. Das muss man alles im Ehrenamt machen. Dann muss man es richtig machen. Zweimal Training in der Woche, am Wochenende ein Spiel", sagt Nachwuchsleiter Schramm.
Trainer werden im Kinder -und Jugendfußball gesucht.
Ohne Eltern würde es "nicht funktionieren"
Bei zu wenig Übungsleitern kommt es immer mehr auch auf engagierte Eltern an. In den ganz jungen Altersklassen geht das unkompliziert noch ohne Trainerlehrgang und Trainerschein. Darüber sind die Vereine froh. Heike Peschke vom Leipziger Fußballverband berichtet: "Wir aktivieren die Eltern. Beim neuen Modell des Kinderfußballs müssen wir die Eltern heranziehen, weil wir mit zwei Trainern sonst die Spieltage mit vier Teams gar nicht mehr gewährleisten können." Da müssten zwei Eltern mit ran, sonst würde es "nicht funktionieren".
Das große Ziel der Vereine: Alle, die wollen, sollen auch Fußball spielen können. Dazu werden die vier Nachwuchschefs aus dem Leipziger Westen in Zukunft weiter kooperieren.
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SpiO