Frust bei Eintracht Frankfurt

Mannschaft bricht erneut zusammen "Keine Killer-Mannschaft" – Eintracht Frankfurt gibt Rätsel auf

Stand: 16.02.2024 07:30 Uhr

Nach 30 starken Minuten gegen Union Saint-Gilloise lädt Eintracht Frankfurt den Gegner wieder einmal zu einem Tor ein und fällt dann auseinander. Trainer Dino Toppmöller ist genervt, der Mannschaft fehlt es an Führung.

Von Mark Weidenfeller aus Brüssel

Irgendwann wusste am Donnerstagabend dann auch Dino Toppmöller nicht mehr weiter. Auf die Frage, warum Eintracht Frankfurt den gegnerischen Teams in dieser Saison immer wieder durch einfach Fehler Tore schenke und dann zusammenbreche, antwortete der Frankfurter Trainer mit einem Schulterzucken. "Keine Ahnung. Wenn ich das wüsste, hätten wir das schon abgestellt." Sportvorstand Markus Krösche hatte die gleiche Thematik zuvor ebenfalls weitgehend ratlos kommentiert: "Wenn wir für alles eine Erklärung hätten, wäre vieles im Fußball einfacher." Gute Frage, nächste Frage. Die Eintracht gibt Rätsel auf.

Erst Vollgas, dann Vollbremsung

Die Hessen hatten zuvor beim 2:2 (2:1) im Playoff-Hinspiel der Conference League gegen Royale Union Saint-Gilloise wieder einmal zwei komplett unterschiedliche Gesichter gezeigt. Nach der starken zweiten Halbzeit gegen Bochum am Samstag erwischte das Team von Trainer Toppmöller dieses Mal eine gute Anfangsphase und lag nach zwei blitzsauber herausgespielten Treffern hochverdient in Front. Zunächst hatte der bestens aufgelegte Farès Chaibi (3.) getroffen, dann vollendete Sasa Kalajdzic (10.) den besten Konter der gesamten Spielzeit zur zwischenzeitlichen Zwei-Tore-Führung. Die Eintracht wirbelte, in der Luft lag ein Hauch von Heavy Metal.

Statt dann jedoch richtig aufzudrehen und die Überlegenheit für einen dritten oder sogar vierten Treffer zu nutzen, zog sich die Eintracht nach rund einer halben Stunde selbst den Stecker. Der sonst so stabile Ellyes Skhiri vertändelte im eigenen Strafraum völlig ohne Not den Ball und zog so die taumelnden Gastgeber mit beiden Händen zurück in die Partie. Mathias Rasmussen nahm Skhiris Gastgeschenk dankend an und verkürzte auf 1:2 (31.). Die zuvor komplett einseitige Partie war plötzlich wieder offen. "Das ist sehr ärgerlich, das darf nicht passieren", so Toppmöller.

Eintracht verliert den Faden

Das weitaus Ärgerlichere passierte jedoch erst im Anschluss. Denn wie schon beim 2:2 in Darmstadt Mitte Januar führte der Anschlusstreffer dazu, dass die Eintracht in sich zusammenbrach und fortan fast gar nichts mehr funktionierte. Man kann vermutlich darüber streiten, ob der von Krösche geforderte Heavy Metal einen Takt hat, genau diesen verlor die Eintracht durch einen einzigen Rückschlag in ihrem Spiel aber komplett. Eben noch auf dem Weg zu einem ungefährdeten Auswärtssieg, kurz später den Angriffen der Gastgeber fast schon hilflos ausgeliefert. Der Ausgleich durch den Ex-Wehener Gustaf Nilsson (68.) fiel absolut folgerichtig.

"Wir sind eine junge Mannschaft und in der Entwicklung, wir müssen bei solchen Rückschlägen aber stabiler sein. Wir müssen erwachsener werden", fasste Toppmöller das Frankfurter Dilemma zusammen. "Es nervt!"

So talentiert und ambitioniert diese Mannschaft sein mag, zu einem Spitzenteam fehlt nach wie vor aber eine ganze Menge. Die Eintracht, die im Stadion auf die Unterstützung von knapp 130 präventiv festgenommenen Fans der aktiven Szene verzichten musste, ließ sich viel zu leicht aus der Bahn werfen. "Es können immer Fehler passieren. Aber wir müssen trotzdem die Überzeugung beibehalten und das Spiel durchdrücken", so Krösche.

Markus Krösche: "Das war unnötig"

Es fehlt der Killerinstinkt

Eine Erklärung für diesen fußballerischen Blackout konnte in den Katakomben des Anderlechter Lotto-Parks am Donnerstagabend niemand liefern. Bei der Eintracht scheint aktuell aber der Kopf, der von Ex-Trainer Christoph Daum einst nicht zu Unrecht als drittes Bein bezeichnet wurde, nicht immer mitzuspielen. Zu viel Druck und zu hohe Ansprüche führen zu oft zu einer Blockade. "Wir schaffen es momentan nicht, eine Killer-Mannschaft zu sein", fasste Kapitän Sebastian Rode zusammen. "Wir dürfen uns da nicht verrückt machen. Wir sind gestandene Bundesliga-Profis, so ein Rückschlag sollte uns nichts ausmachen."

Dass derzeit jedoch das genaue Gegenteil der Fall ist, liegt auch an der Struktur des Teams. Junge Spieler wie Chaibi, Niels Nkounkou oder Willian Pacho können genau wie Neuzugang Kalajdzic aktuell noch keine Säulen sein. Dass es Führungsspieler wie Kevin Trapp, Robin Koch, Skhiri oder Mario Götze in den entscheidenden Situationen allerdings auch nicht sind, ist ein Problem. "Ohne die Jungs kritisieren zu wollen: Wir brauchen da Kommunikation und Leadership", stellte Toppmöller klar. "Wir haben Spieler, die die Erfahrung haben, um die jungen Spieler anzuleiten. Heute wäre eine ordnende Hand wichtig gewesen." Klare Botschaft: Von den Haudegen muss mehr kommen.

Rode: Keine Killer-Mannschaft

Alles halb so wild?

Die Eintracht hat nach der nächsten Enttäuschung weiterhin also viel Verbesserungsbedarf. Zur ganzen Wahrheit des Abends gehört aber auch dazu, dass zumindest in Europa weiterhin alles im Lot ist, die Eintracht hat im Rückspiel am kommenden Donnerstag (21 Uhr) alle Chancen. Die Mannschaft von Union Saint-Gilloise stellte im Hinspiel ihre Qualitäten vor allem im zweiten Durchgang zwar eindrucksvoll unter Beweis, ohne das Frankfurter Gastgeschenk hätten die Belgier diese Partie und das Achtelfinale aber vorzeitig abhaken müssen.

Das Zusammenspiel zwischen Omar Marmoush, Kalajdzic und Chaibi war durchaus ansehnlich und machte Lust auf mehr. Auch Nkounkou zeigte einmal mehr, dass er in der Offensive den Unterschied ausmachen kann. "Es gab einige positive Dinge und wir haben eine vielversprechende Ausgangsposition", unterstrich deshalb auch Toppmöller. "Wir müssen aus diesem Spiel lernen." Genau das hat man in dieser Spielzeit allerdings schon öfter gehört.