Sara Doorsoun beim Medientag des DFB

Eintracht-Verteidigerin vor der WM Eintracht-Profi Sara Doorsoun: die Frau für die schweren Fragen

Stand: 04.07.2023 21:12 Uhr

Sara Doorsoun geht vorneweg. Bei den Eintracht Frankfurt Frauen und im DFB-Team. Die Innenverteidigerin ist eine echte Type. Davon könnten sie im Fußball mehr gebrauchen, findet ihr Vereinstrainer Niko Arnautis.

Sara Doorsoun bringt wenig aus der Ruhe. "Sie sind Vollprofi in Wolfsburg, kann man das sagen?", fragte ein Boulevard-Reporter die Fußball-Nationalspielerin jüngst beim Medientag in Herzogenaurach. "Ich spiele in Frankfurt", antwortete Doorsoun fein lächelnd. "Ich habe dreieinhalb Jahre in Wolfsburg gespielt." Dass sie Dinge richtigstellen und erklären muss, ist ihr nicht fremd.

Vor der WM in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) nimmt das Medieninteresse zu. Doorsoun wird um schmissige Antworten gebeten, zu Migration wie Menstruation. Weil sie für die moderne, weltoffene Gesellschaft stehe, findet Eintracht-Trainer Niko Arnautis. Vielleicht noch mehr als andere im Team.

Nur Fußball spielen ist zu langweilig

"Sie hat diese gewisse Ruhe, die man braucht, kann dirigieren", meint der Eintracht-Coach. Und sie kann diskutieren, was Arnautis an der 45-maligen Nationalspielerin ebenso gefällt: "Da weiß man, woran man ist. Ich finde das viel besser, als wenn immer nur ,Ja' und ,Amen' gesagt wird." Weiterbildung sei ihr wichtig, sagt Doorsoun. Nur Fußball spielen - das ist ihr zu langweilig. 

Trainer Arnautis wünscht sich im deutschen Fußball mehr Doorsouns. "Wir müssen Persönlichkeiten entwickeln, die nicht gleich wegrennen, wenn es mal Widerstände gibt", sagt er. Wie in der abgelaufenen Runde: Da drückten die seit Januar 2022 am Main spielende Innenverteidigerin private Sorgen, dazu ein Eigentor zum 0:5 bei Ex-Club Wolfsburg. "Da waren nach dem Spiel auch ein paar Tränen in den Augen", erinnert sich Arnautis. Die Woche drauf schoss Doorsoun ein Traumtor aus 18 Metern und sprintete jubelnd in Arnautis' Arme. "Da sind diese Emotionen von ihr abgefallen, das war schon ein besonderer Moment und eine Befreiung für sie."

Die Alterspräsidentin und die Menstruation

In Frankfurt könne sich Doorsoun öffnen, meint der Coach. Auch darum verlängerte sie im April ihren Vertrag beim Tabellendritten bis 2025. Doorsoun sei ein Vorbild für Team und Fans, "sie hat auch ein bisschen was erreicht." Fünf Titel mit Wolfsburg (zweimal Deutscher Meister, dreimal DFB-Pokal), Vize-Europameisterin. Und bei der Eintracht mit 31 Jahren das Amt der Alterspräsidentin. "Ich bin sehr dankbar, solche Persönlichkeiten und Charaktere im Team zu haben", sagt Arnautis.

Gesicht zeigt die rhetorisch versierte Doorsoun auch auf dem für Sportlerinnen und Sportler häufig so heiklen gesellschaftspolitischen Feld. Im Juni hatte der DFB die Partnerschaft mit einer Tampon-Marke verkündet. Die Fußballerinnen sollten dabei "eine zentrale Rolle bei der Förderung offener Gespräche über die Menstruation und den Abbau von Vorurteilen und Tabus einnehmen". Am Medientag war dann genau eine Spielerin explizit darauf angesetzt: Sara Doorsoun. Als Jungprofi sei ihr das Thema noch total unangenehm gewesen, sagte sie. Das habe sich geändert, "weil es vollkommen natürlich und normal ist", dass Frauen die Periode bekommen.

Allein die Leistung zählt

Normal ist auch, dass in Deutschland Menschen leben, deren Eltern oder Großeltern woanders zur Welt kamen. 23,8 Millionen sind es laut Statistischem Bundesamt. Trotzdem hört die gebürtige Kölnerin, die einen iranischen Vater und eine türkische Mutter hat, auch solche Sätze wie "Großartig, dass es ein Migrantenkind in der Nationalmannschaft so weit bringt". Eine Zuschreibung, die sie klar ablehnt. "Ich bin ja Deutsche." Leistung habe sie in die DFB-Elf gebracht, nicht der familiäre Hintergrund.

"Dinge zu pauschalisieren, finde ich immer schwierig", sagt Doorsoun. In den sozialen Netzwerken sei es für manche Gruppen sehr einfach, anonym Kommentare loszulassen, "die nicht mehr unserem gesellschaftlichen Leben entsprechen".

Auch krank noch eine Bank

"Von der Erfahrung und der Ausstrahlung her hat sie etwas, das dem deutschen Fußball und der Gesellschaft in Deutschland sehr, sehr gut steht", sagt ihr Trainer Arnautis. Wer bei ihm um eine letzte Anekdote bittet, erhält prompt eine. Einmal sei Doorsoun vor einem Bundesliga-Spiel krank gewesen, "aber wir hatten schon acht, neun Ausfälle. Ich musste umbauen und habe ihr gesagt: 'Sara, ich brauche dich links hinten - kriegst du das hin?'"

Die Antwort gab’s auf dem Platz, und nicht die schlechteste, berichtet der Trainer: "Sie hat 90 Minuten als linke Verteidigerin mit das beste Spiel für Eintracht Frankfurt gemacht - daran erinnere ich sie heute noch."