
Der emotionale Abschied von Darmstadts Tobias Kempe Abschied von Tobias Kempe bei Darmstadt 98: Riss im Innenband, Tränen in den Augen
Zunächst ganz großes Drama, dann ganz große Gefühle: Erst am Morgen vor seinem Abschied war der Einsatz von Tobias Kempe klar. Bei seinem letzten Spiel wird er von seinen Kollegen und Fans ausgiebig gefeiert. Und selbst der Gegner zollt der Identifikationsfigur Respekt.
Die Tränen waren bei Tobias Kempe schon im Vorfeld geflossen. Denn im Training zwei Tage vor seinem großen Abschiedsspiel gegen Regensburg hatte er sich das Knie verdreht. Totale Stille in der Kabine. Die ganz große Bühne hätte eigentlich schon abgebaut werden müssen. "Beim Unfall am Freitag ist die Welt zusammengebrochen, besonders als die Diagnose 'Innenbandriss' kam. Das war brutal. Ich weiß nicht, warum das so sein sollte", sagte Kempe am Sonntag noch einmal sichtlich bewegt am ARD-Mikro.
Innenbandriss und trotzdem als Kapitän in der zweiten Liga auf dem Rasen? Das ging wirklich nur zu so einem Anlass. Am Sonntag um acht Uhr morgens hatten die Lilien zum ersten Mal getestet, ob es irgendwie gehen würde. Es ging! Kempe dankte hinterher dem Physio der Lilien und meinte: "Es war eigentlich nicht möglich, aber es gab viele Spritzen, viele Tabletten, die dann doch geholfen haben - dazu noch mein Wille."
Kohfeldt: Er hat diesen Verein geprägt
Der Wille hatte ihn schon immer ausgezeichnet ("Ich habe Blut, Schweiß und Tränen in zehn Jahren vergossen") - auch dafür wurde er eigentlich den gesamten Nachmittag lang am Böllenfalltor hochleben gelassen. Bereits vor der Partie hatte Kempe in der offiziellen Verabschiedung Sprechchöre, Blumensträuße und Collagen geschenkt bekommen, dazu noch ein rührendes Abschiedsvideo von ehemaligen wie aktuellen Mitspielern. Er bedankte sich ausdrücklich beim Verein und den Fans für die Organisation des Abschieds: "Ich muss das auch erst einmal sammeln, das saugst du natürlich auf, aber ich muss das Revue passieren lassen."
Auch der Gast aus Regensburg zeigte sich respektvoll, als in der 62. Minute die Auswechslung des Kapitäns mit großem Bahnhof vonstatten ging. Kempe wurde nicht nur von den Mitspielern, sondern auch von den Gegnern geherzt und verließ durch ein Spalier zum letzten Mal als Akteur den Rasen in Darmstadt. Trainer Florian Kohfeldt hatte bereits vor 15 Jahren mit Kempe in der zweiten Mannschaft von Bremen zusammengespielt und ihn in diesem Moment bei der Umarmung lange an sich gedrückt.
"Es war wunderschön und sehr angemessen", so der Coach in der ARD. "Ich habe es auch in der Ansprache zur Mannschaft gesagt: 'Es gibt vielleicht Spieler, die mehr Meisterschaften gewonnen oder Tore geschossen haben, aber es gibt nicht so viele Spieler, die einen Verein geprägt haben. Tobi war so einer!'"
Kempe: "Ich werde für immer in dieser Stadt bleiben!
Als besonderen Abbinder des Tages kletterte Kempe nach dem Sieg aufs Podest vor der Fankurve. Dort erhielt er nicht nur weitere Lobhudeleien, sondern auch die Choreo zu seinen Ehren direkt als Bild gerahmt. "Ihr seid die besten Fans der Welt. Kein Wort reicht dafür, was ich gerade fühle", sagte der Mittelfeldspieler über das Mikro. Über seine nähere Zukunft wollte er an diesem Tag noch nicht zu viel verraten. Immerhin stehe jetzt erst einmal die Reha für das Knie an, scherzte Kempe.
Doch zu den Fans meinte er zumindest: "Ich werde für immer in dieser Stadt bleiben." Dann entzündete "Mr. Darmstadt" eine Leuchtfackel und stimmte in den passenden Gesang mit ein: "Einmal Lilie, immer Lilie, hey!"