
Champions-League-Einzug Die Statement-Saison von Eintracht-Trainer Dino Toppmöller
Die Champions-League-Einzug von Eintracht Frankfurt trägt die Handschrift von Dino Toppmöller. Der Trainer wird nach dem "historischen Erfolg" mit Lob überschüttet - und reagiert, wie er meist reagiert: wohltuend zurückhaltend.
Trainer Dino Toppmöller darf sich schon für einige Erfolge verantwortlich zeichnen. Fünf nationale Meisterschaften hat er bereits eingesammelt, dazu vier Pokaltriumphe. Nicht so schlecht für einen 44-Jährigen und also einen der jüngeren Vertreter seines Berufsfeldes. Und doch längst nicht der Höhepunkt. Sicher, die Titel als Julian-Nagelsmann-Assistent beim FC Bayern und als Chefcoach im luxemburgischen Düdelingen wird auch Toppmöller nicht missen wollen, vergleichbar aber sind sie nicht mit dem, was ihm am Samstag gelang: Platz drei in der Fußball-Bundesliga mit Eintracht Frankfurt, die Qualifikation für die Champions League, Toppmöllers größter Karriere-Erfolg.
"Unbeschreiblich" sei das Gefühl, sagte er in Freiburg, bald eineinhalb Stunden nach dem 3:1-Sieg und vor allem nach etlichen Umarmungen. Alle waren sie auf den Rasen geeilt, Fans, die Spieler sowieso, auch Präsident, Vorstandsboss, Sportchef, alle wollten sie ihm danken, ihn hochleben lassen.
Und Toppmöller? Sprach nicht von sich, lenkte den Fokus auf andere, auf seine Jungs, die "enorme Widerstandskraft" bewiesen hätten, nicht nur beim Endspiel im Breisgau, sondern die ganze Saison über. "Wir hatten so viele Zweifler, die immer wieder um die Ecke kamen – haben aber immer die richtige Antwort gezeigt." Er, der Chef der Kompanie, könne deshalb nicht genügend Hüte ziehen. "Was die Jungs geleistet haben, da fehlen mir die Worte."
Auf Toppmöller prasselt viel Lob ein
Worte dennoch, die einen perfekten Eindruck vermitteln, wie Toppmöller tickt. Vernarrt in Fußball ist er, in Taktiken, ausgestattet zudem mit gutem Gespür für Dynamiken innerhalb einer Fußballmannschaft, dazu uneitel, unprätentiös, vor allem authentisch. Toppmöller klopft keine Sprüche, haut kaum markante Sätze heraus, die Frankfurter Mannschaft aber schart er doch um sich. Er versucht alle Profis mitzunehmen, verteilt zweite und dritte Chancen, um doch in wichtigen Momenten hart zu bleiben. Das hat er gelernt - von Nagelsmann, von Vater Klaus, auch aus der Ferne von seinem Trainervorbild José Mourinho, insbesondere aber einfach mit der Zeit.
"Der Fußball gibt dir alles zurück, was du investiert", sagte Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche am Samstag in Freiburg und meinte den akribischen Arbeiter Toppmöller. "Sechster, Dritter - es gibt schlechtere Starts als Cheftrainer in der Bundesliga." Vorstandssprecher Axel Hellmann hob hervor, dass Toppmöller den Weg der Eintracht bedingungslos mitgehe, selbst dann, "wenn wir im Winter Omar Marmoush verkaufen". Der Coach habe nie geklagt, nie gezweifelt, selbst nach zwei verpassten Matchbällen gegen Mainz und St. Pauli nicht. Hellmann herzte Toppmöller noch auf dem Rasen in Freiburg eine gefühlte Ewigkeit.
Aus Fehlern gelernt
Die Eintracht holte Toppmöller vor nunmehr zwei Jahren als recht unbekannten Coach in den Club. Einfach lief es für den Familienvater, der unweit seines Arbeitsplatzes wohnt, seitdem nie. Die besten Spieler wurden ihm mehrfach weggekauft, stattdessen wurde eine junge Mannschaft aufgebaut, die Geduld benötigt, bei der schwache Phasen und kritische Stimmen eingepreist werden müssen. "Dann braucht man ein Top-Trainerteam, das die Spieler veredelt und ihnen Vertrauen schenkt und nicht beim ersten Fehler die Rübe runtermacht", sagte Boss Hellmann über das Aufgabenprofil des Trainers.
Toppmöller ist sicher nicht fehlerfrei, gerade dann nicht, wenn seine anfänglichen Matchpläne mal nicht aufgehen. Diese anzupassen in einem Spielverlauf, ob durch Taktikveränderungen oder Personalwechsel, zählt noch nicht zu den Stärken des 44-Jährigen, da lag er ab und an daneben. Allerdings: Welcher Coach liegt nicht mal daneben? Aus Fehlern lernen. Eine Floskel, die Toppmöller oft bedient, die gleichzeitig aber zutreffend ist.
"Bin stolz, Teil des Vereins zu sein"
Denn er ist gewachsen an seinen Aufgaben, ganz eindeutig, hat sich weiterentwickelt. Zwei Jahre in solch einem Club prägen einen. Der ständige Druck, die immer wieder aufkeimende Kritik, gleichzeitig aber auch die positive Energie, die dieser Verein zurückgibt. Toppmöller sieht die Aufgabe bei der Eintracht nicht umsonst als Herzenssache. Sein Engagement, das unlängst bis 2028 inklusive einer deutlichen Gehaltserhöhung ausgeweitet wurde, ist für ihn mehr als nur ein Job. "Ich bin stolz, Teil dieses großen und wunderbaren Vereins zu sein", sagte er. Man nimmt es ihm ab.
Der Trainer ist im Vergleich zum Frankfurter Premierenjahr nun kein anderer Typ geworden, sehr wohl aber hat er sich verändert. Im Umgang mit den Medien agierte er lässiger als zuvor, lockerer, an manchen Stellen auch bewusst bissiger. Letztlich aber ist doch noch deutlich wichtiger: Taktiktüftler Toppmöller hat seine Spielpläne entschlackt. Er überforderte sein junges Team nicht mehr so oft wie im ersten Eintracht-Jahr, sondern stattete es mit den Basics und noch ein bisschen mehr aus. Es ging deutlich offensiver zur Sache, schneller, vertikaler, gerade im Umschaltspiel. Und Toppmöller vertraute den Spielern.
Zwischen Lob und Tadel
Gerade die vielen Talente im Kader zahlten dies zurück. Ob nun Hugo Larsson oder Hugo Ekitiké, Nathaniel Brown und Nnamdi Collins, auch Jean-Matteo Bahoya, Oscar Hojlund oder Ansgar Knauff - alle machten sie ein, zwei oder zehn Schritte nach vorne, was ganz automatisch zu Omar Marmoush, Toppmöllers Masterarbeit, führt: Frankfurts bester Kicker der vergangenen beiden Jahre bangt derzeit im Gegensatz zu seinem Ex-Club tatsächlich noch um die Champions-League-Teilnahme. Fast ein bisschen tragisch, und doch eine Randnotiz.
Toppmöller und sein Trainerteam (Jan Fießer, Stefan Buck, Xaver Zembrod) jedenfalls haben es geschafft, auch heikle Personalfragen zu lösen. Das Torwartduell zwischen Kevin Trapp und Kaua Santos verlangte viel Fingerspitzengefühl, unzufriedene Profis wie Eric Dina Ebimbe, Fares Chaibi oder Can Uzun gleichzeitig eine harte Hand und einfühlsame Worte. Über Elye Wahi, noch so ein enttäuschender Spieler, sagte Toppmöller unlängst erst, nicht bei "Wünsch-dir-was" zu sein. Sprich: Erst die Arbeit, dann der Lohn. So tickt der Coach, das verlangt er von sich und den Spielern, ohne Ausnahme. Auch nicht bei einem 25-Millionen-Euro-Mann.
So stark wie noch nie
Toppmöller wird auch kommende Saison komplexe Aufgaben bei der Eintracht zu stemmen haben, so ist das in diesem immer vor sich hin brodelnden Traditionsclub nun mal. Ausgeschlossen sind zudem auch Sommerwechsel von Stammspielern trotz Königsklassen-Quali nicht.
Hugo Ekitiké etwa wird kaum zu halten sein bei einem passenden Angebot, auch Robin Koch (nach Leverkusen) und Hugo Larsson (nach England) liebäugeln mit Luftveränderungen. Alles in allem aber wird Dino Toppmöller sein drittes Eintracht-Jahr aus einer Position der Stärke heraus bestreiten können - seinem größten Karriere-Erfolg sei dank.