Jubeln sie bald woanders: Lucas Hernandez (links) und Benjamin Pavard (rechts).

BR24 Sport Pavard, Hernández und Co: Droht den Bayern der Abwehrausverkauf?

Stand: 02.06.2023 10:32 Uhr

Der Abgang von Lucas Hernández beim FC Bayern rückt immer näher. Eine Vertragsverlängerung mit Benjamin Pavard wird immer unwahrscheinlicher. Und auch andere wichtige Defensivspieler zweifeln. Wird nun der FC-Bayern-Kader zur Großbaustelle?

Von Victor List

Schlägt man aktuell die hiesigen Sportzeitungen auf, überschlagen sich die Berichte über mögliche Neuverpflichtungen des FC Bayern. Besonders für die Positionen Mittelfeld und Sturm scheinen die Planungen auf Hochtouren zu laufen. Gleich daneben geht es um die Verteidigung der Münchner. Da geht es aber nicht um hochkarätige Zugänge - sondern um mögliche schmerzvolle Abgänge.

Hernandez vor Abgang - Pavard verlängert wohl Vertrag nicht

Laut aktuellen Meldungen sitzen die beiden Franzosen Benjamin Pavard und Lucas Hernández bereits auf gepackten Koffern und wollen den deutschen Rekordmeister verlassen. Hernández soll seinen Mannschaftskollegen den Wunsch, zu Paris Saint-Germain zu wechseln, bereits mitgeteilt haben. Auch Pavard möchte wohl die Münchner verlassen. Er soll laut übereinstimmenden Medienberichten den Verantwortlichen bereits signalisiert haben, seinen bis 2024 laufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern. Der Weltmeister von 2018 sucht nach sieben Jahren Bundesliga (kam 2019 vom VfB Stuttgart) eine neue Herausforderung im Ausland.

Pavard hatte bereits im vergangenen Winter mit einem Wechsel geliebäugelt. Die Münchner hatten diesem Vorhaben mit dem Verweis auf den laufenden Vertrag einen Riegel vorgeschoben. Pavard wäre im nächsten Sommer ablösefrei zu haben. Wollen die Bayern verhindern, dass ihnen ihr Defensivspezialist ohne Entgelt abhanden kommt - wie schon David Alaba, der 2021 ohne Gebühr zu Real Madrid wechselte - müssten sie den Franzosen in diesem Sommer oder im kommenden Winter abgeben.

Cancelos Zukunft ungewiss

Bei Winter-Neuzugang Joao Cancelo, den die Münchner von Manchester City ausliehen, sprach zuletzt wenig für einen Verbleib an der Isar, doch nun könnte der Fall eine überraschende Wendung nehmen. Laut einem Bericht der spanischen Zeitung "SPORT" will Manchester City den Portugiesen nicht mehr zurückhaben und hat dementsprechend die Ablöseforderung nach unten korrigiert. Teil des Winter-Deals soll eine Kaufoption von 70 Millionen gewesen sein, laut dem Portal fordert der englische Meister nun nur noch 40 Millionen.

Bei einem derart gefragten Außenverteidiger wie Cancelo wäre das ein echtes Schnäppchen. Die Frage ist, ob der FC Bayern bereit ist, so viel für einen Außenverteidiger zu zahlen, der unter Trainer Nagelsmann nur selten Spitzenleistungen zeigte. Thomas Tuchel ist hingegen mehr als überzeugt vom 29-Jährigen: "Ich liebe ihn wirklich. Seine Lust auf Training ist einzigartig", lobte Tuchel seinen Schützling noch vor dem Spiel gegen Leipzig.

Davies-Verlängerung stockt

Cancelo vertrat in der finalen Saisonphase Alphonso Davies auf der linken Seite. Der Kanadier fiel die letzten Wochen mit einer Muskelverletzung aus. Die Bayern würden gerne mit ihrem schnellsten Mann verlängern, doch die Verhandlungen gestalten sich schwierig. Dazu trägt die Unruhe in der Führungsebene bei. Der geschasste Sportvorstand Hasan Salihamidzic führte nämlich die Verhandlungen mit der Davies-Seite. Die ist nach dem Personalbeben nun verunsichert: "Es ist eine chaotische Zeit aktuell beim FC Bayern. Ich bin mir nicht sicher, was los ist und mit wem wir es zu tun haben werden", sagte Davies' Berater Nedal Huoseh der "Bild".

Der Vertrag des 22-Jährigen läuft noch bis 2025, spätestens im nächsten Jahr dürften sich Europas Topklubs also in Stellung bringen. "Vielleicht ist es besser, wenn wir bis 2024 warten und abwarten, wie sich die Dinge mit dem Verein entwickeln, bevor wir zu einem neuen Vertrag übergehen“, so Huoseh.

Nur vier Stammverteidiger bleiben sicher

Aktuell können die Münchner in der Abwehr nur mit Rechtsverteidiger Noussair Mazraoui, der zum Saisonende sich einen Stammplatz auf der rechten Seite erobern konnte, Dayot Upamecano und mit Mathijs de Ligt sicher planen. Der Niederländer hat sich als Top-Verpflichtung herausgestellt und sich zum Abwehrchef gemausert. Ein Abgang von Davies in dieser Transferperiode wäre eine riesige Überraschung. Und auch Upamecano wird kommende Saison für den FC Bayern auflaufen.

Allerdings war der Franzose in der Vergangenheit für den ein oder anderen Patzer gut. Besonders im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League bei Manchester City fiel er negativ auf. Mit seinen 24 Jahren ist Upamecano allerdings noch sehr jung. Der FC Bayern erwartet, dass der Innenverteidiger noch einmal einen Sprung macht und an Sicherheit gewinnt. Sollte der Franzose allerdings erneut so unkonstant spielen wie in der abgelaufen Saison, so dürften sich die Münchner auch hier zeitnah nach einem Ersatz umschauen.

Droht dem FC Bayern ein Abwehrproblem?

Doch nach diesen vier Personalien wird die Personaldecke beim Rekordmeister schon dünn. Auf der Rechtsverteidigerposition stehen Josip Stanisic und Bouna Sarr im Kader. Sarr möchten die Münchner allerdings seit geraumer Zeit loswerden, finden jedoch keinen Abnehmer. Stanisic hat sich in der abgelaufenen Saison als guter Back-up bewiesen.

Die großen Schwachstellen sind jedoch auf der linken Seite und in der Zentrale zu verorten. Auf beiden Positionen brauchen die Münchner in jedem Fall noch eine Backup-Lösung für Davies bzw. de Ligt und Upamecano - sonst droht ein massives Abwehrproblem. Vor allen Dingen in der abgelaufen Saison konnten Verletzungen nur durch die polyvalenten Spieler Pavard, Hernández und Cancelo aufgefangen werden. Alle drei könnten kommende Saison nicht mehr im Kader sein.

Sollte Tuchel eine Viererkette in der neuen Saison spielen wollen, wären drei Innenverteidiger im Kader - sofern Pavard bleibt - für zwei Plätze im Zentrum dennoch zu knapp bemessen. Entscheidet er sich für eine Dreierkette müssten die Bayern definitiv nochmal nachlegen. Bei Chelsea perfektionierte der Welttrainer des Jahres 2021 seine Dreier- bzw. Fünferkette.

Dortmunder Guerreiro nach München?

Als Verstärkung auf Links käme der ehemalige Dortmunder Raphael Guerreiro in Frage. Der Portugiese hat jüngst seinen Abschied vom BVB bestätigt. Wie "Sky" berichtet soll es eine Kontaktaufnahme seitens der Bayern gegeben haben. Guerreiro kann sowohl über links als auch im Zentrum agieren und würde zudem nichts kosten. Der hochgehandelte Declan Rice, der als möglicher Neuzugang in Frage kommt, fühlt sich im Mittelfeldzentrum am wohlsten, kann aber auch in der Innenverteidigung agieren.

Über mögliche Verpflichtungen in der Innenverteidigung kursieren derzeit noch keine Namen. Aktuell konzentriert sich alles auf Sturm und Mittelfeld, was zweifelsohne Schwachstellen der Bayern in den vergangenen Monaten waren. Doch gerade die Defensive könnte sich in den kommenden Wochen personell zur Münchner Achillesferse entwickeln.

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Quelle: BR24Sport 01.06.2023 - 15:55 Uhr