Julian Green widmet den Sieg auch den Fans des Hallerscher FC

BR24 Sport Klare Reaktion auf rassistische Beleidigung gegen Green und Tel

Stand: 18.08.2023 13:32 Uhr

Nach dem Spiel FC Bayern gegen RB Leipzig und dem Pokalfight von Greuther Fürth beim Halleschen FC wurde klar und schnell auf rassistische Anfeindungen reagiert. "Wir müssen uns als Fußballgemeinschaft selbst kontrollieren", sagt Fanforscher Lange.

Von BR24Sport , Margot Lamparter, Susanne Schmiedleitner

Auf den Fußballtribünen und in den sozialen Netzwerken wird viel Frust abgelassen. Ziel der oft rassistischen und homophoben Anfeindungen sind Spieler, Schiedsrichter, Trainer und auch Mitarbeitende der Vereine. Am Wochenende traf es unter anderem Bayern-Youngster Mathys Tel im Super Cup gegen RB Leipzig und Julian Green beim Pokalsieg der Fürther beim Hallerschen FC.

Die SpVgg, allen voran Trainer Alexander Zorniger, und der FC Bayern äußerten sich umgehend auf die Beleidigungen ihrer Spieler. "Wer solche widerlich rassistischen Dinge schreibt, ist kein Fan des FC Bayern", schrieb der deutsche Fußball-Rekordmeister am Sonntagabend in einer Mitteilung.

Zorniger fordert: "Aufstehen und sagen: Das geht nicht!"

Fürth-Coach Zorniger entlud sein Unverständnis über Rufe von der Tribüne, in denen Julian Green mindestens von einem Zuschauer als "Affe" tituliert wurde, direkt in der Pressekonferenz nach dem Spiel. "Das Stadion ist zu 95 Prozent ausgelastet. Es waren genug Leute da, die hätten eingreifen können", sagte der 55-Jährige. Allerdings ließ sich nicht überprüfen, ob wirklich keine Anhänger eingeschritten sind. Zorniger forderte auch die Unterstützung der Fans gegen solche Anfeindungen ein.

"Aufstehen und sagen: Das geht nicht! Wir sind ein tolles Land und entsprechend müssen wir uns auch präsentieren. Das ist der Job von uns und nicht von der Regierung oder von Institutionen", appellierte der Kleeblatt-Coach an seine Mitmenschen.

Fanforscher Lange: "Moralappelle sind wichtig"

Die Haltung des Vereins sei ein Paradebeispiel dafür, wie mit rassistischen Äußerungen umgegangen werden sollte, sagt der Würzburger Fanforscher Prof. Harald Lange im BR-Interview. "Wir müssen uns als Fußballgemeinschaft selbst kontrollieren - dabei sind Moralappelle sehr wichtig."

Green reagierte nicht auf Provokation

Green selbst hatte sich auf dem Platz eine erkennbare Reaktion verkniffen: "Es war ein Zuschauer während des Spiels. Aber ich wollte uns dadurch nicht aus der Ruhe bringen lassen, weil ich unbedingt gewinnen wollte. Und das tut denen dann am meisten weh." Der 28-Jährige widmete den Sieg dann auch einigen Fans des FC.

Appell an die Fußballfans

Das Problem auf und rund um den Fußballplatz beschäftigt die Vereine und die Fußballvereinigungen schon seit Langem. In der vergangenen Saison hatten die DFL, die DFL-Stiftung und die 36 Profiklubs gemeinsam ein klares Statement gegen Rassismus und rassistische Diskriminierungen rund um den 26. Spieltag der Bundesliga und 2. Bundesliga gesetzt.

Der FC Bayern machte zudem mit der Aktion "Gemeinsam gegen Hass im Netz" auf die oft verborgenen Beleidigungen, Hasskommentare und Drohungen aufmerksam. Kurz zuvor war auch Kingsley Coman Ziel von rassistischen Beleidigungen geworden.

Verrohung der Sprache verändert Qualität der Beleidigungen

Der Sportsoziologe Gunter A. Pilz sprach im April in einem Interview mit der Funke Mediengruppe von einer Entwicklung, in der der Fußball ein "Spiegel der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung" sei. Er sieht auch einen Zusammenhang zwischen der "Verrohung der Sprache in Social Media" und der "Qualität der Beleidigungen im Stadion".

Klar ist auch, dass "Fans wissen, dass sie eine Wirkung durch ihr Verhalten erzielen können", sagte der Sportpsychologe René Paasch. "Wenn der Spieler damit nicht umgehen kann, hat das einen Einfluss auf die Leistung."

Null Toleranz, Stadionverbot und Strafe für den Verein

Lisa Schöppe, Pressesprecherin des Halleschen FC, entschuldigte sich im Namen des Vereins für das Fehlverhalten einzelner Zuschauer. Zudem hat der HFC Strafanzeige gestellt. Das teilte der Drittligist in einem offenen Brief mit. Darin entschuldigte sich der Verein erneut in aller Form für das Fehlverhalten eines Zuschauers. Es gehe überhaupt nicht, dass Menschen wegen ihrer Hautfarbe und Nationalität auf das Gröbste beleidigt werden. So etwas habe im Leuna-Chemie-Stadion und in der gesamten HFC-Familie keinen Platz. Der Verein missbillige Rassismus und Diskriminierung. Weiter heißt es in dem Schreiben, dass die Beleidigungen sowohl in Richtung der Fürther als auch der HFC-Kicker gegangen seien.

Auch der DFB reagierte: Der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat nach dem mutmaßlichen rassistischen Vorfall Ermittlungen eingeleitet. "Der DFB duldet auf seinen Plätzen grundsätzlich keinen Rassismus und keine Menschenfeindlichkeit! Da gibt es null Toleranz. Dementsprechend wird sich der Kontrollausschuss einschalten und die Vorgänge prüfen", sagte Anton Nachreiner, der Vorsitzende des Kontrollausschusses, in einer DFB-Mitteilung. Dem Verein droht nach der rassistischen Entgleisung eines oder mehrerer Fans jetzt eine empfindliche Geldstrafe.

Strafverfolgung schwierig, Bewusstsein für Problem schaffen

Und was droht den Verursachern? "Im Stadion kann man Menschen, die sich rassistisch äußern, die Dauerkarte entziehen oder ein Stadionverbot aussprechen", sagte Kommunikations- und Medienwissenschaftler Daniel Nölleke von der Deutschen Sporthochschule Köln. Die strafrechtliche Verfolgung von rassistischen Äußerungen gegen Fußballspieler im Internet hält er dagegen für kompliziert. "In der Online-Welt ist es schwierig, ähnliche Konsequenzen zu ziehen", so Nölleke im dpa-Interview.

Am erfolgversprechendsten hält er den Ansatz, ein stärkeres Bewusstsein für das Problem zu schaffen: "Man darf denjenigen, die Hassnachrichten verbreiten, nicht den Raum überlassen. Durch Solidaritätsbekundungen kann man den Spielern beispielsweise signalisieren, dass Rassismus keine Mehrheitsmeinung ist. Das kann das Problem nicht lösen, kann es aber abschwächen."

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Quelle: BR24 im BR Fernsehen 14.08.2023 - 18:30 Uhr