Daniel Peretz in der Münchner Arena

DFB-Pokal FCB-Torwart Daniel Peretz: Debütant mit ungewisser Zukunft

Stand: 27.09.2023 08:42 Uhr

Beim DFB-Pokal-Spiel gegen Preußen Münster wird Daniel Peretz sein Debüt im FC-Bayern-Tor geben. Wird er der Nachfolger von Manuel Neuer?

Von Raphael Weiss

Nun ist also Ende September. Das DFB-Pokal-Spiel gegen Preußen Münster (Preußen Münster gegen FC Bayern München am Dienstag, 26. September, um 20.45 Uhr live in der Radioreportage) galt einmal als idealer Zeitpunkt, um die Rückkehr von Manuel Neuer zu feiern. Doch seit Manuel Neuer im Mai mit Flugparaden an der Säbener Straße für spektakuläre Bilder und einen "euphorischen" Thomas Tuchel sorgte, wird die Akte der Rückschläge des FC-Bayern-Torwarts dicker und dicker.

Der neueste Eintrag: Eigentlich hätte Neuer laut Plan diese Woche wieder mit der Mannschaft trainieren sollen. Doch anstatt die Rückkehr von Neuer zu verkünden, musste sein Trainer den nächsten Rückschlag bekannt geben: "Die Verletzung ist eigentlich nicht wirklich eine Verletzung. Es sind mehr Beschwerden. So würde ich das mal nennen. Waden-Beschwerden", erklärte Thomas Tuchel. Im Dezember brach sich Neuer den Unterschenkel und hat seither immer wieder mit Schmerzen zu kämpfen. Nun sind es Wadenbeschwerden, "die sehr diffus sind, die mal kommen und mal gehen. Die einfach da sind und stören", sagte Tuchel.

Dreesen und Tuchel loben FC-Bayern-Debütant Peretz

Und so kommt es, dass bei Preußen Münster nicht etwa Neuer sein Comeback feiert, sondern ein anderer debütiert: Daniel Peretz, 23 Jahre, Neuzugang von Maccabi Haifa, steht erstmals beim FCB im Tor. Er wird beim DFB-Pokal-Auftakt seine ersten Minuten im FC-Bayern-Dress spielen. Wie viele noch dazu kommen werden, ist momentan mehr als ungewiss.

Um zu verstehen, welche Rolle Peretz beim FC Bayern derzeit innehat und wie sie sich entwickeln soll, muss man zwischen den Zeilen lesen. Als "Perspektive für die Zukunft" betitelte etwa Vorstandschef Jan-Christian Dreesen den 23-Jährigen bei dessen Vorstellung. "Er hat ganz viel Potenzial. Ich bin sicher, dass wir mit Daniel ein Stück weit Zukunft planen können", sagte Dreesen. Und auch Tuchel verwendete bei der Ankündigung von Peretz-Debüt erstaunlich gleichklingende Worte: "Er hat viel Potenzial, wurde mit großen Hoffnungen für die Zukunft geholt" - und vermied dabei einen Vergleich mit der eigentlich Nummer eins im FC-Bayern-Tor.

Alexander Nübel: Falsche Versprechen und gescheiterte Pläne

Das Wort "Neuer-Nachfolger" scheint in München derzeit auf der schwarzen Liste zu stehen. Gekonnt umschifft man diese Redewendung seit geraumer Zeit. Denn schon einmal hatte man einen Neuer-Nachfolger auserkoren. Alexander Nübel war der Mann, der Neuer eigentlich irgendwann beerben sollte. Vor drei Jahren wechselte er als Kapitän vom FC Schalke auf die Ersatzbank des FC Bayern, wurde zwei Jahre an die AS Monaco ausgeliehen und nun nach Stuttgart.

Obwohl er noch ein Jahr in Vertrag in München besitzt und in Stuttgart seine Sache sehr gut macht, scheint es derzeit undenkbar, dass der 26-Jährige noch einmal das Tor des FC Bayern hüten wird. Das Verhältnis zwischen den Parteien ist schwierig. Wohl auch, weil der damalige Sportdirektor Hasan Salihamidzic Nübel vor der Vertragsunterschrift Versprechungen gemacht hat, die er nie einhalten konnte - dass man ihn zum Neuer-Nachfolger aufbaut.

Peretz statt De Gea - auch eine politische Entscheidung

Es dürfte also eine Lehre aus dem Umgang mit Nübel sein, wie defensiv man beim FC Bayern über die Personalie Peretz spricht. Auf diese Weise wecken die Münchner weder übertriebene Hoffnungen im Spieler noch schlafende Hunde. Neuer hört es nicht allzu gerne, wenn man über seine Nachfolge redet. Denn das bedeutet gleichzeitig, dass die Karriere des 37-Jährigen irgendwann vorbei sein könnte. Auch wenn das aktuell so nah wie nie zu sein scheint, möchte man beim FC Bayern auf keinen Fall den Kapitän und Anführer in der Mannschaft verärgern.

Auch nicht, als in der abgelaufenen Transferperiode klarer wurde, dass Neuer länger ausfallen würde. Man wollte keine unmittelbare Konkurrenz für Neuer holen und so den Druck auf ihn und auch Thomas Tuchel unnötig vergrößern. Und so verpflichtete der FC Bayern Peretz und nicht etwa größere Namen wie die durchaus diskutierten David De Gea, Bono und David Raya.

Peretz überzeugt als Gesamtpaket

Bislang geht der Plan auf. Denn Peretz spielt seine Rolle derzeit genau, wie es von ihm gewünscht ist. Nicht polternd und fordernd wie Nübel kommt er in den Verein. Unauffällig und demütig präsentiert er sich bisweilen, nennt Neuer "sein großes Idol" und erzählt über den FC Bayern: "Ich bin ein Fan, seitdem ich Kind bin." Und so reihte er sich auch ohne Murren hinter Sven Ulreich ein und gibt sich aktuell mit der Rolle als eigentliche Nummer drei zufrieden.

Ein kleines Ego, beziehungsweise ein großer Teamspirit, war eine der Qualitäten, die der FC Bayern suchte und in Peretz fand. Doch der Israeli ist deutlich mehr, als ein bescheidener Zeitgenosse mit soliden Torhüterfähigkeiten. In seinem Heimatland gilt er als eines der größten Torhütertalente überhaupt. Beim Vorzeigeverein Maccabi Haifa setzte er sich mit 21 Jahren als Nummer eins durch und debütierte bereits ein Jahr später für die A-Nationalmannschaft. Sein Spiel hat wenige Schwächen. Er zeigt gute Reflexe in der Schussabwehr, spielt sichere Pässe und sucht vor allen Dingen kurze Zuspiele im Spielaufbau. Zudem hat er eine solide Strafraumbeherrschung.

Erinnerungen an den jungen Manuel Neuer

Ein Torhüterprofil, das zumindest was die Voraussetzungen angeht, an die Anfänge seines "großen Idols" Neuer erinnert. Auch Neuer war 21 Jahre alt, als er sich bei seinem Jugendverein als Nummer eins durchsetzte. Auch Neuer durchlief hochgelobt sämtliche Jugendnationalmannschaften. Doch Neuer war 25, als er den Schritt zum FC Bayern wagte - und kam als sichere Nummer eins.

Ob Peretz einmal zu dieser Zahl auf dem Rücken des Bayerntrikots kommen wird, ist momentan schwer abzusehen. Ebenso, ob Peretz seine guten Anlagen perfektionieren kann.

Peretz: Balance-Akt in eine ungewisse Zukunft

Denn dafür braucht ein junger Torwart nun einmal Spielzeit. Tuchel gab zwar zu Protokoll: "Ich bin es aus dem Ausland gewohnt, dass der zweite Torwart, wenn er es sich verdient hat - nicht nur durch Leistung, sondern auch durch seine Einstellung - im Pokal spielt." Doch das Problem dabei ist: Sobald Neuer zurückkehrt, ist Peretz nicht einmal die Nummer zwei.

Das ist aktuell der 35-jährige Sven Ulreich, der in seine mittlerweile achte Saison mit dem FC Bayern geht und in der Bundesliga bislang gesetzt ist. Ulreich war immer ein guter Torwart mit einer guten Einstellung, doch sein eigentliches Erfolgsrezept ist, dass er eines nie war: ein Neuer-Nachfolger. Aber irgendwann wird auch Neuer seine Karriere beenden und wenn Peretz ihn dann tatsächlich beerben will, muss ihm ein Balanceakt gelingen: Der junge Torwart muss nicht nur gute Leistungen zeigen und sich im Training beweisen, er muss auch die Egos und Befindlichkeiten beim Rekordmeister verstehen und respektieren.

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Quelle: BR24Sport im Radio
26.09.2023 - 20:45 Uhr