Joshua Kimmich

BR24 Sport DFB: Joshua Kimmichs neue Rolle unter Bundestrainer Flick

Stand: 08.09.2023 13:42 Uhr

Joshua Kimmich bekleidet beim FC Bayern wie auch in der Nationalmannschaft seit langem die Position im defensiven Mittelfeld. Doch Hansi Flick plant Kimmich nun wohl auf seine frühere Position zu stellen. Das legen Trainingseindrücke nahe.

Von Victor List

Das letzte Mal, dass Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger spielte, war ausgerechnet bei der Nationalmannschaft. Deutschland gewann im letzten Gruppenspiel der WM 2022 in Katar gegen Costa Rica zwar mit 4:2, musste aber dennoch schon nach der Vorrunde die Koffer packen. Neun Monate später könnte Kimmich bei den Länderspielen gegen Japan und Frankreich erneut rechts in der Viererkette auflaufen.

Auch wenn das Testspiel im Trainingslager gegen eine U20-Auswahl des DFB hinter verschlossenen Türen stattfand, drang der Plan des Bundestrainers trotzdem nach Außen. Joshua Kimmich spielte laut einem Bericht der "BILD" nämlich als Rechtsverteidiger. Nur ein Test, oder ein ernsthafter Gedanke für die Heim-Europameisterschaft?

Flick lässt Kimmich-Position offen

Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Japan am Samstag wollte sich Hansi Flick nicht in die Karten schauen lassen. Kimmich habe "enorme Qualitäten, die er auf verschiedenen Positionen ausüben kann", gab der Bundestrainer zu Protokoll. "Es ist unsere Aufgabe als Trainerteam, ihn dahin zu stellen, wo er der Mannschaft am meisten geben kann."

Für Kimmich wäre es die Rückkehr auf eine Position, die er lange beim FC Bayern bekleidet hatte, dann aber freiwillig abgab und ins von ihm präferierte defensive Mittelfeld wechselte.

Debüt in der Nationalmannschaft rechts hinten

2015 kam Kimmich vom VfB Stuttgart zum deutschen Rekordmeister. In seinen ersten zwei Saisons lief er als Mittelfeldspieler auf, mal als Rechtsverteidiger, bisweilen auch im rechten Mittelfeld und sogar im Abwehrzentrum als den Münchnern verletzungsbedingt die Innenverteidiger ausgingen.

Sein Debüt in der Nationalmannschaft feierte Kimmich als Rechtsverteidiger im Vorfeld der EM 2016 und trumpfte auf dieser Position im Turnier groß auf. Am Ende war Kimmich Teil der von der UEFA ausgezeichneten Mannschaft des Turniers.

Kimmich als Nachfolger von Philipp Lahm beim FC Bayern

Beim FC Bayern trat Kimmich 2017 die Nachfolge von Philipp Lahm an. Die FCB-Legende hatte im Sommer ihre Karriere beendet und die Planstelle hinten rechts besetzten zunächst Carlo Ancelotti und ab Oktober 2017 Jupp Heynckes mit Joshua Kimmich. Der lieferte in dieser Saison hervorragende Leistungen ab.

Unter Niko Kovac durfte Kimmich in der Saison 2018/2019 immer wieder auch ins Mittelfeld wechseln. Wiederum ein Jahr später war der Wechsel auf die Sechserposition dann endgültig vollzogen. Auf Kimmichs Wunsch, der im Mittelfeld mehr Spielkontrolle und Passmöglichkeiten sah und den Platz im defensiven Mittelfeld immer bevorzugt hatte.

Mit Kimmich als Rechtsverteidiger zum Champions League Titel

Nur selten nahm Kimmich in der Folge noch den Platz rechts hinten ein. An einem Sommerabend im August 2020 in Lissabon vertrat Kimmich aber den verletzten Benjamin Pavard und schlug eine butterweiche Flanke auf den Kopf von Kingsley Coman. Der köpfte das Tor des Tages im Finale der Champions League gegen Paris Saint-Germain und sicherte den Münchnern den Henkelpott. Trainer damals: Hansi Flick.

Überangebot im DFB-Mittelfeld, Knappheit rechts defensiv

Der Bundestrainer kennt also Kimmichs Fähigkeiten und zögert auch nicht, ihn auf seine ungeliebte Position zu stellen. Im deutschen Mittelfeld herrscht mit Gündogan und normalerweise Goretzka (der aktuell nicht nominiert ist) ein Überangebot. Auf Rechts sieht es deutlich schwieriger aus. Dort gäbe es nur Jonas Hofmann, der eher offensiv orientiert ist und Benjamin Henrichs, der ebenfalls den Weg in die Offensive sucht, in Leipzig zuletzt aber zu überzeugen wusste.

Flick nutzt die Guardiola-Taktik

"Jeder Einzelne soll und muss sein Ego hinten anstellen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen. Der Star ist die Mannschaft, nicht der Einzelne", hatte Flick bei der Vorstellung seines Kaders erklärt und damit natürlich nicht explizit Joshua Kimmich gemeint. Doch es gilt eben auch für Kimmich. Die Zeit für persönliche Befindlichkeiten ist definitiv vorbei.

Wobei Kimmich laut "BILD" eher eine Art hybrider Rechtsverteidiger wäre, der im Aufbau ins Mittelfeld vorrückt und die Dreierkette zu einer Viererkette werden lässt. Nur gegen den Ball wäre Kimmich hinten rechts in der Viererkette. Ein taktischer Kniff, den sich Pep Guardiola einfallen ließ und mit Manchester City in diesem Sommer das Triple gewann.

Kimmich wie Lahm bei der WM 2014?

Es wäre übrigens nicht das erste Mal, dass ein Bundestrainer sich entscheidet, einen Sechser wieder rechts defensiv zu stellen, weil er dort der Mannschaft mehr hilft. Bundestrainer Joachim Löw ging mit Philipp Lahm im Mittelfeld in die WM 2014 in Brasilien. Weil sich im Achtelfinale gegen Algerien aber Skhodran Mustafi verletzte, musste Löw seinen Plan wieder verwerfen und beorderte Kapitän Lahm wieder zurück. Es gibt nicht wenige, die gerade diesen Wechsel als mitverantwortlich für den deutschen WM-Titel sehen.

Die Heim-EM ist nicht mehr lange hin. Der Schachzug Kimmich als Rechtsverteidiger könnte die Chancen bei diesem Turnier durchaus erhöhen.

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Quelle: BR24Sport 08.09.2023 - 18:30 Uhr