FC-Bayern-Trainer Thomas Tuchel

Blick auf neue Saison Bayerns Thomas Tuchel - Meistertrainer ohne Feierstimmung

Stand: 28.05.2023 19:08 Uhr

Selten hat man den Trainer eines Deutschen Meisters so ausgepumpt erlebt. Der Blick von Thomas Tuchel geht schon nach vorn: Es steht ein gewaltiger Umbruch bevor.

Von Bernd R. Eberwein

Der Meistertrainer stand noch etwas ratlos vor dem Mikrofon. Als Thomas Tuchel über seine Emotionen nach dem 2:1-Sieg beim 1. FC Köln und seinem ersten deutschen Meistertitel als Trainer sprechen sollte, musste er erst einmal durchschnaufen.

"Maximale Erleichterung", spüre er nun, auch "Freude". Doch die war gar nicht so sichtbar. Er räumte ein, dass ein verlorener Titel wohl mehr Einfluss auf seine Gefühlslage hinterlassen hätte als der nun gewonnene. Auch dem Trainer war anzumerken, dass die vergangenen turbulenten Wochen doch Eindruck hinterlassen hatten.

Meistertitel und Personalbeben mit Nachspiel

Sportschau, 28.05.2023 17:40 Uhr

Köln-Spiel ein "Spiegelbild" von Tuchels Bayern-Zeit

Die Schützenhilfe aus Mainz, das Echo der Fans, irgendwie "surreal", was sich an diesem denkwürdigen Samstagnachmittag zuvor abgespielt hatte. Denn das Spiel gegen Köln sei ein "Spiegelbild" seiner gesamten Zeit als Bayern-Trainer gewesen: "Wir haben das Spiel im Griff, wir gehen in Führung es ist alles in unserer Hand, wir verlieren unsere Präzision, wir bewegen uns nicht mehr genug und dadurch wird es ein offenes Spiel."

Acht Minuten war Borussia Dortmund in der turbulenten Schlussphase wieder Tabellenprimus nach dem Kölner 1:1. ("Aus dem Nichts.") Als Leroy Sané dann die Chance zum 2:1 liegen ließ, dachte Tuchel: "Das ist sinnbildlich für die Phase, in der ich verantwortlich war." Doch dann kam zum großen Bayern-Glück ja noch Jamal Musiala, der das "Herzschlagfinale" für die Münchner entschied.

Im Video: Highlights des Meisterschaftsfinales

Serge Gnabry und Leroy Sané

Im Meisterjubel geht Tuchels Blick schon auf die neue Saison

Also doch noch ein versöhnliches Saisonende? "Der Titel hilft, aber er wischt das nicht beiseite", sagte Tuchel im ARD-Interview, erinnerte aber auch an seine Worte vor dem Spiel: "Das wird keine Saison - egal, wie die ausgeht -, mit der wir zufrieden sind." Beim FC Bayern hat mitten in der Meisterschaftsfreude schon die Aufarbeitung einer rätselhaften Saison begonnen.

"Wir wollen besser spielen, wir wollen dominanter spielen, wir wollen konstanter spielen, unsere Fans begeistern." Hätte man das Interview nicht von Anfang an verfolgt, der Gedanke wäre nahe, dass da der Trainer eines Fast-Absteigers spricht. Tuchel wolle zwar keinen "Essig in den Wein" schütten, aber: "Wir werden nicht die Augen davor verschließen, sondern in den nächsten Wochen ehrlich mit uns sein und Verantwortung übernehmen für eine gute Transferperiode und vieles besser machen."

Im Video: Bayerns interne Meisterfeier in München

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Wie geht's weiter ohne Kahn und Salihamidzic?

Es passt zur chaotischen Bayern-Saison, dass kurz nach dem Meistertitel die Vereinsbestätigung kam, dass Vorstandschef Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic den Klub verlassen müssen.

"Das passt zu unserer Saison: So emotional die Meisterschaft zu gewinnen, und dann überschattet ein sportpolitisches Thema im Verein die Momente", urteilte auch Tuchel mit einer Prise Sarkasmus: "Das ist alles nicht so leicht zu verarbeiten, das ist ein weiterer Brocken, den wir erstmal verdauen müssen."

"Schütteln, anpassen, das Beste draus machen"

Genau die beiden Sportverantwortlichen, die Tuchel an die Isar geholt haben ("Brazzo und Olli haben gekämpft und mich überzeugt, sofort einzusteigen") sind nun nicht mehr da. Auch hier stehen Tuchel und die Bayern noch vor einer ungewissen Zukunft. Der frischgebackene Meistertrainer geht es jedoch pragmatisch an: "Der nächste große Umbruch, es gilt sich zu schütteln und anzupassen und das Beste draus zu machen."

Quelle: Blickpunkt Sport
28.05.2023 - 21:45 Uhr