Jonas Vingegaard vom Team Jumbo-Visma und UAE´s TadejPogacar kämpfen auf der 14.Etappe um wichtige Sekunden
Tourreporter

Vingegaard vs. Pogacar Sekundenkampf zwischen Motorrädern

Stand: 15.07.2023 22:00 Uhr

Auf der 14. Etappe der Tour de France vergrößert Jonas Vinegaard seinen Vorsprung auf Tadej Pogacar um eine Sekunde. Sein Rivale wird dabei von zwei Motorrädern blockiert.

Ein spöttisches Lächeln umspielt den Mund von Jonas Vinegaard immer dann, wenn er eine Frage gestellt bekommt, die darauf abzielt, dass er etwas preisgibt. Und das sind jeden Abend ziemlich viele. Denn Vingegaard trägt das Gelbe Trikot, weshalb er verpflichtet ist, sich den Fragen der Journalisten zu stellen. Also taucht dann dieses Lächeln auf. Und dann folgt meist eine Antwort, die dem Fragensteller auch nicht weiterhilft.

Pogacars Attacke wird ausgebremst

In Morzine, dem Zielort der 14. Etappe der Tour de France, sollte sich der Däne zu einer Szene äußern, die nicht wenige als mitentscheidend für den Ausgang dieses Tagesabschnitts betrachten. Vingegaard und sein großer Rivale Tadej Pogacar näherten sich wie erwartet Seite an Seite dem Col de Joux Plane, als Pogacar etwa 500 Meter vor dem Gipfel eine Attacke setzen wollte. Dabei wurde er jedoch von zwei Begleitmotorrädern blockiert, die viel zu dicht vor dem Duo fuhren. Ja, die Motorräder seien wohl etwas zu nah dran gewesen, bestätigte Vingegaard später: "Aber man kann nicht sagen, was das geändert hätte."

Motorräder behindern Pogacar und Etappensieger Rodriguez

Sportschau, 15.07.2023 19:48 Uhr

Das sahen sie in Pogacars Lager naturgemäß etwas anders. "Tadej wollte einen entscheidenden Angriff starten und wurde dann blockiert", klagte Matxin Joxean Fernandez, der Sport-Direktor des UAE-Teams. Und auch Pogacar selbst war alles andere als angetan. "Ich habe alles reingelegt, dann bewegten sich die Motorräder nicht. Ich habe da eine Patrone verschwendet", sagte der Slowene. Länger aufhalten wollten sie sich beim UAE-Team nicht damit. Das sei Sache der Organisatoren und der UCI.

Die Kommissäre des Radsport-Weltverbandes schlossen die beiden Motorradfahrer und ihre Beifahrer von der 15. Etappe am Sonntag aus. Zudem müssen alle jeweils 500 Schweizer Franken (511 Euro) Strafe zahlen. Das hilft Pogacar allerdings auch nicht mehr.

Grischa Niermann: "Fahrer brauchen Platz, um Kampf auszutragen"

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Rechnerei um Bonussekunden

Der Slowene kämpft seit Beginn der Tour vor zwei Wochen um jede Sekunde im Kampf um das Gelbe Trikot. Anders als Vingegaard ist er offenbar nicht sicher, ob es am Ende nicht doch die Bonussekunden sind, die darüber entscheiden, wer die Tour gewinnt. Ohne die Motorräder wäre er vielleicht als erster über den Joux Plane gerollt, hätte sich die acht anstatt der fünf Bonussekunden für den zweiten Platz dort gesichert.

So aber ließ er sich von Vingegaard überrumpeln, verlor die drei Bonussekunden, von denen er als Zweitplatzierter im Ziel aber zwei Sekunden wieder zurückholte. Insgesamt verlor er diesmal also eine Sekunde gegenüber Vingegaard, mit dem er zeitgleich hinter dem Etappensieger Carlos Rodriguez ins Ziel rollte. Der Abstand zwischen den beiden beträgt im Gesamtklassement jetzt zehn Sekunden.

Es wird wohl weitergehen mit dieser Sekundenrechnerei in den kommenden Tagen. Denn auf der Straße sind Pogacar und Vingegaard einander bislang ebenbürtig. Und egal, welche Taktik die andere Seite anwendet, der andere findet eine Antwort darauf. Nachdem Pogacars UAE-Team am Freitag auf der 13. Etappe viel investiert und wenig erreicht hatte, war es diesmal Vingegaards Equipe, die sich die Frage nach Aufwand und Ertrag stellen musste.

Jumbo-Visma macht die anderen zu Passagieren

Die Jumbo-Visma-Mannschaft hatte sich den ganzen Tag vor das Feld gespannt und Tempo gemacht, was nicht nur alle Hoffnungen auf einen Ausreißersieg zunichte machte, sondern auch die anderen Klassementfahrer hilflos um Anschluss ringen ließ. "Wir waren heute nur Passagiere", schilderte der Australier Jai Hindley die wilde Hatz über fünf kategorisierte Anstiege. Der Kapitän des deutschen World-Tour-Teams, der bei einem Massensturz zu Beginn der Etappe zu Fall gekommen war, büßte seinen dritten Gesamtrang ein und liegt nun eine Sekunde hinter dem Etappensieger Rodriguez auf Platz vier des Klassements.

Der Kampf um den einen Platz hinter dem unerreichbaren Duo an der Spitze scheint ein ähnlich packendes Duell zu werden wie die Auseinandersetzung um Gelb. Dass die Arbeit von Vingegaards Team am Ende nur eine Sekunde Zeitgewinn gegenüber Pogacar brachte, mussten sie bei Jumbo-Visma dann aber doch eingestehen, obwohl der Däne natürlich die tolle Arbeit seiner Equipe überschwänglich lobte.

"Aufregender Kampf bis zum Schluss"

"Eine Sekunde ist naürlich nicht viel, wir hätten lieber zehn Minuten gewonnen", sagte Jumbo-Vismas sportlicher Leiter Grischa Niermann. Ihm dürfte nicht gefallen haben, dass es sein Kapitän war, der am Ende keinen Helfer mehr an seiner Seite hatte, während Pogacar noch auf den Briten Adam Yates zugreifen konnte, bevor er seine erste Attacke 3,7 Kilometer vor dem Gipfel des Joux Plane setzte. 30 Meter, knapp fünf Sekunden, betrug Pogacars Vorsprung danach für eine Weile. Aber der Däne kämpfte sich wieder heran - dann kamen die Motorräder.

Beide Teams haben nun im Verlauf des Rennens verschieden Taktiken zur Aufführung gebracht, ohne dass die eine oder die andere Seite bislang einen entscheidenden Vorteil daraus hätte gewinnen können. "Wir haben weiter unseren Plan", sagte Vingegaard in Morzine. "Und ich hoffe, dass ich am Ende in Gelb nach Paris komme." Bis dahin - da sind sich der Däne und sein Rivale einig, werden sie sich weiter einen Schlagabtausch liefern. "Es wird ein aufregender Kampf bis zum Schluss", prophezeite Vingegaard.