Gewinner der 6. Etappe: Tadej Pogacar

Tour de France Pogacar meldet sich eindrucksvoll zurück - Vingegaard übernimmt Gelbes Trikot

Stand: 06.07.2023 17:43 Uhr

Einen Tag, nachdem Tadej Pogacar das Duell der Topfavoriten verlor, hat der Slowene am Donnerstag (06.07.2023) die erste Bergankunft der Tour de France gewonnen. Sein Kontrahent Jonas Vingegaard ist jedoch der neue Gesamtführende.

Der Däne und Pogacar hatten sich bereits am Col du Tourmalet von den Konkurrenten im Gesamtklassement um Jai Hindley, der sein Gelbes Trikot verlor, abgesetzt. Auf dem letzten Anstieg mussten auch die letzten Ausreißer abreißen lassen, 4,6 Kilometer vor dem Ziel setzte Vingegaard die entscheidende Attacke - Pogacar konnte er im Gegensatz zum Vortag jedoch nicht abhängen.

Stattdessen schlug der Herausforderer zurück. 2,7 Kilometer vor dem Ende trat Pogacar an und distanzierte seinen Kontrahenten. Pogacar zeigte, dass er der explosivere Fahrer ist, stürmte zu seinem ersten Etappensieg bei der diesjährigen Tour. Vingegaard wurde mit einem Rückstand von 24 Sekunden Zweiter, hat als Gesamtführender aber noch einen Vorsprung von 25 Sekunden.

"Ich bin sehr erleichtert. Ich habe mir natürlich nach gestern etwas Sorgen gemacht und auf dem Tourmalet habe ich schon gedacht, dass ich meine Koffer packen kann, wenn sowas wieder passiert. Aber ich konnte mitgehen und auf dem letzten Anstieg angreifen", sagte Pogacar: "Der Rückstand ist jetzt fast perfekt, das war ein großer Schritt im Vergleich zu gestern."

Hindley ohne Chance, aber mit großem Genuss

Hindley kam 2:39 Minuten nach Pogacar ins Ziel und belegt nun Rang drei in der Gesamtwertung. "Es war ein epischer Tag im Gelben Trikot auf mystischen Anstiegen. Ich habe das genossen und wollte mein eigenes Rennen fahren. Ich bin um mein Leben gefahren", sagte der Australier.

Emanuel Buchmann musste auf dem letzten Anstieg abreißen lassen und wurde mit einem Rückstand von 6:26 Minuten 34., er rutschte im Gesamtranking von Rang vier auf Platz 15. Der deutsche Radprofi hatte in den Bergen und auf der letzten Abfahrt jedoch lange wertvolle Tempoarbeit geleistet.

Van Aert fackelt nicht lange

Schon unmittelbar nach dem scharfen Start war es erneut Wout van Aert, der die Etappe mit der ersten Attacke eröffnete. Am Vortag war der Ausnahmekönner von Jumbo Visma ausgerissen, konnte seinem Kapitän Vingegaard vor dessen Attacke auf Pogacar so noch im Anstieg helfen. Zumindest das konnte er auch auf dem Weg nach Cauterets-Cambasque zur ersten Bergankunft.

Insgesamt versammelten sich zunächst 15 Fahrer (darunter auch Julian Alaphilippe und Mathieu van der Poel), später wurden es durch Verfolger 20 Radprofis in der Spitzengruppe - und weil sich kein Klassementfahrer in ihr befand, ließ das Peloton sie auf etwa 3:30 Minuten davonfahren. Nils Politt kontrollierte derweil im Hauptfeld über weite Strecken das Tempo, nachdem sein Kapitän Hindley einen Tag zuvor mit seinem Husarenritt ins Gelbe Trikot gefahren war.

Powless sprintet für das gepunktete Trikot

Auch Neilson Powless fuhr vorne mit, sprintete stets um die Punkte für das Bergtrikot. Am Vortag hatte er das an Felix Gall verloren, nun wollte er es sich zurückholen. Und das gelang - schon die ersten beiden Bergwertungen entschied Powless für sich, zog damit mit 30 Punkten an Gall vorbei (28 Zähler). Später auf dem Tourmalet sicherte sich der Amerikaner sechs weitere Punkte und holte sich so sein Wunschtrikot im Ziel.

Mit einem Vorsprung von über 4:30 Minuten ging die Spitzengruppe in den 15 Kilometer langen Anstieg zum Tourmalet. Alaphilippe war dort der erste Fahrer, der versuchte, sich von den Konkurrenten abzusetzen, und lediglich James Shaw konnte ihm folgen - beide wurden jedoch recht schnell wieder von van Aert und Co. eingeholt. Der Jumbo-Visma-Profi drückte an der Spitze aufs Tempo, immer mehr Mitausreißer fielen deshalb zurück.

Vingegaard attackiert auf dem Tourmalet

Im Hauptfeld ließ derweil das Bora-Team ordentlich Federn. Schon weit vor dem Gipfel verlor Hindley fast alle Helfer, lediglich Buchmann, der schon am Mittwoch herausragende Arbeit für seinen Kapitän geleistet hatte, war noch an seiner Seite. Die geballte Power von Jumbo Visma sorgte auch dort dafür, dass das Feld immer kleiner wurde.

50 Kilometer vor dem Ziel machte das niederländische Team richtig ernst. Wilco Keldermann verschärfte das Tempo und schaffte es so, dass Pogacar schon frühzeitig isoliert wurde. Der zweifache Toursieger und der größte Vingegaard-Konkurrent war der einzige Fahrer, der noch folgen konnte, auch Hindley musste abreißen lassen. Schließlich fuhren wie am Vortag Sepp Kuss, Vingegaard und Pogacar vor den anderen Klassementfahrern Richtung Tourmalet-Gipfel.

Erneut versuchte es Titelverteidiger Vingegaard, diesmal blieb Pogacar aber an seinem Hinterrad. Und trotzdem war der Däne im Vorteil, weil mit van Aert ein überaus wichtiger Helfer noch an der Spitze des Feldes war und ihm im letzten Anstieg wieder für Tempoarbeit zur Verfügung stehen würde. Mit 35 Sekunden fuhr der 28-Jährige mit vier Begleitern über den Gipfel - die Bergwertung gewann Goran Johannessen. Hindley und Co. hatten da bereits über zwei Minuten Rückstand auf Vingegaard und Pogacar.

Van Aert wird wieder zum Edelhelfer

Van Aert ließ sich zurückfallen, führte seinen Kapitän in den Schlussanstieg - und an die Spitzengruppe heran. Acht Fahrer starteten schließlich in den Berg der ersten Kategorie hoch nach Cauterets-Cambasque. Schon zu diesem Zeitpunkt war klar, dass sich das Duo Vingegaard/Pogacar auch in der Gesamtwertung an die Spitze setzen würde. Schon vor der Tour hatten sie als Anwärter auf das Gelbe Trikot in Paris gegolten.

Und auch auf dem letzten Anstieg war es nur eine Frage der Zeit, bis Vingegaard und Pogacar alleine Richtung Ziel stürmten. Bis 4,6 Kilometer vor Schluss musste van Aert abreißen lassen, sein Kapitän trat an und verlor das Duell gegen Pogacar. Es war ein Comeback, das auf Hochspannung für den Rest der Tour hoffen lässt.

Kletterer haben jetzt Pause

Nach den Strapazen der ersten beiden Hochgebirgsetappen in den Pyrenäen geht es am Freitag (07.07.2023) auf flachem Terrain weiter. Auf den 170 Kilometern von Mont-de-Marsan nach Bordeaux steht lediglich eine Bergwertung der vierten Kategorie auf dem Programm. Es wird aller Voraussicht nach wieder ein Tag für die Sprinter.