Sauer auf den FC Bayern: Ralf Kellermann

Streit um DFB-Abstellung Wolfsburgs Sportdirektor Kellermann kritisiert die Bayern

Stand: 07.06.2023 13:14 Uhr

Sportchef Ralf Kellermann vom Champions-League-Finalisten VfL Wolfsburg hat sich in den Zoff um die Abstellungen für die Frauenfußball-Nationalmannschaft eingemischt und Meister Bayern München heftig kritisiert. Sein Klub habe das Vorgehen der Bayern "mit Verwunderung und Unverständnis zur Kenntnis genommen", sagte Kellermann am Mittwoch.

"Jeder Tag der kurzen Vorbereitungsphase ist wichtig, damit aus Spielerinnen, die während der Saison um Titel konkurrieren, eine erfolgreiche Einheit zusammenwächst", teilten die Niedersachsen mit. Der Schritt der Münchner "kann den hohen Ambitionen der DFB-Elf bei der WM schaden". Die Unruhe vor der Endrunde in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) ist groß, weil die gesamte Vorbereitung in Herzogenaurach am Sitze des DFB-Ausrüsters durchkreuzt ist, wenn die Leistungsträgerinnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsteigen.

Die Bayern bestehen auf einigen Tagen länger Pause, obwohl ihre Spielerinnen längst im Urlaub sind

Die Bayern wollen ihre fünf Spielerinnen nicht wie ursprünglich verabredet am 20. Juni zum Start der Vorbereitung auf die Endrunde in Australien und Neuseeland (20. Juli bis 20. August) nach Herzogenaurach entsenden. 28 Spielerinnen sind dafür nominiert.

Lina Magull, Klara Bühl, Lea Schüller, Sydney Lohmann und Carolin Simon sollen erst drei Tage später anreisen, obwohl die Münchner Fraktion sich nach dem Ende der Bundesligasaison bereits eine Woche länger im Urlaub befindet als die insgesamt zehn berufenen Wolfsburgerinnen, die vergangenen Samstag (03.06.2023) im Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona (2:3) gefordert waren.

Schaden für die WM-Ambitionen vermutet

Kellermann stellte sich auf die Seite des Verbands. "Mit Blick auf die Erfolgschancen der deutschen Mannschaft in Australien und Neuseeland war es unser Ziel, eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten, die die Interessen des DFB und der abstellenden Klubs bestmöglich abbildet", sagte der für den Frauenfußball beim VfL zuständige Direktor: "Dass der FC Bayern nun eine im Konsens getroffene und schriftlich festgehaltene Vereinbarung einseitig aufkündigt, kann den hohen Ambitionen der DFB-Elf bei der WM schaden." Auf die Kritik am Vorgehen der Bayern hatte der 54-Jährige wohl bewusst gewartet, um den eigenen Vorlauf aufs Champions-League-Finale nicht zu stören.

Nach einigen durchwachsenen Leistungen bei den Länderspielen gegen Schweden (0:0), Niederlande (1:0) und insbesondere zuletzt gegen Brasilien (0:2) als möglicher Gegner im WM-Achtelfinale waren zwei gemeinsame Lehrgänge angedacht, um das Nationalteam für die anspruchsvolle Mission in "Down Under" zu einen. Die Bayern hatten sich auf die Vorgaben der europäischen Klubvereinigung ECA und des Weltverbands FIFA berufen.

Zudem wollten sie ihren Spielerinnen eine längere Regeneration ermöglichen. Kellermann ist allerdings "der festen Überzeugung, dass diese Entscheidung nicht im Interesse der betroffenen Spielerinnen, die um Stamm- oder Kaderplätze kämpfen, liegt". Deshalb wird der Pokalsieger an der Vereinbarung mit dem DFB nicht rütteln, obwohl sich die Abstellungsfristen verändert haben. "Der VfL Wolfsburg bekennt sich allerdings zur im Frühjahr 2023 mit dem DFB erarbeiteten Lösung einer früheren Freigabe", so der langjährige Macher vom Mittellandkanal.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat Trio nachnominiert

Zuvor hatte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg mit Janina Minge vom SC Freiburg, Carlotta Wamser von Eintracht Frankfurt sowie Melissa Kössler von der TSG Hoffenheim für den ersten WM-Lehrgang drei Spielerinnen nachnominiert. Voss-Tecklenburg und Joti Chatzialexiou, der sportliche Leiter Nationalmannschaften beim DFB, hatten vergangene Woche öffentlich gemacht, dass die nominierten Münchnerinnen erst am 23. Juni einsteigen dürfen. Chatzialexiou sprach im Streit mit dem FC Bayern darüber sogar von einem "Wortbruch" der Münchner.

Voss-Tecklenburg war ebenfalls extrem verärgert, vor allem Münchens sportliche Leiterin Bianca Rech steht in der Kritik, da sie sich als stellvertretende Vorsitzende der Klubvereinigung ECA offenbar eher an die neuerdings dort getroffene Abmachung gebunden fühlte, anstatt sich an die bereits im März schriftlich an den DFB übermittelte Zusage zu halten.

Kellermann wirft dem FC Bayern eine viel zu kurzfristige Sichtweise vor und hat für das Ausscheren aus München aus der Vereinbarung kein Verständnis:  "Es wäre wünschenswert gewesen, im Sinne des deutschen Frauenfußballs einen liga-einheitlichen Weg zu beschreiten, schließlich profitieren auch die nationalen Wettbewerbe von einem erfolgreichen Abschneiden beim wichtigsten Turnier des Weltfußballs."