DOSB Logo

Sportpolitik | DOSB Alte Fehler und neue Querelen holen den DOSB ein

Stand: 10.05.2022 11:04 Uhr

Seit Anfang Dezember ist die neue DOSB-Spitze um Präsident Thomas Weikert im Amt. Die Hoffnungen auf einen Neustart des Deutschen Olympischen Sportbundes haben sich bisher nicht erfüllt.

Der Kurs der Dachorganisation des deutschen Sports unter der Führung des neuen Präsidenten Thomas Weikert ist bisher nicht erkennbar. Zwar haben sich Stil und Umgang im täglichen Miteinander zum Positiven gewandelt, aber alte Querelen und Probleme holen den DOSB immer wieder ein. Und es werden offensichtlich ähnliche Fehler gemacht, die dem geschassten Vorgänger-Gremium um Alfons Hörmann schließlich um die Ohren flogen: etwa in Sachen Transparenz bei der Postenvergabe. Auch die Machtspiele hinter den Kulissen scheinen weiterzugehen.

Anonymer Brief besorgter Mitgliedsorganisationen

Den DOSB schreckte in den vergangenen Tagen schon wieder ein anonymer Brief auf, der diesmal aber an die Ethikkommission adressiert war. "Besorgte Mitarbeiter von Mitgliedsorganisationen" ließen den Vorsitzenden des Gremiums, Ex-Bundesinnenminister Thomas de Maizière und seine Kollegen wissen, dass sie Verstöße gegen die Compliance-Regelungen des Dachverbandes zur Anzeige bringen wollten.

In dem Brief, der der Redaktion vorliegt, heißt es: "Sowohl das Vergabeverfahren als auch der Auswahlprozess für die Position des Vorstandsvorsitzenden und für die Position des Vorstandsmitgliedes Breitensport/Sportentwicklung ist mit den Compliance-Maßstäben, die aktuell für alle Organisationen und auch für unsere Dachorganisation gelten, nicht zu verbinden. Dieses Verfahren erweckt vielmehr den Eindruck von Vetternwirtschaft, und eine Hand wäscht die andere."

Vorwurf der "Vetternwirtschaft"

Die Briefschreiber beziehen sich auf die Verpflichtung einer Düsseldorfer Personalagentur, die den DOSB schon bei der Präsidentenwahl unterstützt hatte. Dasselbe Unternehmen wurde auch ausgewählt, als es um die Findung des neuen Vorstandsvorsitzenden ging. Vorgeschlagen worden sei der Einsatz der Firma von der AG Personal, eine der Arbeitsgruppen, die den Neustart des DOSB einleiten sollten.

Die Personalagentur nahm drei Kandidaten in die engere Wahl, das Rennen machte schließlich Torsten Burmester, zuvor Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbandes. Der 58-Jährige gehörte zur AG Personal und habe sich dort für ein neuerliches Engagement der Agentur stark gemacht, heißt es in dem Schreiben. Dieselbe Agentur sei auch bei Burmesters Einstellung beim Deutschen Behindertensportverband tätig gewesen. Laut Aussage des DOSB war die AG Personal nicht in die Suche des Vorstandsvorsitzenden eingebunden, weil das alleinige Angelegenheit des DOSB-Präsidiums sei.

Als es um die Besetzung des Vorstandspostens Breitensport/Sportentwicklung ging, wurde wieder das Düsseldorfer Unternehmen verpflichtet. Auch diesmal gab es mit Michaela Röhrbein, die beim Deutschen Turnerbund arbeitete, bereits eine ausgemachte Favoritin. Denn schon Monate vorher kursierten die Namen von Burmester und  Röhrbein als Wunschbesetzungen – und offensichtlich nahm bei der Kür der beiden zunächst auch niemand Anstoß.

Zweifel am Aufklärungswillen des DOSB

Neben diesen Kapriolen wirkt auch die unrühmlich zu Ende gegangene Präsidentschaft von Alfons Hörmann nach, dem DOSB-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter mangelnde Führungsqualitäten ("Kultur der Angst") vorgeworfen hatten. Um die Vorfälle während der Hörmann-Präsidentschaft aufzuarbeiten, hat der DOSB eine Kommission mit dem ehemaligen Richter am Bundesgerichtshof Clemens Basdorf und Ex-Schwimmpräsidentin und Juristin Christa Thiel gebildet. Das Arbeitspensum dieser Kommission ist umfangreich, und es geht langsamer voran als gedacht.

Während die beiden Juristen ihrem Auftrag nachgehen, hegen Kritiker bereits Zweifel am Aufklärungswillen des DOSB und der Mitgliedsverbände. Dem Deutschen Tennisbund (DTB) etwa scheint die Aufarbeitung herzlich egal zu sein. Er hat die ehemalige DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker ab 1. Juli als Sportdirektorin verpflichtet. Sie musste im Dezember 2021 gehen, unter anderem infolge der Anschuldigungen gegen ihre ehemalige Vorstandskollegin Karin Fehres. Dass der DTB, der Rücker als Idealbesetzung bezeichnet, mit der Verpflichtung nicht bis zum Abschlussbericht der Untersuchung hat warten können, spricht für sich.

Rolle von Schimmelpfennig und Arnold

Zu klären ist von der Kommission auch die Frage, welche Rolle die Vorstände für Leistungssport, Dirk Schimmelpfennig und für Finanzen, Thomas Arnold, im letzten Präsidium gespielt haben. Auf Unverständnis stieß deshalb die Nachricht, dass der Vertrag von Schimmelpfennig, der im Dezember ausläuft, vorzeitig verlängert werden sollte. Zumal es großen Frust und Ärger rund um die Spitzensportreform und deren Umsetzung gibt.

Nicht nur die Sportdirektoren der Verbände kritisierten schriftlich die unklare Steuerungsrolle zwischen Bundesinnenministerium und DOSB, die wachsende Bürokratie und die mangelnde Kommunikation mit dem Leistungssport-Team des DOSB. Trotz Gesprächen mit den Verantwortlichen trete man weiter "Löcher in den Boden und warte auf Godot", wie es ein Verbandsvertreter formuliert.

Viel zu tun für den DOSB

Dabei gäbe es inhaltlich für den DOSB nicht nur in Sachen Spitzensport viel zu klären und zu tun. Nach der Pandemie will man Vereinen und den mittlerweile vielen schwerfällig in Bewegung kommenden Deutschen auf die Beine helfen. So soll die Bundesregierung einen Bewegungsgipfel initiieren, fordern die Sportverantwortlichen. Doch dafür müssten der DOSB, die Sportjugend und der Deutsche Fußball-Bund, der sich eingeklinkt hat, erst einmal konzeptionelle Vorarbeit leisten.

Ein Schwerpunkt-Programm für die kommende Legislatur hat der DOSB bisher nicht vorgelegt. Vorstandsvorsitzender Burmester versichert, dass dieses Programm bei der Mitgliederversammlung in Baden-Baden im Dezember vorliegen werde. Derzeit scheint man dieses Intermezzo-Jahr unfallfrei – ohne große Fehler – bis zu den turnusmäßigen Neuwahlen – hinter sich bringen zu wollen.

Disclaimer: In einer früheren Version des Textes fehlte die Behauptung des DOSB, dass Torsten Burmester und die AG Personal nicht am Engagement der Düsseldorfer Personalagentur beteiligt gewesen seien.