Ein junges Mädchen auf dem Schwebebalken

Vorbild Hessen Lehrer-Trainer - Talentförderung in der Grundschule

Stand: 14.05.2025 12:45 Uhr

Der Trend im deutschen Spitzensport ist eindeutig: Seit Jahren gewinnen deutsche Athleten bei Olympischen Spielen immer weniger Medaillen. In Paris 2024 waren es die wenigsten seit der Wiedervereinigung. Es kommen zu wenige Talente nach oben, oft ist der Spagat zwischen Leistungssport und Schule zu schwierig. Hessen versucht das zu erleichtern - mit Lehrern, die Kinder bereits an der Schule trainieren, sogenannten Lehrer-Trainern.

Von Sebastian Krause, Moritz Weiberg

"Lehrer-Trainer ist eine Besonderheit, vor allem eben in Hessen. Das sind Personen, die Lehramt in der Regel studiert haben, in der Regel auch zwei Fächer haben. Aber die dann gleichzeitig mindestens die B-Lizenz in der jeweiligen Fachsportart, perspektivisch immer auch die A-Lizenz haben. Weil man es eben im Nachwuchssport entsprechend unterstützen möchte." - So beschreibt Dominic Ullrich die Anforderung an seine Rolle als Lehrer-Trainer.

Ullrich zum Beispiel ist Lehrer für Geografie und Sport und hat einen Trainerschein in der Leichtathletik. Andere etwa haben die Fächer Physik und Mathe und sind ausgebildete Trainer im Schwimmen.

In ihrer jeweiligen Sportart geben sie dann gezielt Training - als reguläre Unterrichtsstunde, im Stundenplan integriert. Sie können so sehen, welche Kinder Talent haben und diese dann auch an Vereine und Verbände vermitteln.

Lehrer-Trainer: die Schnittstelle zwischen Schule und Spitzensport

"Im Prinzip ist es genau die Person an der Schnittstelle, sie sind quasi für die sportfachliche Förderung in der Schule zuständig und die Abstimmung mit den Verbänden", erklärt Ullrich: "Gleichzeitig aber sind sie auch diejenigen, die auch diesen schulischen Bereich im Blick haben. Und die damit immer wieder den Spagat zwischen Schule und Leistungssport unterstützen, das zu begleiten und zu moderieren."

Eingesetzt werden die Lehrer-Trainer in Hessen an Schulen, die einen besonderen Fokus auf Leistungssport haben. Das können Gymnasien, Gesamtschulen, aber auch Grundschulen sein.

"Ich glaube, es sind 60 Personalstellen, die wir in Hessen haben für Lehrer-Trainer, die sich auf über 70 Personen verteilen. Wenn es Beamte sind, haben die mindestens Besoldungsstufe A13. Das heißt, wir reden hier von Millionen-Beträgen, die das Land Hessen investiert. Indem sie sagen, wir wollen hier Talente und Begabung entsprechend fördern und unterstützen", so Ullrich.

Ullrich, der selbst an der Carl-von-Weinberg-Schule in Frankfurt arbeitet, spricht von ersten Erfolgen des Programms: "Es gibt zahlreiche Karriere-Beispiele von Sportlerinnen und Sportlern, die das Landesprogramm durchlaufen haben, und am Ende bei Olympischen Spielen auftauchen."

Das Modell in anderen Bundesländern: Wer setzt auf Lehrer-Trainer?

Auch in anderen Bundesländern gibt es schon Lehrer-Trainer: In Nordrhein-Westfalen, wo dafür jährlich auch etwa eine Million Euro ausgegeben wird. In Baden-Württemberg, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Berlin.

Fehlanzeige dagegen in Sachsen, dem Saarland, Niedersachsen und Bayern. Die Erklärung aus Bayern: Die Schulen seien für den allgemeinen Sportunterricht zuständig, die Verbände und Vereine für den Leistungssport - da gebe es eine klare Trennung.

Sportförderung in Deutschland - die ARD-Recherche
Die ARD Radio Recherche Sport hat recherchiert und analysiert in einer vierteiligen Serie die Sportförderung in Deutschland. "Versetzung gefährdet? Schulsport vor dem Kollaps" ist der Auftakt, die weiteren Teile beschäftigen sich mit "Vereinssport für Kinder - kein Geld, keine Hallen, keine Trainer", "Nachwuchs-Leistungssport - die Elite-Schulen des Sports reichen nicht aus" und "Spitzensportler - von wegen Profis, Athleten in Olympischen Sportarten müssen sogar 'draufzahlen'".

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 14.05.2025 | 10:43 Uhr