Hockey-Männer bei Dankesrunde bei Heim-EM

Hockey-EM in Mönchengladbach Deutsche Teams - zwischen Trostpreis und Frust

Stand: 27.08.2023 18:12 Uhr

Es war die erste Hockey-EM in Deutschland seit zwölf Jahren. Die Auftritte der deutschen Teams hinterließen dabei gemischte Gefühle.

Von Christina Schröder

Fragt man Martin Schultze zu der Bilanz der Hockey-EM, bekommt man zwei Antworten. Mit der Veranstaltung und dem Zuschauerinteresse sei er "mega happy". Das Abschneiden der deutschen Teams sei hingegen "enttäuschend. Natürlich hätten wir gerne Finals mit deutscher Beteiligung gehabt", sagte der Sportdirektor des Deutschen Hockey-Bundes (DHB).

Insgesamt besuchten 70.000 Hockeyfans das internationale Turnier der Männer und Frauen in Europas größtem Hockeystadion in Mönchengladbach. Beide Finaltage waren ausverkauft, genauso wie zwei Vorrunden-Spieltage der Männer.

Deutsche Hockey-Teams verpassen ausgeschriebenes Ziel

Dabei hatten beide DHB-Teams ihr ausgeschriebenes Ziel - den EM-Titel - verfehlt und waren im Halbfinale ausgeschieden. Während sich die deutschen Hockey-Frauen im Spiel um Platz drei wieder berappelten und Bronze gegen England gewannen, wurden die Männer nur Vierter und blieben als Weltmeister deutlich hinter den Erwartungen.

"Es ist etwas so Besonderes für uns, mit so vielen Menschen im Rücken - das haben wir sonst nie", sagte Stürmerin Charlotte Stapenhorst, die wie alle anderen aus beiden deutschen Teams noch kein großes Turnier zu Hause gespielt hatte.

"Der Support über die letzte Woche war grandios", sagte Niklas Wellen und ergänzte: "Umso mehr tut es weh, dass wir uns, die Zuschauer und Freiwilligen nicht mit einer Medaille belohnen konnten."

Höhere Ansprüche beim Weltmeister

Die "Honamas" waren bei diesem Turnier nur schwer zu greifen. Das sonst so torgefährliche Team zeigte gerade in der Offensive Schwächen und wirkte teilweise einfallslos bei den Aufgaben, die die Gegner stellten. Vor allem im letzten Spiel, bei der Neuauflage des WM-Finales gegen Belgien, zeigte Deutschland einen schwachen Auftritt.

"Das ist für unsere Ansprüche viel zu wenig", sagte Torjäger Wellen und fasste das Turnier kurz und knapp zusammen: "Wir haben gezeigt, was unsere Stärken sind, aber noch viel deutlicher aufgezeigt bekommen, wo unsere Schwächen liegen."

Auftakt "vermurkst" - und es wurde kaum besser

Schon der Turnier-Auftakt gegen Wales war "komplett vermurkst". In allen Partien schwankte die Leistung der DHB-Auswahl, teilweise zeigte Deutschland in zwei Hälften einer Partie komplett unterschiedliche Gesichter.

Deutschlands Thies Prinz (l.) im Duell mit dem Waliser Jacop Draper (r.).

Deutschlands Thies Prinz (l.) im Duell mit dem Waliser Jacop Draper (r.).

Beim 3:0 im Vorrundenspiel gegen Europameister Niederlande, das den Titel im Finale gegen England verteidigte, blitzte Deutschlands Weltklasse erstmals auf. Doch statt auf die Leistung aufzubauen, tat sich der Weltmeister im letzten Gruppenspiel gegen Außenseiter Frankreich schwer und blieb trotz seiner Überlegenheit im Halbfinale gegen England unter seinen Möglichkeiten.

Nach WM-Titel fehlt deutschen Hockey-Männern "die Schärfe"

Für die deutschen Männer war die EM bereits das zweite Highlight in diesem Jahr. Erst vor acht Monaten hatte das Team von Bundestrainer André Henning für den ersten WM-Titel seit 17 Jahren gesorgt.

Darin sah Henning einen Grund für das schlechte Abschneiden: "Uns hat insgesamt eine gewisse Schärfe gefehlt, die uns vielleicht nach dem WM-Gewinn abhanden gekommen ist.“ Er sei sich aber sehr sicher, dass die Enttäuschung "uns diese Schärfe wiederbringen wird".

Trainer Henning - "Wollten zu viel"

Sportschau

Deutschland hatte zwar in drei Spielen nur ein Gegentor kassiert, erzielte aber im Halbfinale sowie im Spiel um Bronze keinen einzigen Treffer. Für das Team um Kapitän Mats Grambusch beginnt nun die Analyse, denn mit dem verpassten EM-Titel müssen sich die Hockey-Männer nun über ein Qualifikationsturnier im Januar für die Olympischen Spiele in Paris qualifizieren: "Das wird ein hartes Stück Arbeit. Da müssen wir unbedingt eine andere Performance zeigen."

Frauen-Bundestrainer Altenburg: "Enttäuschung extrem groß"

Frauen-Bundestrainer Valentin Altenburg konnte unterdessen mit dem Auftritt seines Teams im Großen und Ganzen zufrieden sein. Unter seiner Führung entwickelten die deutschen Hockey-Frauen in den vergangenen eineinhalb Jahren eine ausgeprägte Spielfreude und Selbstsicherheit.

Trotzdem wurde das Team nur Dritter. "Diese Mannschaft hat eine riesengroße Sehnsucht, ganz nach oben zu kommen. Bei diesem Turnier haben wir das noch nicht geschafft, deswegen war die Enttäuschung auch extrem groß." Mit dem Sieg der Europameisterschaft 2013 liegt der bislang letzte Titel bereits zehn Jahre zurück.

Hockey-Frauen mit Bronze bei Heim-EM

Obwohl der letzte Schritt, die letzte Konsequenz noch fehlte, auf den Auftritt während dieser Heim-EM können die deutschen Hockey-Frauen aufbauen. Deutschland kassierte in den fünf Turnierspielen lediglich ein Gegentor. "Wir werden konstanter. Unsere Defensive und unsere Ecken sind eine echte Waffe", sagte Kapitänin Nike Lorenz.

An der ersten echten Herausforderung gescheitert

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die deutschen Frauen dann scheiterten, als sie im Halbfinale gegen Belgien erstmals in diesem Turnier vor eine Herausforderung gestellt wurden. Schottland und Irland machten den "Danas" in der Vorrunde keine Mühe. Selbst die Engländerinnen, die sonst für ihre harten Zweikämpfe und schnellen Konter berüchtigt sind, waren ein Schatten ihrer selbst.

Gegen Belgien fehlte Deutschland vor allem zu Beginn die Beständigkeit. "Ich glaube, Konstanz ist mit Abstand das Schwierigste, was man im Sport erreichen kann und da arbeiten wir gerade dran", analysierte Lorenz. "Es ist super bitter, dass wir dieses eine Gegentor bekommen, das uns dann aus diesem Turnier rauskickt."

Nach der herben Enttäuschung im Halbfinale stellte die weibliche DHB-Auswahl unter Beweis, dass sie mental gewachsen ist. Altenburg zeigte sich mit Bronze versöhnlich: "Das letzte Spiel in einem Turnier zu gewinnen, gibt uns ein richtig gutes Gefühl, weiter an unserem Ziel zu arbeiten, ganz oben anzukommen - vorher höre ich nicht auf." Die nächste Chance dazu haben die deutschen Frauen, genauso wie die Männer, beim Qualifikationsturnier Anfang 2024.