Fußball | Premier League Robin Koch spielte mit Kopfverletzung - Spielergewerkschaft fordert neue Regeln

Stand: 21.02.2022 15:04 Uhr

Robin Koch hat in der Premier League nach einer Kopfverletzung mehrere Minuten weitergespielt und wurde später benommen ausgewechselt. Die englische Spielergewerkschaft fordert temporäre Wechsel als Konsequenz - doch die Regelhüter haben andere Pläne.

Fast 20 Minuten lang spielte Robin Koch für Leeds United weiter, nachdem er im Spiel gegen Manchester United (2:4) mit seinem Gegenspieler Scott McTominay zusammengeprallt war. In der 12. Minute lag Koch mit einer Platzwunde am Boden, anschließend kehrte er in das Spiel zurück und wurde erst in der 29. Minute offenbar benommen ausgewechselt.

Mit einer Gehirnerschütterung weiter Fußball zu spielen, kann im schlimmsten Fall Lebensgefahr bedeuten - nämlich dann, wenn es danach zu einem zweiten Schlag gegen den Kopf kommt. Die englische Spielergewerkschaft "Professional Footballers' Association" (PFA) teilte mit: "Die Verletzung von Robin Koch von Leeds United zeigt erneut, dass die aktuellen Protokolle für Gehirnerschütterungen im Fußball der Sicherheit der Spieler keine Priorität einräumen." Die Organisation stellte zudem Forderungen an das International Football Association Board (IFAB). Das IFAB ist das Gremium im Fußball, das die Regeln berät und beschließt.

Spielergewerkschaft: "Wir brauchen vorübergehende Auswechslungen"

Die PFA sprach sich deutlich für temporäre Auswechslungen aus. "Wir sehen immer wieder Spieler mit möglichen Verletzungen am Gehirn, die dann ausgewechselt werden, wenn sich die Symptome offensichtlich verschlimmern", so die PFA. "Vorübergehende Auswechslungen würden eine Spielfortsetzung ermöglichen, ohne dass ein Team in Unterzahl spielen müsste. Zudem würde der Druck auf Spieler und das medizinische Personal verringert, eine schnelle Entscheidung zu treffen." Die PFA habe dem IFAB klar gemacht, das sie die temporären Wechsel befürworte, hieß es.

Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) argumentiert in diese Richtung. Der Neurologe Claus Reinsberger, Mitglied der medizinischen Kommission des DFB, sagte der Sportschau im Oktober, dass es "medizinisch adäquat wäre, wenn die Mannschaftsärzte und die Teams die Möglichkeit zur Temporary Substitution hätten". Eine vorübergehende Auswechslung würde den Zeitdruck für die Ärzte reduzieren. "Sie hätten die Möglichkeit, den Spieler für zehn oder 15 Minuten auszuwechseln, mit in die Kabine zu nehmen, in Ruhe zu untersuchen und dann die Entscheidung zu treffen: Kann er wieder eingewechselt werden oder bleibt er draußen", sagt Reinsberger.

Leeds United teilte mit, dass die Ärzte Koch gesagt hätten, er solle sich bei Symptomen hinsetzen, dann würde er ausgewechselt werden, was später auch passierte. Die Entscheidung wurde demnach möglicherweise dem Spieler überlassen. Der Klub schrieb außerdem: Das medizinische Personal bei Leeds United habe sich stets für temporäre Auswechslungen ausgesprochen.

Regelhüter halten dauerhafte zusätzliche Wechsel für den richtigen Weg

Die Regelhüter vom IFAB beschäftigen sich seit 2020 mit dem Thema. Denn auch die UEFA hatte 2019 Maßnahmen gefordert, nachdem es in ihren Wettbewerben zu ähnlichen Vorfällen gekommen war. Die Herangehensweise ist aber eine andere als die von PFA oder DFB geforderte. "Grundsätzlich vertreten wir den Standpunkt, dass zusätzliche dauerhafte Auswechslungen der richtige Weg sind", sagt IFAB-Geschäftsführer Lukas Brud im Gespräch mit der Sportschau.

Der Grund: Bei Gehirnerschütterungen können manche Symptome erst später auftreten - nach 30 Minuten oder auch nach 72 Stunden. Die Gefahr könnte sein, dass ein Spieler mit nicht erkannter Gehirnerschütterung weiterspielt. "Wir sprechen mit Neurologen und Gehirnforschern, es kommen ständig neue Informationen zu dem Thema. Wenn es wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, die für temporäre Wechsel sprechen, würden wir uns damit beschäftigen", so Brud.

Wofür man auch ist - ein anderes Vorgehen ohne sportliche Nachteile wäre für Leeds United schon jetzt möglich gewesen.

Leeds nutzte die mögliche zusätzliche Auswechslung nicht

Denn das IFAB testet nämlich seit Mitte der Saison 2020/21 zwei verschiedene Varianten für dauerhafte Auswechslungen bei Kopfverletzungen.

  • Variante A: Es gibt eine zusätzliche Auswechslung pro Team, wenn ein Verdacht auf eine Kopfverletzung vorliegt.
  • Variante B: Es gibt zwei zusätzliche Auswechslungen pro Team, wenn ein Verdacht auf Kopfverletzungen vorliegt. Das gegnerische Team erhält zum sportlichen Ausgleich dabei ebenfalls entsprechend mehr Wechselmöglichkeiten.

Die Premier League macht bei diesen Tests in Variante B mit. Für Leeds United hätte also die Chance bestanden, Robin Koch vom Platz zu nehmen, ohne das eigene Wechselkontingent zu belasten. In England gilt immer noch eine Höchstzahl von drei Auswechslungen pro Team. Die Ausweitung der Wechselmöglichkeiten auf fünf haben in den meisten anderen Ligen etwas den Druck aus der Diskussion genommen.

Der Vorfall um Koch und die Forderungen der PFA könnten für die Regelhüter aber bald Thema werden.

IFAB-Generalversammlung diskutiert am 3. März über das Thema

Das IFAB trifft sich am 3. März 2022 per Videokonferenz zu seiner jährlichen Generalversammlung. Dort werden die fünf Auswechslungen aller Wahrscheinlichkeit nach generell möglich gemacht. Bislang war dies eine Ausnahmeregel, um die Belastung der Spielerinnen und Spieler in der Pandemie besser steuern zu können. Die Generalversammlung ist der einzige Termin im Jahr, bei dem dauerhafte Regeländerungen beschlossen werden können. Bei den Abstimmungen haben die "Heimatverbände" England, Schottland, Wales und Nordirland jeweils eine Stimme, die FIFA vier.

Das Thema Auswechslungen und Kopfverletzungen steht nur als Diskussionspunkt auf der Tagesordnung, hierzu will das IFAB noch Ergebnisse der Tests abwarten und frühestens im Frühjahr 2023 eine Entscheidung treffen.

Koch: "Ich fühle mich besser"

Für Robin Koch steht zunächst seine Genesung im Mittelpunkt. Bei Twitter schrieb er: "Danke an das medizinische Personal für die gute Behandlung. Ich fühle mich heute viel besser und werde bald zurück sein."