Der spanische Nationaltrainer Jorge Vilda (l) und Spielerin Ona Battle (r)

Aufruhr im spanischen Fußball Nationalspielerinnen rebellieren gegen Coach Vilda

Stand: 23.09.2022 22:05 Uhr

In der spanischen Fußball-Nationalmannschaft der Frauen ist der seit Wochen schwelende Streit um Trainer Jorge Vilda eskaliert. 15 Spielerinnen wollen nicht mehr unter dem Coach spielen, auch Spaniens Spielführerin Irene Paredes räumte Unstimmigkeiten ein. Der Verband kritisierte das Verhalten der Spielerinnen und forderte sogar eine Entschuldigung.

Wie der nationale Verband RFEF mitteilte, seien im Laufe des Donnerstags (22.09.2022) 15 Nationalspielerinnen mit E-Mails in gleichem Wortlaut zurückgetreten. Die Spielerinnen, so hieß es vom Verband, sollen in dem Schreiben eine "Umkehrung der Zustände" gefordert haben, ansonsten würden sie nicht mehr für das spanische Nationalteam auflaufen, hieß es weiter. Dies interpretierte der Verband als Ultimatum, Trainer Jorge Vilda und dessen Stab freizustellen.

Es ist eine Darstellung, der die Spielerinnen noch am Donnerstagabend energisch widersprochen haben. In einer Mitteilung, die auch Star-Spielerin Alexia Putellas auf Twitter teilte, heißt es: "Wir haben nie die Entlassung des Trainers gefordert, wie behauptet wurde." Und zurückgetreten sei auch niemand.

Zuvor hatte bereits das spanische Webportals "El Confidencial" berichtet, es sei unklar, ob die vom Verband verbreitete Darstellung korrekt ist. "El Confidencial" zitierte die WhatsApp-Nachricht einer der beteiligten Spielerinnen, wonach der Verband den Massenrücktritt erfunden habe.

Rücktritt oder nicht? Widersprüchliche Darstellungen

Der Radiosender Cadena SER berief sich auf den Wortlaut der von den Spielerinnen verfassten E-Mail, darin sei von einem Rücktritt nicht die Rede. Demnach hätten die Spielerinnen geäußert, dass sie die "jüngsten Ereignisse in der spanischen Nationalmannschaft und die dadurch entstandene Situation" belasteten. Ihr "emotionaler Zustand" und "damit die Gesundheit" seien beeinträchtigt, so zitierte Cadena SER aus der Mail an den Verband.

Aus diesen Gründen, so hieß es weiter, seien die Spielerinnen derzeit nicht in der Lage, "für unsere Nationalmannschaft in Frage zu kommen". Sie äußerten den Wunsch, "nicht einberufen zu werden, bis sich diese Situation geändert hat."

Konflikt mit Vilda schwelt seit Wochen

Die Zeitung "Sport" schrieb vom "Erdbeben beim Frauen-Team". Der Konflikt mit dem Coach schwelt aber bereits seit mehreren Wochen. Viele Spielerinnen halten Vilda für nicht qualifiziert genug. Zwölf der Spielerinnen, die sich nun offen gegen den Coach gestellt haben, gehörten im Sommer zum EM-Kader, neun von ihnen standen beim 0:2 im Gruppenspiel gegen Deutschland in der Startelf.

Zu ihnen zählen laut Medienberichten die England-Profis Ona Battle, Lucia Garcia, Laia Aleixandri und Leila Ouahabi, außerdem sechs Nationalspielerinnen vom FC Barcelona, darunter Torhüterin Sandra Panos, Spielmacherin Patri Guijarro, Mapi Leon und Angreiferin Mariona Caldentey.

Vorstoß auch von Stars Putellas und Paredes unterstützt

Barça-Star Putellas soll laut einem Bericht des Radiosenders COPE nicht zum Kreis der zurückgetretenen Spielerinnen gehören. Die Weltfußballerin ist allerdings nach wie vor verletzt. Als sich die Spielerinnen vor drei Wochen an den spanischen Verbandspräsidenten gewandt und die Probleme mit Coach Vilda öffentlich gemacht hatten, auf einer Pressekonferenz vor einem Länderspiel, hatte aber auch Putellas via Social Media ihre Unterstützung signalisiert.

Spaniens Kapitänin Irene Paredes hatte auf der Pressekonferenz betont, die Spielerinnen hätten nicht den Rücktritt des Trainers gefordert. Der Protest der Spielerinnen, so Paredes, würde aber von der gesamten Mannschaft mitgetragen.

Spaniens Nationalspielerinnen um Torschützin Irene Paredes (2.v.l.) bejubeln einen Treffer.

Spaniens Nationalspielerinnen um Irene Paredes (2.v.l.)

Verbandspräsident Luis Rubiales habe ihnen daraufhin auch Veränderungen zugesichert, berichtete der Guardian. Demnach habe Rubiales den Trainer mit den Vorwürfen der Spielerinnen konfrontiert, Vilda habe aber einen Rücktritt ausgeschlossen.

Spaniens Verband deckt Trainer: "Schädliches" Verhalten der Spielerinnen

Offenbar zündeten die Spielerinnen daraufhin nun die nächste Eskalationsstufe. Ana Alvarez, bei der RFEF zuständig für Frauenfußball, sprach von einer "ernsten Angelegenheit", betonte aber zugleich: "Die Spielerinnen sind nicht schlecht behandelt worden, ganz und gar nicht."

Der Verband stellte sich vorerst hinter den Coach und erhöhte seinerseits den Druck auf die Spielerinnen, mit deutlicher Kritik: Die RFEF werde es ihnen "nicht gestatten, die Kontinuität des Nationaltrainers und seines Trainerstabs in Frage zu stellen, da derartige Entscheidungen nicht in ihren Zuständigkeitsbereich fallen", hieß es in einer Stellungnahme.

Deren Vorgehensweise entspreche "nicht den Werten des Fußballs" und sei vielmehr sogar "schädlich", betonte der Verband. Nach geltendem spanischen Recht drohe den Spielerinnen eine Sperre von zwei bis fünf Jahren.

Die Nationalmannschaft solle nun notfalls mit Jugendspielerinnen aufgefüllt werden, Hauptsache diese seien "engagiert", so RFEF: "Das ist eine Frage der Würde." Eine Rückkehr der Spielerinnen sei nur dann möglich, wenn diese ihren Fehler einsehen und sich entschuldigen würden.