Neu beim FC Barcelona: Stürmer-Star Robert Lewandowski

Transfer trotz Schulden Lewandowski und andere Transfers - so macht der FC Barcelona das

Stand: 20.07.2022 10:52 Uhr

Wie der extrem hoch verschuldete FC Barcelona sich Robert Lewandowski und weitere teure Transfers leisten kann, fragte sich nun auch Julian Nagelsmann. Die Antwort gibt es hier.

Vor einem Jahr musste der FC Barcelona Lionel Messi ziehen lassen, weil er sich das Gehalt seines Superstars nicht mehr leisten konnte. 1,35 Milliarden Euro Schulden lasteten nach eigenen Angaben auf dem Klub. Die Goldenen Zeiten schienen vorerst vorbei.

Jetzt aber verpflichtet Barcelona den FIFA-Weltfußballer der Jahre 2020 und 2021, Robert Lewandowski. Den Torjäger aus seinem bis 2023 laufenden Vertrag zu holen, hat den Verein 45 Millionen Euro plus möglicher Bonuszahlungen von fünf Millionen Euro gekostet. Hinzu kommt das sicherlich üppige Gehalt im Vierjahresvertrag.

Zuvor hatte Barcelona bereits Rechtsaußen Raphinha von Leeds United für 55 Millionen Euro plus Bonuszahlungen verpflichtet. Franck Kessié (vom AC Mailand) und Andreas Christensen (vom FC Chelsea) kamen zwar ablösefrei, dürften aber ebenfalls hohe Gehaltszahlungen ausgehandelt haben.

"Es ist nicht nur Lewy, sie kaufen viele Spieler – ich weiß nicht, wie. Es ist der einzige Klub in der Welt, der kein Geld hat, aber jeden Spieler kauft, den er will. Es ist irgendwie komisch, irgendwie verrückt", sagte Julian Nagelsmann am Dienstag (19.07.2022, Ortszeit) während der PR-Tour des FC Bayern in den USA. Dem Trainer der Münchner, die in den Jahren der Pandemie ebenfalls extrem viel Geld in Ablösen und neue Verträge steckten, kann mit einem Thread des Twitter-Users @SwissRamble geholfen werden, der sich seit vielen Jahren mit Bilanzen und Entwicklungen bei Fußballklubs beschäftigt und dessen Expertise hoch geschätzt wird.

Verkauf von Tafelsilber

Der FC Barcelona mischt also wieder mit im obersten Regal der Transfers - und tut dies mit sehr hohem Risiko. Die Maßnahmen, die dem Klub diese Investitionen ermöglichen, sind zum größten Teil eine gewaltige Hypothek für die Zukunft. Denn die Verantwortlichen veräußern auch das Tafelsilber: Sie planen, bis zu 25 Prozent der TV-Rechte für längstens 25 Jahre und 49,9 Prozent der Fanartikel-Geschäfte abzutreten. Die ersten Geschäfte sind bereits fix, so hat sich die Investmentfirma Sixth Street zehn Prozent der Barca-Fernsehrechte 207,5 Millionen Euro kosten lassen.

Insgesamt will Barcelona mehr als 600 Millionen Euro einnehmen und dadurch die Bilanz der abgelaufenen Saison aufbessern. So kann der Klub die Auflagen des spanischen Ligaverbandes LFP umgehen, nach denen er für jeden Euro zusätzlicher Gehaltsausgaben drei Euro bei den Gehältern einsparen muss. Mit dieser Auflage wären namhafte Zugänge kaum möglich gewesen.

Frenkie de Jong will bleiben

Zwar haben einige Spieler geringere Gehälter akzeptiert oder zu schlechteren Konditionen verlängert (wie zuletzt Ousmane Dembélé), aber prominente Abgänge gibt es bisher wenige. Philippe Coutinho wechselt zu Aston Villa, Dani Alves' Vertrag ist ausgelaufen, Francisco Trincao (Sporting Lissabon) und Clement Lenglet (Tottenham) wechseln auf Leihbasis. Mittelfeldspieler Frenkie de Jong soll noch für viele Millionen an Manchester United abgegeben werden, besteht aber aktuell auf seinem Verbleib in Barcelona.

Neuer Sponsor, neue Einnahmequellen, neue Schulden

So muss die Geschäftsführung kreativ bleiben. Dem Musikstreaming-Anbieter Spotify haben sie 435 Millionen Euro dafür entlockt, dass der Firmenname künftig auf den Trikots prangt und im Namen des Stadions enthalten ist. Das "Spotify Camp Nou" soll außerdem zusätzliches Geld bringen, indem dort Hobbyspieler kicken dürfen - für 300 Euro pro Teilnehmer. Auch Hochzeiten im Stadion sind möglich und kosten bis zu 13.500 Euro.

Auf der anderen Seite sorgt das Stadion für einen weiteren enormen Schuldenberg. Es wird bis in die Saison 2025/26 hinein saniert und modernisiert, in der kommenden Saison trägt der FC Barcelona seine Heimspiele ersatzweise im Olympiastadion Lluis Companys vor maximal 55.000 Zuschauern aus. Kostenpunkt für die Bauarbeiten am Camp Nou: bis zu 1,5 Milliarden Euro. Die Finanzierung, sagte Präsident Joan Laporta, sei in Gänze durch Kredite gesichert.

Rettungsanker Super League

Auch diese Investition wird den Klub noch lange belasten - genauso wie der Kredit über 595 Millionen Euro, den die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs zur Bewältigung der akuten Krise zur Verfügung gestellt hat. Auch Ablösesummen und Gehaltszahlungen sind mitunter so gestückelt, dass Teile der Ausgaben erst in der Zukunft fällig werden. Die Idee dahinter: aktuell wettbewerbsfähig bleiben, um weiter die hohen Einnahmen aus der Champions League zu kassieren. Und langfristig dann besser wirtschaften und die Schulden abbauen.

Oder aber: Darauf hoffen, dass aus der zunächst gescheiterten Super League doch noch etwas wird. Barcelona ist neben Real Madrid und Juventus Turin einer der übrig gebliebenen Spitzenklubs, die das heiß umstrittene Projekt einer privaten europäischen Liga weiter vorantreiben. Sie fechten die Monopolstellung von UEFA und FIFA an, internationale Wettbewerbe zu veranstalten. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs wird für Anfang 2023 erwartet.

Als Gründungsmitglieder könnten die Klubs die Regeln einer neuen Super League mitgestalten und so sicherstellen, dass sie zuverlässig hohe Einnahmen generieren. Der Widerstand war unter Spielern, Funktionären und Fans allerdings groß, als zwölf Spitzenklubs aus England, Italien und Spanien die Gründung der Super League im April 2021 überraschend verkündet hatten.

Lewandowski - auch ein Symbol

Bei allen Rechnereien - die Verpflichtung von Lewandowski hat einen emotionalen Aspekt. Der Pole wird Barcelona mit seinen 34 Jahren wohl keinen gewinnbringenden Weiterverkauf mehr ermöglichen. Aber er bringt dem Klub und den Fans nach all den negativen Schlagzeilen und sportlichen Rückschlägen wieder Hoffnung. Die Strahlkraft des legendären Klubs scheint immer noch zu wirken - und natürlich bringt Lewandowski viel Qualität und Erfahrung in den Kader.

So könnte es also tatsächlich wieder etwas werden mit Titeln in Spanien und vorderen Plätzen in der Champions League. Allerdings ist der Klub durch seine riskante Wette auf sprudelnde Einnahmen auch zum Siegen verdammt.