Bastian Schweinsteiger ard

WM-Kritik nach 1:2 gegen Japan Schweinsteiger zerlegt Süle und DFB-Team

Stand: 23.11.2022 20:01 Uhr

Sportschau-Experte Bastian Schweinsteiger legt nach der WM-Niederlage gegen Japan in Katar den Finger in die Wunden der deutschen Nationalelf. Im Zentrum seiner Kritik: Niklas Süle.

Mit Abpfiff der 1:2-Niederlage der DFB-Elf gegen Japan begann am Mittwoch (23.11.2022) die Suche nach den Gründen für den verpatzten WM-Auftakt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Die Kurz-Zusammenfassung aller Beteiligten lautete: vorne die Tore nicht gemacht, hinten zu viele Patzer eingebaut.

"Wir haben zu viele Chancen liegengelassen und nicht gut verteidigt", fasste Torhüter Manuel Neuer stellvertretend zusammen. Kann man so stehen lassen. Sein ehemaliger Mitspieler Bastian Schweinsteiger ging in seiner Analyse aber noch einen Schritt weiter. Überdeutlich zeigte der Sportschau-Experte die Defizite der Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick auf.

Schweinsteiger rechnet mit DFB-Elf ab

"Diese Fehler, die wir heute gesehen haben, sind kein Zufall. Das war heute die nackte Wahrheit", sagte Schweinsteiger und sprach in der Sportschau von einem letztlich verdienten Sieg der Japaner: "Sie haben aufopferungsvoll gekämpft und der deutschen Elf den Schneid abgekauft."

Seine düstere Prognose fürs Flick-Team dagegen: "Solange sie solche Fehler machen, werden sie Spiele verlieren." Heißt: Deutschland droht das WM-Aus. Aber was genau ist falsch gelaufen?

Deutliche Kritik an Verteidiger Niklas Süle

Laut Schweinsteiger eine ganze Menge. Der Weltmeister von 2014, inzwischen 38 Jahre alt, listete nach der Partie gleich eine ganz Reihe an Unzulänglichkeiten auf und scheute sich nicht, auch mit einzelnen Spielern hart ins Gericht zu gehen.

Besonders zu spüren bekam das Rechtsverteidiger Niklas Süle, der laut Schweinsteiger beide Gegentore mit krassen Fehlern erst ermöglicht hatte. "Das war ganz, ganz schlecht", polterte Schweinsteiger und stellte Süle ein vernichtendes Zeugnis aus.

Süle an beiden Gegentoren beteiligt

Beim ersten Gegentreffer durch den Freiburger Ritsu Doan hatte Süle Vorbereiter Kaoru Mitoma quasi in den eigenen Strafraum eingeladen, beim zweiten Gegentreffer durch den Bochumer Takuma Asano hatte er durch völlig falsches Stellungsspiel das Abseits aufgehoben.

"Wenn jemand im Eins-gegen-eins auf dich zukommt, dann lässt du ihn nicht nach innen laufen, sondern machst die Innenbahn zu", schimpfte Schweinsteiger über Fehler Nummer eins. "Der Außenverteidiger muss sehen, dass er rausschieben muss", ergänzte er zu Fehler Nummer zwei.

Antonio Rüdiger und Nebenmann Nico Schlotterbeck waren vor dem 1:2 herausgerückt und hatten auf Abseits gespielt. Da Süle dieses jedoch aufhob, konnte Asano alleine in Richtung Tor laufen. "Das darf nie passieren, das muss er sehen", so Schweinsteiger: "Das ist ein klassischer, richtig schwerer Abwehrfehler."

DFB-Elf lässt gegen Japan zu viele Chancen liegen

Aber auch die anderen Mannschaftsteile bekamen ihr Fett weg. Der offensichtlichste Makel der DFB-Elf, das bestätigte auch Schweinsteiger, war die mangelnde Kaltschnäuzigkeit in der Offensive. Serge Gnabry und Ilkay Gündogan trafen den Pfosten, Jamal Musiala ließ eine Hundertprozentige liegen. Auch Jonas Hofmann hätte einen Treffer erzielen können. "Wenn sie das 2:0 machen, reden wir anders. Aber sie haben es halt nicht gemacht."

Trainer von Japan trickst Deutschland aus

Die entscheidende Wendung habe die Partie deshalb in der Halbzeitpause genommen, betonte Schweinsteiger. Die Umstellung des japanischen Trainers Hajime Moriyasu, der trotz Rückstands einen Innenverteidiger für einen Außenstürmer gebracht und von Vierer- auf Dreierkette umgestellt hatte, sei der Anfang vom Ende der DFB-Elf gewesen.

Japan stärkte die Defensive, sorgte gleichzeitig für mehr Präsenz in der Offensive und stellte das Team von Bundestrainer Hansi Flick damit vor große Probleme. "Sie haben keine Lösung gefunden", so Schweinsteiger.

Schweinsteiger: "Japan hat Deutschland den Zahn gezogen"

Besonders gravierend sei gewesen, dass es die deutsche Mannschaft nicht mehr schaffte, sich aus der Umklammerung der Japaner zu lösen und viel zu viele Bälle im Spielaufbau verlor. Zu wenige Spieler, die den Ball wollten. Zu wenige klare Pässe. Zu viel Angst.

"Das Team hat nicht die Qualität, von hinten raus zu spielen. Japan hat ihnen einfach den Zahn gezogen", bemängelte Schweinsteiger, der zudem vergeblich einen echten Anführer suchte. "Es fehlt ein Spieler, der das Kommando übernimmt. Da fehlt Körpersprache. Da fehlen Spieler, die sich reinwerfen und auch mal böse sind." Kurzum: Gegen Japan fehlte es an allem.

Das Spiel spiegelt den aktuellen Leistungsstand des DFB-Teams

Doch wie geht es jetzt weiter? Klar ist, dass gegen Spanien eine deutliche Steigerung und ein Sieg her muss, sonst ist das zweite frühe WM-Aus in Serie bereits besiegelt. "Es ist enttäuschend, dass so ein Spiel verloren wird. Aber das zeigt, wo Deutschland steht", fasste Schweinsteiger zusammen. "Das ist die Wahrheit." Eine bittere Wahrheit.