Englands Harry Kane jubelt nach einem Treffer

FIFA WM 2022 - Teamcheck England - God save the Kane

Stand: 10.11.2022 16:46 Uhr

Nach dem EM-Finaltrauma von 2021 will England in Katar erneut nach einem großen Titel greifen. Die "Three Lions" zählen zu den Favoriten - vor allem dank eines Mannes: Kapitän Harry Kane.

Der Trainer

Im Juli 2021 führte Gareth Southgate (52) die englische Nationalmannschaft ins EM-Finale, das sie im Elfmeterschießen gegen Italien verlor. Der talentierten Mannschaft und ihrem Trainer wurde eine glorreiche Zukunft vorausgesagt.

Inzwischen wird Southgates Eignung als Nationaltrainer stark angezweifelt. In der Nations League hat die Mannschaft die höchste Heimniederlage seit 94 Jahren hinnehmen müssen – 0:4 gegen Ungarn. Southgate wurde ausgebuht. Es hieß, er sei keiner für die "crunch time", er lasse trotz vieler Kreativspieler langweilig spielen. Die Boulevardzeitung "The Sun" schrieb gar, er habe das taktische Verständnis eines Zitronenbonbons. Der frühere Verteidiger sei "gut in manchen Dingen - eine Fußball-Mannschaft zu trainieren gehört nicht dazu".

Steht in Katar unter Druck: Englands Nationalcoach Gareth Southgate

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Zumindest nach außen bleibt Southgate unbeirrt. "Ich glaube, ich bin die richtige Person, um die Mannschaft in das Turnier zu führen." Im Sommer erinnerte er an Sir Bobby Robson, der vor der WM 1990 verspottet worden war und die Three Lions schließlich bis ins Halbfinale coachte, wo sie gegen Deutschland knapp scheiterten. "Ich weiß, wo Sir Bobby damals durchgehen musste", sagte Southgate. "Am Ende werde ich an Turniererfolgen gemessen."

Der Star

Englands Hoffnungen ruhen auf Kapitän Harry Kane. Seit Jahren ist der Angreifer von Tottenham Hotspur einer der treffsichersten Spieler in der Premier League. Dabei hielten ihn nicht wenige Experten für ein One-Hit-Wonder, als er in der Saison 2014/2015 seinen Durchbruch in Englands höchster Spielklasse schaffte (34 Spiele, 21 Tore).

Bei der Weltmeisterschaft 2018 in Russland wurde er mit sechs Treffern Torschützenkönig. In der WM-Qualifikation für Katar traf er in acht Spielen zwölf Mal. Niemand war in der europäischen Qualifikation erfolgreicher (Memphis Depay schoss für die Niederlande ebenfalls zwölf Tore).

Insgesamt hat Kane für die "Three Lions" 51 Tore erzielt. Der 29-Jährige liegt damit nur noch zwei Treffer hinter Wayne Rooney, der den "ewigen" Rekord als erfolgreichsten Torjäger in Englands Geschichte hält. "Seine Quote ist phänomenal", sagt Teammanager Gareth Southgate. Aber die Abhängigkeit von Kane bereite ihm Sorgen.

Kane selbst sagte angesichts des Abstieges in der Nations League: "Wir verfallen nicht in Panik". Als Mutmacher diene das spektakuläre 3:3 Ende September gegen die DFB-Elf, als "das wahre England" ein 0:2 binnen zwölf Minuten in ein 3:2 verwandelte. "Wir können mit einem guten Gefühl zur WM fahren“" sagte der Stürmerstar.

Players to watch

England hat eine Vielzahl hochveranlagter Spieler, die in ihren Vereinen trotz ihres jungen Alters zu den prägenden Figuren gehören. Mittelfeldstratege Jude Bellingham beispielsweise ist mit 19 der Anführer im Spiel von Borussia Dortmund. Der 22-jährige Flügelstürmer Phil Foden von Manchester City gehört ebenso zu den Topscorern der Premier League wie Bukayo Saka, 21, vom FC Arsenal. Saka hat maßgeblichen Anteil daran, dass sich die "Gunners" vom Trümmerhaufen zum Titelkandidaten entwickelt haben. Im EM-Finale 2021 verschoss der Flügelspieler den letzten Elfmeter. Danach wurde er immer wieder rassistisch beleidigt. In dieser Saison ist er einer der besten Spieler der Liga, auf den es auch in Katar zu achten gilt. Saka hat unter anderem den Ex-Dortmunder Jadon Sancho verdrängt, der im Aufgebot fehlt.

Will auch in bei der WM wieder für Wirbel sorgen: Englands Phil Foden

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Das Besondere

Gleich zum Auftakt der WM-Endrunde wird es zu einer Premiere kommen, denn ein Länderspiel zwischen England und dem Iran hat es bisher noch nicht gegeben.

Und anders als in den vergangenen 70 Jahren huldigen die englischen Spieler, Trainer und Fans in ihrer Nationalhymne dann nicht mehr Queen Elizabeth II., die im September verstorben ist, sondern König Charles III. In den katarischen Stadien wird also nicht "God save the Queen", sondern "God save the King" zu hören sein.

Die WM-Chancen

Anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 1996 in England haben die Lightning Seeds erstmals in ihrem inzwischen weltberühmten Song "Three Lions" die "30 years of hurt" besungen. Mittlerweile sind 56 Jahre des Schmerzes daraus geworden und angesichts der Formschwäche der Engländer muss man davon ausgehen, dass weitere Jahre dazukommen werden. Zwar ist die Mannschaft wie so oft mit Weltklasse-Spielern besetzt, aber egal wie golden die Generationen waren, seit 1966 ist es noch immer schiefgegangen. "Es gibt drei Probleme bei den Three Lions", kommentierte die Daily Mail nach dem jüngsten Abstieg in der Nations League: "Die Abwehr, das Mittelfeld und den Angriff."

Aber: England stand bei der WM 2018 im Halbfinale und bei der EM 2021 im Finale. Das ist keiner anderen Mannschaft gelungen. Southgate hat bewiesen, dass er die Fähigkeiten eines Turniermanagers besitzt. Insofern gehört England wie bei jedem großen Turnier zum erweiterten Favoritenkreis.

Der Kader

Tor: Jordan Pickford (FC Everton), Aaron Ramsdale (FC Arsenal), Nick Pope (Newcastle United)

Abwehr: Trent Alexander-Arnold (FC Liverpool), Conor Coady (FC Everton), Eric Dier (Tottenham Hotspur), Harry Maguire (Manchester United), Luke Shaw (Manchester United), John Stones (Manchester City), Ben White (FC Arsenal), Kieran Trippier (Newcastle United), Kyle Walker (Manchester City)

Mittelfeld: Jude Bellingham (Borussia Dortmund, Mason Mount (FC Chelsea), Jordan Henderson (FC Liverpool, Declan Rice (West Ham United), Conor Gallagher (FC Chelsea), Kalvin Phillips (Manchester City)

Angriff: Marcus Rashford (Manchester United), Phil Foden (Manchester City), Jack Grealish (Manchester City), Harry Kane (Tottenham Hotspur), Bukayo Saka (FC Arsenal), Raheem Sterling (FC Chelsea), Callum Wilson (Newcastle United), James Maddison (Leicester City)