Fußball | Champions League Lukaku und der FC Chelsea: Vom Rekordtransfer zum Problemfall

Stand: 21.02.2022 19:29 Uhr

In Romelu Lukaku hatte der FC Chelsea vor der Saison große Hoffnungen gesetzt, doch der Rekordtransfer kommt bei den "Blues" nicht zurecht. Was auch an Thomas Tuchels Spielsystem liegt.

Zuletzt hatten es die Statistiker sehr, sehr leicht mit Romelu Lukaku. Im Spiel bei Crystal Palace kam der Stürmer des FC Chelsea über die komplette Spielzeit auf gerade mal sieben Ballberührungen – eine davon zum Start der ersten Halbzeit beim Anstoß.

Negativrekord in der Premier League

Damit stellte der Belgier beim 1:0-Sieg seines Teams einen neuen Negativrekord in der Premier League auf. Seit Beginn der Datenerfassung kam kein Spieler, der nicht ein- oder ausgewechselt wurde, auf weniger Ballkontakte.

Dass Chelsea-Trainer Thomas Tuchel den 28-Jährigen über die kompletten 90 Minuten auf dem Rasen ließ, grenzt an ein Wunder. Doch er wird sich überlegen, ob er ihn auch am Dienstag (22.02.2022) von Beginn an aufs Feld schickt. Denn dann müssen die "Blues" im Achtelfinale der Champions League daheim gegen den französischen Meister OSC Lille ran. Und wenn Chelsea seinen Titel verteidigen will, dann müssen möglichst schon im Hinspiel Tore her.

Erst fünf Tore in der Liga

Von denen Lukaku zurzeit allerdings recht wenige schießt. Erst im Sommer war er von Inter Mailand zurück an die Stamford Bridge gewechselt. Und mit dem bulligen, torgefährlichen und pfeilschnellen Lukaku schien Chelsea genau den Stürmer gefunden zu haben, der ihm noch fehlte.

Doch in 17 Ligaspielen gelangen ihm gerade mal fünf Treffer – viel zu wenig für einen Mann der satte 115 Millionen Euro gekostet hat und der teuerster Transfer der Vereinsgeschichte ist.

Tuchel kann sich die Leistung seines hochdotierten Star-Stürmers bei Crystal Palace nicht erklären. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll", sagte er und war ratlos: "Es sagt aus, dass er offenbar nicht beteiligt war und sich heute nicht hervortun konnte."

Ab und an vollkommen deplatziert

Wenn ein Spiel so komplett an einem Mann wie Lukaku vorbeiläuft, dann sind Trainer und Mitspieler daran nicht immer ganz unschuldig. Der belgische Nationalspieler liebt es, wenn das Spiel auf ihn zugeschnitten und er die zentrale Anspielstation ist, die mit Flanken nur so gefüttert wird.

So war es bei Inter Mailand. Dort erzielte Lukaku in der Saison 2020/21 satte 24 Tore in 36 Spielen der Serie A. Im Jahr zuvor war die Quote ähnlich hoch.

Das Spiel der Londoner ist allerdings viel weniger auf Flanken und Umschaltaktionen ausgelegt, bei denen Lukakus Schnelligkeit, seine körperliche Wucht oder sein Kopfballspiel zum Tragen kommen. So wirkt er im Offensivspiel des FC Chelsea ab und an vollkommen deplatziert.

Tuchel: "Keine Änderung im System"

Tuchel sieht es aber nun überhaupt nicht ein, seinen Stil und seine Taktik zugunsten seines Millionen-Mannes umzustellen. "Es gibt für ihn keine Änderung im System", erklärte der Trainer und nahm  auch den Rest der Mannschaft aus der Pflicht. "Ich bin mir nicht sicher, ob es soviel über uns allgemein aussagt", sagte Tuchel mit Blick auf Lukakus sieben Ballkontakte bei Crystal Palace.

Das sieht Lukaku vollkommen anders. Schon an Silvester hatte er in einem Interview mit "Sky Sport Italia" gesagt, dass er bei Chelsea und unter Tuchel "nicht glücklich" mit Spielstil und Taktik sei und "wirklich hoffe", wieder für sein Ex-Team Inter Mailand spielen zu können. Tuchel habe sich entschieden, ein System zu spielen, das ihm nicht liege.

Heikles Interview

Das kam nicht gut an. Lukaku wurde für das Topspiel gegen den FC Liverpool (2:2) als Disziplinarmaßnahme aus dem Kader gestrichen. Zudem soll es nach italienischen Medienberichten eine Geldstrafe von etwa 500.000 Euro gegeben haben. Er entschuldigte sich zwar hinterher, doch das Verhältnis zu Tuchel gilt seitdem als belastet, auch wenn der sich alle Mühe gab, die Sache kleinzureden. Klar ist: Lukaku droht für Tuchel zum Problemfall zu werden - wenn er es nicht schon ist.

Doch noch nimmt er seinen formschwachen Stürmer in Schutz. "Es ist nicht das, was wir wollen und nicht das, was Romelu will", sagte Tuchel. Eine Lösung dafür habe er aber noch nicht gefunden, so der 48-Jährige. Für das Spiel gegen Lille könnte es die Lösung sein, Lukaku auf die Bank zu setzen. Experten in England sehen den deutschen Nationalspieler Timo Werner in der Startelf.