Nach Niederlage gegen Leipzig BVB - braver Abstand auf die Bayern

Stand: 07.11.2021 08:40 Uhr

Borussia Dortmund verliert zum dritten Mal in dieser Saison. Die Offensive ist personell gebeutelt und zu schwach, um die Fehler in der Defensive, vor allem in den Zweikämpfen, zu kompensieren. Nun zeigt sich auch in der Tabelle langsam der Unterschied zum FC Bayern.

Allmählich komme RB Leipzig in die Tabellenregion, "wo wir hingehören", brüllte der Stadionsprecher in sein Mikrofon, als die Anzeigetafel nach dem 2:1-Sieg gegen Borussia Dortmund den fünften Platz auswies.

Höherer Erfolg wäre möglich gewesen

Der Frage der Sportschau, wo RB Leipzig denn hingehöre, vor allem mit Blick auf den FC Bayern und den BVB, wich Jesse Marsch aus. Der Leipziger Trainer lobte allein seine Mannschaft, stellte heraus, dass sie nicht nur gegen, sondern auch mit dem Ball "in jeder Phase" gut gespielt habe. Einem Reporter, der anmerkte, der Sieg habe "wie eine Befreiung" gewirkt, fiel er gerne ins Wort: "Ja!"

Ein bisschen höher hätte der Erfolg ausfallen müssen, hatte Marsch vorangestellt, und niemand, der die Partie sah, wird ihm widersprechen.

Nur einen Punkt Rückstand wies der BVB vor dem elften Spieltag auf Tabellenführer Bayern München auf, und nach den beiden Niederlagen in der Champions League gegen Ajax Amsterdam war die Frage, in welcher Kategorie die Dortmunder einzuordnen sind. Braver Zweiter bis Vierter, der mit der erneuten Qualifikation für die Champions League zufrieden ist? Oder ernsthafter Herausforderer des FC Bayern?

Defensivschwächen und der fehlende Haaland

Trotz des dünnen Rückstands auf die Münchner vor dem Anpfiff schien diese Frage schon verwegen, und das Spiel in der Leipziger Arena verfestigte diesen Eindruck. Der BVB hinkt den Münchnern hinterher, weil die Offensive ohne den verletzten Stürmer Erling Haaland die vor allem durch Zweikampfschwäche hervorgerufene Schwäche in der Defensive nicht kompensieren kann.

Auch Trainer Marco Rose wich einer Frage aus, und zwar der nach den Problemen in der Defensive. Zuletzt sei darüber nicht mehr gesprochen worden, so Rose, weil der BVB etwa 2:0 gegen den 1. FC Köln gewonnen habe. Aber dieses Spiel kann nicht überdecken, dass elf Mannschaften in der Bundesliga nach einem Drittel der Saison weniger oder gleich viele Tore wie der BVB kassiert haben - 17. Sogar der Tabellenvorletzte Arminia Bielefeld weist nur 16 Gegentore auf. 

Gleiches System - anders umgesetzt

Beim Topspiel am Samstagabend (06.11.2021) in Leipzig setzten beide Trainer auf ein flexibles 3-4-2-1-System, das auch als 3-3-2-2 ausgelegt werden konnte. Natürliche Überzahlsituationen ergaben sich jedenfalls nicht. Leipzig stand mit den Mannschaftsteilen allerdings enger zusammen und auch insgesamt weiter vorne.

Dies war nicht ausschlaggebend für die deutliche Überlegenheit in der ersten Halbzeit. Sie wurde durch viele Fehlpässe und Ballverluste der Dortmunder hervorgerufen, die zudem nie den Mut besaßen, das Pressing der Leipziger überspielen zu wollen. "Wir waren nicht gut im Spiel, hatten keine Kontrolle, keine Tiefe und wenig Zug zum Tor. Die Pässe waren sehr unsauber", kritisierte Rose.

Systemumstellung zur Pause

Spielzüge, die antrainiert wirkten, waren nicht zu sehen. Das hatte auch den banalen Grund, dass eben Haaland fehlte. Donyell Malen, der ihn als zentraler Stürmer ersetzte, ist eher ein Flügelstürmer. Gegen die Dreierkette der Leipziger war Malen nie in der Lage, in den Raum hinter sie zu kommen, wie es Christopher Nkunku beim 1:0 auf der Gegenseite schaffte, begünstigt auch durch einen Stellungsfehler von Manuel Akanji.

Roses Idee für die zweite Halbzeit war die Einwechslung von Ansgar Knauff, der in den vergangenen Monaten nicht sonderlich mit guten Leistungen aufgefallen war. Er kam für Marin Pongracic, Dortmunds Trainer stellte auf ein 4-3-3 um, Malen wich auf den rechten Flügel, Marco Reus ins Sturmzentrum.

Reus kritisiert die Taktik

Er brauchte sieben Minuten in der zweiten Halbzeit, um den Weg hinter die Kette zu finden und den Ausgleich zu erzielen. Dieses Tor sei ihm egal, sagte der Kapitän, der beim Bezahlsender "Sky" bemerkenswerte Kritik an der Taktik loswurde. Zur Umstellung auf die Viererkette sagte Reus: "Das liegt uns deutlich besser, weil wir da viel aktiver sind als in der Fünferkette. Zudem haben wir in der Fünferkette einen Mann weniger im Zentrum, der mit uns pressen kann. Damit kommen wir gar nicht klar, das muss man ganz klar sagen."

EInmal in Fahrt, zog Reus weiter vom Leder: "Es war eine verdiente Niederlage, und es ist bitter, dass sie so zustande gekommen ist. Wir haben weniger Zweikämpfe gewonnen, und wir haben weniger Torchancen erzwungen. Für mich ist ernüchternd, dass wir zu wenig investiert haben für so ein Spiel."

Die Eindrücke des Dortmunder Kapitäns deckten sich mit den Beobachtungen im Stadion und auch den Daten. Der BVB gewann weniger als 45 Prozent der Zweikämpfe. Akanji kam mit 60 Prozent gewonnener Zweikämpfe auf den besten Wert beim BVB, gleich mehrere Leipziger hatten eine bessere Quote.

Dortmund ist ein Scheinriese

Drei Spiele haben die Dortmunder nun verloren, sämtlich auswärts. Die makellose Bilanz in den Heimspielen machte sie in der Tabelle zu einem Scheinriesen, der es mit den Bayern aufnehmen kann. Der BVB ist da, wo er hingehört - auf dem zweiten Platz. Sollten die Leipziger das Niveau aus dem Spiel gegen Dortmund halten, werden sie ihnen diesen Platz streitig machen. Emil Forsberg, der bei Leipzig genau wie Konrad Laimer und André Silva eingewechselt wurde, was den Qualitätsunterschied zum aktuellen Dortmunder Kader deutlich machte, sagte: "Heute waren wir eine Topmannschaft. Aber das müssen wir jetzt konstant zeigen."