Karim Adeyemi (l.) und Josip Stanisic im Laufduell,
analyse

BVB gegen Bayern Großes Spektakel am Ende und kleine Fehler

Stand: 10.10.2022 00:01 Uhr

Der Ausgleich durch Anthony Modeste in letzter Sekunde drängte viele Aspekte des Topspiels zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern in den Hintergrund. Es lohnt aber, diese Aspekte zu beleuchten. Die Analyse.

Kopfball. Tor. 2:2. Ekstase. Abpfiff. Ehrenrunde. "Jeder hat die Erleichterung gespürt", sagte Dortmunds Trainer Edin Terzić über den Moment, als der zuvor so heftig gescholtene Stürmer Anthony Modeste sein erst zweites Tor im Trikot des BVB erzielte. Es verhinderte damit die vierte Saisonniederlage der Borussia und sorgte dafür, dass die Münchner bei vier Siegen stehen bleiben.

Die beiden Branchenführer des deutschen Fußballs haben je 16 Punkte auf ihrem Konto. Das sind weniger als 1,8 Punkte im Schnitt pro Spiel. Der 1. FC Union Berlin und der SC Freiburg blieben in der Tabelle vor dem BVB und FCB, obwohl sie ein Spiel weniger absolviert haben.

Süle gegen Mané

All das geriet durch das spektakuläre Ende in den Hintergrund. Aber die Vorgeschichte lohnt es, genauer betrachtet zu werden, auch wenn in den vergangenen Jahren viele Topspiele zwischen den beiden Mannschaften auf spielerisch und taktisch höherem Niveau waren.

Terzić stellte zwar drei Innenverteidiger auf, blieb aber bei einer Viererkette. Niklas Süle rückte für den aus privaten Gründen verhinderten Thomas Meunier ans rechte Ende. Damit bekam er es häufig mit Sadio Mané zu tun, der seine Position meistens hielt, anders als zu Beginn der Saison, als die vier offensiven Spieler der Bayern häufig rochierten und so die gegnerischen Ketten in der Übergabe vor erhebliche Probleme stellten.

BVB und FCB mit ähnlicher Grundformation

Dortmund positionierte sich bei Ballbesitz der Münchner verhältnismäßig tief, baute ein 4-5-1 auf, um so den Bayern wenig Raum und Zeit am Ball zu bieten. Das Konzept ging weitestgehend auf in einer ereignisarmen ersten Hälfte, die dadurch geprägt war, dass sich die beiden Grundformationen nahezu spiegelten.

Das führt häufiger zu eine gewissen Neutralisation, in der die viel zitierten Kleinigkeiten entscheiden. Oft sind es Standardsituationen. Am Samstag waren es mehrere kleine Fehler der Dortmunder.

Süle rückte in der Vorbereitung des Münchner Führungstreffers nicht nahe genug an Mané heran, ließ den Senegalesen so mit Tempo auf sich zukommen. Nico Schlotterbeck stand einen Schritt zu weit hinten, hob somit eine mögliche Abseitsposition von Jamal Musiala auf, der auf den Torschützen Leon Goretzka passen konnte, weil Emre Can und Salih Özcan zu weit weg von den nachrückenden Spielern des Meisters standen.

Kein Fehler für sich genommen war krass, zusammen führten sie aber zum Pausenrückstand. "Ihr wisst, wie viel Torchancen die Bayern normalerweise haben", sagte Terzić in der Pressekonferenz und haderte, dass eine Möglichkeit aus einer recht niedrigen Kategorie das 0:1 bedeutete.

BVB mit Glück und Adeyemi

Kurz vor der Pause passierte aber noch etwas, das den weiteren Spielverlauf maßgeblich beeinflussen sollte. Jude Bellingham traf Alphonso Davies am Kopf und hatte Glück, trotz einer vorherigen Gelben Karte (die allerdings fragwürdig war) auf dem Platz zu bleiben. Davies musste mit Verdacht auf eine Gehirnerschütterung vom Platz, für ihn kam Josip Stanišić.

Der 22 Jahre alte Deutsch-Kroate spielte fortan Linksverteidiger, auf einer Seite mit Kingsley Coman. Das Duo hatte enorme Probleme mit Karim Adeyemi, der von Terzić nach dem - von einem Fehler des Dortmunder Torhüters Alexander Meyer begünstigten - 2:0 durch Leroy Sané eingewechselt worden war. Adeyemi brachte Tempo, das dem BVB bis dahin fehlte.

"Dann wurde es wild"

Um das Spiel zu kippen, bedurfte es aber eines weiteren Wechsels. "Wir wollten die Räume nicht zu früh öffnen und nicht zu früh wild werden. Das sollte erst auf ein Zeichen von außen hin passieren, und dann wurde es wild", sagte Terzić, der mit der Einwechslung von Modeste in der 70. Minute auf ein 4-4-2 umstellte.

Wenig später legte der Neuzugang vom 1. FC Köln seinem Sturmpartner Youssoufa Moukoko das 1:2 auf. Dabei leistete sich der bis dahin sehr gute Dayot Upamecano Fehler, weil er das Tempo vor dem vorhersehbaren Pass auf Modeste nicht aufnahm und ihn dann im Strafraum aus Angst vor einem Foul nicht konsequent störte.

Stanišić fehlerhaft

Das Stadion wachte danach auf, und in der Schlussphase wurde es sehr wild, vor allem bedingt durch Adeyemi, der Stanišić und sogar Coman häufiger davonlief, den Franzosen sogar zu einem Foul nötigte, das eine Gelb-Rote Karte nach sich zog.

So sorgte Alexander Meyers Daueraufenthalt in der Münchner Hälfte für noch mehr Unruhe bei den Bayern in der Nachspielzeit. Stanišić leistete sich dadurch zwei weitere Fehler. Zunächst ließ er eine der vielen weiten Flanken in den Strafraum im Glauben passieren, der Ball fliege ins Toraus. Dann war er zu passiv gegen Schlotterbeck, der eben doch noch an den Ball kam. Der Rest war: Flanke. Kopfball. Tor. 2:2. Ekstase. Abpfiff. Ehrenrunde.