Die Philadelphia Eagels mit ihrem sogenanntem "tush push"

NFL-Boss favorisiert wohl Regeländerung Zu unattraktiv? NFL will offenbar den "Tush Push" verbieten

Stand: 04.12.2023 18:40 Uhr

Trotz einer Niederlage im Spitzenspiel gegen San Francisco bleiben die Philadelphia Eagles in dieser Saison der US-Football-Liga NFL das erfolgreichste Team. Das liegt vor allem auch an einem speziellen Spielzug, den bislang kein Gegner so richtig stoppen kann. Doch offenbar will der NFL-Boss genau diesen Spielzug im Sommer verbieten

Jeder weiß genau, was kommt. Wenn Starspieler Jalen Hurts und seine Offensive Line in Position gehen, um ihren erfolgreichsten Spielzug vorzubereiten, ist jede Defensive in der NFL gewarnt. Stoppen können sie den Quarterback der Philadelphia Eagles aber in der Regel nicht.

Denn wenn sich die aktuell wohl beste Offensive Line der Liga gemeinsam, fast krabbelnd, nach vorne drückt und Hurts mit dem Ball in den Händen folgt, von hinten angeschoben von weiteren Mitspielern, dann ist das Ergebnis fast immer dasselbe. Raumgewinn für die Eagles.

Auch im Spitzenspiel am Sonntag gegen San Francisco nutzten die Eagles ihren besten Spielzug mehrfach, ohne dass die 49ers ihn trotz massiver Gegenwehr stoppen konnten. Dennoch verlor Philadelphia am Ende. Für den Titelkandidaten aus Pennsylvania war es erst die zweite Niederlage im zwölften Saisonspiel.

Der Spielzug, bei dem Jalen Hurts sich im Getümmel nach vorne wühlt und drücken lässt, hat längst zwei Spitznamen erhalten. "Tush Push", in Anlehnung daran, dass der Quarterback von hinten einen ordentlichen Push durch Mitspieler erhält. In Philadelphia selbst, der Stadt der brüderlichen Liebe, sprechen sie aber vom "Brotherly Shove" - dem "brüderlichen Schubser".

Jalen Hurts beim Spiel gegen die 49ers

Jalen Hurts beim Spiel gegen die 49ers

Bald verboten?

Doch egal ob man ihn nun "Tush Push" oder "Brotherly Shove" nennt. Der Spielzug, der die Eagles aktuell so stark macht, könnte schon bald verboten werden. Der mächtige Ligaboss Roger Goodell strebt offenbar eine Regeländerung im Sommer an. Die US-amerikanische Sportjournalistin Diana Russini von "The Athletic" veröffentlichte einen Bericht, nach dem Goodell den "Tush Push" dauerhaft verbieten möchte.

Über die Beweggründe Goodells schrieb Russini nichts, doch der NFL-Boss hat in der Vergangenheit zwischen den Zeilen immer wieder durchblicken lassen, dass er den "Brotherly Shove" nicht mag. Das Geschiebe und Geschubse erinnere ihn offenbar mehr an Rugby und eignet sich weniger für sein Hochglanzprodukt American Football.

Spektakuläre Würfe in die Endzone lassen sich eben besser vermarkten als eine Gruppe schwerer Männer, die sich ineinander stürzt und zu einem menschlichen Haufen verschmilzt. Kenner der Szene rechnen damit, dass Goodell den Wunsch nach einer Regeländerung im Sommer mit der Sorge vor Verletzungsrisiken begründen könnte.

Doch bislang ist der "Tush Push" nicht als Quelle für Verletzungen bekannt. NFL-Boss Roger Goodell kann die Regel auch nicht selbst verbieten. Das geschieht in einem speziellen Ausschuss, dem pikanterweise kein Vertreter der Philadelphia Eagles angehört.

Roger Goodell beim Spiel der Eagels gegen die 49ers

Roger Goodell beim Spiel der Eagels gegen die 49ers

Dafür sitzt je ein Vertreter der Dallas Cowboys, der New York Giants und der Washington Commanders in diesem Gremium. Jedes dieser drei Teams spielt mit den Eagles in derselben Division, der NFC East. Gut möglich also, dass Philadelphias direkte Konkurrenten im Sommer darüber mitentscheiden werden, ob die Eagles ihre fast unschlagbare Waffe im Offensivspiel verlieren.

Eagels kämpfen um ihre Waffe

Wenig überraschend hält Philadelphias Headcoach Nick Sirianni wenig von einer Abschaffung des "Brotherly Shove": "Verbietet diesen Spielzug nicht", forderte er: "Wenn jeder ihn so gut könnte wie wir, würde jeder so spielen." Genau das ist aber nicht der Fall.

Die Eagles sind in ihrer Offensive nämlich optimal auf den "Tush Push" abgestimmt. Der Center Jason Kelce gilt als Ligabester auf seiner Position, ähnliches gilt auch für seine muskelbepackten Nebenmänner wie Landon Dickerson, Lane Johnson oder Jordan Mailata.

Das Erfolgsgeheimnis ist dabei gar nicht so kompliziert: Anders als bei gewöhnlichen Spielzügen lässt die Offensive Line keine Lücken bei der Aufstellung zum "Brotherly Shove". Stattdessen positionieren sich die Spieler wie ein Mensch gewordener Rammbock, die Füße überlappen sich gegenseitig, die vorderste Front sinkt fast auf den Boden, drückt sich mit ihren gewaltigen Oberschenkelmuskeln nach vorne und schafft Platz für Quarterback Hurts. Die Erfolgsquote der Eagles zu einem neuen ersten Versuch oder zu einem Touchdown zu kommen, liegt mit dem "Tush Push" in dieser Saison bei rund 90 Prozent, zeigt die Statistik.

Um einen neuen ersten Versuch zu erlangen, müssen NFL-Teams zehn Yards Raumgewinn erreichen. "Bei uns heißt es erster Versuch und neun Yards", sagte Sirianni kürzlich. Wohl wissend, dass in Situationen, in denen Konkurrenten den Ball zum Gegner punten, die Eagles dank des "Tush Push" in Ballbesitz bleiben - ein im American Football unschätzbarer Vorteil.

Ein Vorteil, den die Eagles in den kommenden Wochen noch maximal für sich ausnutzen wollen. Eine Regeländerung in der laufenden Saison ist ausgeschlossen. Und mit dem "Brotherly Shove" als Option zählen die Eagles zu den Topfavoriten auf den Gewinn des Super Bowls im Februar.