Ron Schallenberg nach der 1:0 Niederlage in Braunschweig.

2. Fußball-Bundesliga Schalke 04 - Im Zentrum klafft ein großes Loch

Stand: 21.08.2023 09:57 Uhr

Der FC Schalke 04 hat einen Fehlstart in die Saison der 2. Bundesliga hingelegt. Im zentralen Mittelfeld fehlt die Kompaktheit, das Aufbauspiel ist noch stark verbesserungsfähig. Die Nervosität im Klub steigt deutlich an.

Von Jörg Strohschein

Es war Thomas Reis anzusehen, dass seine Frustration die Belastungsgrenze erreicht hat. Der Trainer des FC Schalke 04 stand am Spielfeldrand mit hochrotem Kopf, winkte ab und führte sichtlich wenig erfreuliche Selbstgespräche. Das 0:1 bei Eintracht Braunschweig sorgte für großen Frust beim Coach ("Eine Niederlage die weh tut.") - und machte den Fehlstart des selbst ernannten Aufstiegskandidaten perfekt. Zwei Niederlagen nach drei Spielen ist eine Bilanz des Schreckens für den S04.

"In der ersten Halbzeit haben bei uns die Basics gefehlt, was das Zweikampfverhalten anbelangt. Es wird jeder gemerkt haben, was in der Zweiten Liga zusätzlich gefragt ist", urteilte Reis über sein Team. Und Angreifer Simon Terrode ergänzte: "Viel schlechter kann man nicht spielen. Das war von allen elf Spielern nicht ausreichend." Ein hoher Grad an Unzufriedenheit und Nervosität ist bereits zu diesem frühen Zeitpunkt in der Saison bei den Königsblauen erreicht und auch nicht mehr zu übersehen.

Schallenberg soll es eigentlich richten

Es geht bei dem neu zusammengestellten S04-Kader offenbar um grundsätzliche Fragen. Stimmen Einstellung, Siegeswille, die taktische Herangehensweise? Vor allem das defensive Mittelfeld bereitete dem Team in den ersten drei Zweitliga-Partien die größten Sorgen. Der Hamburger SV hatte bei seinen fünf Toren zum Saisonauftakt gegen den S04 in der Zentrale fast schon auf groteske Weise so gut wie keinen Widerstand erfahren.

Auch der 1.FC Kaiserslautern spazierte im Spiel danach mehrfach ungehindert durch die Schalker Hälften. Und gegen den BTSV wirkte das defensive zentrale Mittelfeld ebenfalls mehrfach überaus löchrig.

Eigentlich hatten die Schalker Ron Schallenberg vom SC Paderborn für diese neuralgische Position - als sogenannten Sechser - verpflichtet. In Ostwestfalen hatte sich der 24-Jährige dort mit einer ähnlichen 4-1-2-3-Ausrichtung mit starken Leistungen einen Namen in der Liga gemacht. Doch bei den Schalkern hat er diese Souveränität und die nötige Stabilität (alleine) bislang nicht herstellen können.

Trainer Reis wirkt zunehmend genervt

Auch, und vor allem, weil seine unmittelbaren Vorderleute - gegen Braunschweig waren es Lino Tempelmann und Paul Seguin - es kaum einmal schaffen, ihn tatkräftig zu unterstützen. Nicht umsonst hatte Trainer Reis die beiden "Achter" in Braunschweig für zu wenig Aktivität öffentlich kritisiert. Schallenberg fehlt sichtlich ein direkter Nebenmann, um mehr Ordnung und Präsenz ins Spiel zu bekommen. Trainer Reis verzichtete bisher noch darauf.

Aber auch der Coach wirkt zunehmend genervt - von seinem Team, aber wohl auch vom notorisch aufgeregten Umfeld in Gelsenkirchen. "Das alte Schalke ist wieder erkennbar", hatte Reis zuvor schon unter der Woche moniert, nachdem Kritik an seinen Ersatzspielern nach einem verlorenen internen Testspiel gegen die vereinseigene U23 aufkam.

Schalker Welt hat sich gedreht

Die Herausforderung durch die in der 2. Liga zumeist an die Schalker abgegebene Favoritenrolle und der damit zusammenhängende vermehrte Ballbesitz überfordert derzeit die Profis des S04. Anders als noch in der Bundesliga, als das Reis-Team - als vermeintlicher Underdog - vor allem auf Umschaltfußball setzen konnte, hat sich die Schalker Welt nun erwartbar um 180 Grad gedreht. Und mit diesen Voraussetzungen tun sich Spieler und Verantwortliche schwer.

Die Spieleröffnung hält den Anforderungen für ein Spitzenteam (noch) nicht stand. Zu viele Fehlpässe, zu wenig intelligent vorgetragene Ballstaffeten in die gegnerische Hälfte. Zu viele lange, unkontrollierte Schläge in Richtung des gegnerischen Tores - die dann schon mal schnell zum Bumerang werden und die Gegner zu schnellem Konterspiel einladen.

Kein Wunder, dass der S04 dringend noch nach weiteren Verstärkungen für die Abwehrreihe bis zum Ende der Transferphase Ende August sucht. Am Freitagabend (25.8.2023; 18.30 Uhr), wenn die Schalker im Heimspiel gegen Holstein Kiel antreten, stehen Reis und sein Team zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison jedenfalls bereits gehörig unter Druck.