
Fußball | Bundesliga VfB-Legende Hansi Müller: "Stiller ist der Administrator des Stuttgarter Spiels"
VfB-Legende Hansi Müller ist am Sonntag (ab 21:45 Uhr) Gast bei SWR Sport. Vor dem 34. Spieltag in Leipzig analysiert er die Stuttgarter Saison und blickt auf das DFB-Pokalfinale.
SWR Sport: Hansi Müller, in Leipzig geht eine durchwachsene Bundesliga-Saison für den VfB Stuttgart zu Ende. Wie würden Sie die Leistung der Mannschaft einordnen?
Hansi Müller: Wenn wir auf die Tabelle schauen, dann war der VfB in dieser Saison nur Mittelmaß. Aber man darf nicht vergessen, dass wir in den Top-Spielen gegen Bayern München und Bayer Leverkusen auf Augenhöhe waren, fußballerisch absolut mitgehalten haben. Das musst du erstmal schaffen, das war viele Jahre nicht der Fall. Und wir können jetzt im Pokalfinale mit einem Sieg immer noch alles richtigstellen.
SWR Sport: Was waren für Sie die Gründe für die wechselhaften Ergebnisse des VfB in der Bundesliga?
Hansi Müller: Durch die Champions League und die vielen Einsätze in der Nationalmannschaft gab es eine große Mehrfachbelastung, die die Jungs zuvor nie hatten. Das war körperlich, aber auch mental Neuland. Sollte der VfB jetzt über das Pokalfinale die Europa League schaffen, dann war die Champions League eine ganz wichtige Erfahrung, wie die Mannschaft künftig mit diesen Belastungen umgeht. Nicht schön war die Serie mit den sechs Heimniederlagen in Folge. Aber auch da hat der VfB in den Spielen gegen Bayern und Bayer mit starken Auftritten gezeigt, was er drauf hat.
SWR Sport: Wer war Ihr Stuttgarter Spieler der Saison?
Müller: Woltemade. Ich ziehe den Hut vor Nick Woltemade, wie er vor allem mit seinen Hebelverhältnissen fußballerisch agiert. Unfassbar, wie er mit seinen 1,98 Metern Körpergröße den Ball beherrscht, das ist schon brutal. Beispielsweise sein Tor gegen Wolfsburg, als er gleich drei Spieler austanzt, das machen nicht viele. Wenn er sich so weiterentwickelt, ist er ein Kandidat für die Nationalmannschaft. Man muss sich das mal vorstellen: Nick Woltemade kam ablösefrei aus Bremen.
SWR Sport: Leipzig ist an diesem Samstag (17.05.2025) sozusagen die Generalprobe für das DFB-Pokalfinale nächste Woche gegen Bielefeld. Wie schwer wiegt ein möglicher Ausfall des verletzten Angelo Stiller in Berlin?
Müller: Angelo ist mein absoluter Lieblingsspieler. Er ist der Administrator des Stuttgarter Spiels. Er agiert unglaublich vorausschauend, weiss schon vor der Ballannahme, wohin er den Ball spielen will. Die Doppelsechs ist eine ganz wichtige Komponente beim VfB. Atakan Karazor profitiert dabei viel von Angelo Stiller, Angelo aber auch von Atakan. Das passt gut zusammen.
SWR Sport: Wie könnte der VfB ein Fehlen von Stiller in Berlin kompensieren?
Müller: Ich könnte mir sehr gut Enzo Millot auf der "Sechs" für Angelo vorstellen. Er hat schon gegen Augsburg gezeigt, was er kann, als er reinkam, ist fußballerisch sehr stark. Enzo hat auch schon auf dieser Position gespielt und kann leistungsmäßig an Angelo rankommen. Aber noch ist mehr als eine Woche Zeit für Angelo, die Fußverletzung auszukurieren. Ich hoffe, dass es für ihn reicht bis Berlin.
SWR Sport: Wie schwierig wird die Aufgabe gegen den krassen Außenseiter, den Drittligisten Arminia Bielefeld, im Pokalfinale?
Müller: Für die Bielefelder ist es das Spiel des Lebens, sowas wird es für sie voraussichtlich nie wieder geben. Sie können eine Sensation schaffen. Entsprechend motiviert werden sie auftreten und sicherlich sehr körperbetont spielen. Da dürfen sich die VfB-Spieler nicht provozieren lassen. Stuttgart muss beißen, Leidenschaft zeigen und alles raushauen, muss vom Kopf her cool bleiben.
Verliert Bielefeld das Spiel, dann ist es normal. Verliert der VfB, ist es der absolute Super-Gau. Aber ich bin mir sicher: Wenn alles seinen normalen Verlauf nimmt, dann nimmt Stuttgart das Ding mit nach Hause.
SWR Sport: Sind Sie im Berliner Olympiastadion selbst mit dabei?
Müller: Ja, ich bin als einer der VfB-Markenbotschafter nach Berlin eingeladen. Wir haben ein vielfältiges Programm übers Wochenende in der Hauptstadt. Es beginnt auf der Fanmeile auf dem Breitscheidplatz, wir sind in die Baden-Württembergische Landesvertretung eingeladen, es gibt ein Get-Together auf dem Pariser Platz und nach dem Spiel natürlich auch noch die Pokal-Party. Toll, das wir dabeisein können bei rund 1,6 Millionen Kartenanfragen für das Finale.
SWR Sport: Ein DFB-Pokalsieg war Ihnen in Ihrer Karriere leider nicht vergönnt...
Müller: Nein, in meiner Zeit beim VfB Stuttgart kamen wir maximal ins Halbfinale. Auch in Italien bei Inter Mailand hat es nicht für einen Cupgewinn gereicht. Aber ich bin 1989 mit Innsbruck österreichischer Pokalsieger geworden. Damals haben wir mit dem FC Swarovski Tirol unter Trainer-Legende Ernst Happel das Double gewonnen. Und, nicht zu vergessen: der Pokalgewinn von Rom. Der Europameistertitel 1980 mit Deutschland in Italien.
Sendung am So., 18.5.2025 21:45 Uhr, SWR Sport, SWR