
Berliner Landespokal Wieso der Mai für Mahlsdorf fußballerisch unvergesslich werden könnte
Im Berliner Osten mausert sich Eintracht Mahlsdorf zum Team des Jahres. Der Oberligist will nicht nur im Landespokal-Finale Geschichte schreiben - auch die Regionalliga ist zum Greifen nah.
Es ist kein Geheimnis, dass Marzahn-Hellersdorf nicht der Berliner Bezirk mit der größten Fußballgeschichte ist. Mit dem Bundesligisten aus Köpenick - dem 1. FC Union - und dem DDR-Serienmeister in Hohenschönhausen - dem BFC Dynamo - wartet die hochdekorierte Konkurrenz gleich an der Bezirksgrenze. Dennoch finden sich im jüngsten Bezirk der Hauptstadt, der erst 1979 von Lichtenberg eigenständig wurde, einige Traditionsvereine und Glanzlichter.
Mahlsdorf könnte in die Regionalliga aufsteigen
Auf die längste Geschichte kann die Mahlsdorfer Eintracht zurückblicken. In der Weimarer Republik gehörte der Klub dem Arbeitersport an, wurde deswegen von den Nazis verfolgt und formierte sich in der DDR zur Betriebssportgemeinschaft des Gesundheitswesens mit weit mehr als 1.000 Mitgliedern.
Bislang der größte Erfolg war der Gewinn der Berliner Meisterschaft vor vier Jahren. Seither spielt Mahlsdorf in der Oberliga Nordost. In der aktuellen Spielzeit schob sich die Mannschaft von Trainer-Urgestein Karsten Heine und Ex-Unioner Björn Jopek im Windschatten des Führungsduos Lichtenberg 47 und BFC Preussen klammheimlich in die Schlagdistanz zum Aufstiegsplatz und jüngst an die Tabellenspitze. Die semi-professionelle Regionalliga ist zum Greifen nah.
Robert Huth: Aus Biesdorf zum englischen Meister
Über ähnliche Erfolge konnten sich vor mehr als 60 Jahren schon ihre Bezirksnachbarn freuen. Fortuna Biesdorf darf in diesem Jahr bereits den 120. Gründungstag feiern und wurde 1960, da war an die Neubaugebiete von Marzahn und Hellersdorf noch lange nicht zu denken, Stadtmeister von Ost-Berlin. In der folgenden Relegation verpasste man aber knapp den Aufstieg in die zweitklassige DDR-Liga. Dafür, dass Biesdorf damals noch weitestgehend einer Landgemeinde glich, war der Erfolg ungeheuerlich.

Spielte einst in Biesdorf und wurde später Englischer Meister: Robert Huth.
In den 1990er-Jahren dann erregte ein Fußballtalent die Aufmerksamkeit der Topklubs und zog von der Fortuna hinaus in die Welt. Robert Huth, genannt "The Berlin Wall", wurde mit Chelsea London und dem Leicester FC dreimal Englischer Meister und absolvierte 19 Länderspiele für den DFB. Er gehört sicherlich zu den ganz großen Namen des Fußballs, der aus Marzahn-Hellersdorf kommt.
BSC Marzahn brachte Nationalspielerinnen hervor
Mit den Fortunen spielte damals auch der BSC Marzahn für einige Zeit in Biesdorf. Ende der Neunziger zog der BSC schließlich auf seinen heutigen Platz an der Schönagelstraße, die mächtigen Plattenbauten gleich gegenüber. Seine Frauen-Mannschaft mischte immerhin für zehn Jahre in der drittklassigen Regionalliga mit und wurde 2017 sogar Tabellendritter. In dieser Zeit brachten die Marzahnerinnen griechische, ungarische und rumänische Nationalspielerinnen hervor.
Nachdem sie einige Male knapp dem Abstieg entkommen waren, war er dann 2019 allerdings nicht mehr vermeidbar und kurz darauf wurde die Frauen-Elf sogar ganz aus dem Spielbetrieb zurückgezogen. Heute tritt sie wieder in der Bezirksliga an.
Größtes Jugend-Hallenturnier im Rudolf-Virchow-Sportpark
Etwas weiter nördlich am Fuß der Ahrensfelder Berge befindet sich der Rudolf-Virchow-Sportpark, der für viele Jahre Austragungsort des größten Jugend-Hallenturniers in Deutschland war, ehe es während der Corona-Pandemie ein Ende fand. Auf eine Initiative des 1. FC Marzahn zurückgehend, trafen sich hier die B-Junioren zahlreicher Bundesligisten mit Berliner und Bezirksmannschaften. Einmal reiste sogar eine Stadtauswahl aus dem ägyptischen Kairo an.
Der besondere Charme des Range-Bau-Cups lag auch in seiner Mischung aus selbstgemachten Bouletten und Kuchenbasar, wie man es vom Jugendfußball kennt, und der mit unter hitzigen Stimmung. Gerade, wenn Union Berlin, der BFC Dynamo oder Hansa Rostock mit den Jugendmannschaften teilnahmen, wurde es in der Halle richtig laut. Die jungen Talente bekamen einen Vorgeschmack auf das, was sie einmal im Profifußball erwarten könnte.
Steht Mahlsdorf bald im Rampenlicht des DFB-Pokals?
Vom richtigen Profifußball ist Eintracht Mahlsdorf aktuell noch zwei Klassen entfernt. Würde ihnen die Überraschung gelingen, stünde der Aufstieg in die Regionalliga Nordost bevor. Dort träfen die Veilchen auf ostdeutsche Größen wie Rot-Weiß Erfurt, Carl Zeiss Jena oder den Halleschen FC. Und dort würde auch der BFC Dynamo auf die Mahlsdorfer warten. Die Elf aus Hohenschönhausen ist bereits am 24. Mai der Eintracht-Gegner.

Am Finaltag der Amateure will der Klub vom Stadtrand den Favoriten schlagen und sich in die Berliner Fußballgeschichte einschreiben. Mit dem Sieg im Berliner Landespokal winkt immerhin die Teilnahme am bundesweiten DFB-Pokal. Dieser ist nicht nur finanziell hochattraktiv und bringt den Amateurklubs rund 200.000 Euro. Er bietet auch die Möglichkeit, Mahlsdorf für einen Moment ins Rampenlicht zu setzen und sportliche Strahlkraft zu entfalten. Fraglich ist jedoch, ob der heimische Sportplatz am Rosenhag dafür ausgerüstet ist.
Vor rund 20 Jahren war Eintracht Frankfurt zu Gast
Schon einmal, es ist ein Bonmot der Vereinsgeschichte, empfing man nämlich einen Bundesligisten. Als zur Hundertjahrfeier 1996 Eintracht Frankfurt eingeladen wurde, wichen die Mahlsdorfer nach Kaulsdorf-Nord ins Stadion Wuhletal aus. Die Hessen siegten mit 4:0. Wie später bekannt wurde, hatte man den runden Geburtstag aber ein Jahr zu früh gefeiert, berief sich allerdings auf den überlieferten Gründungsgedanken. Dieser ging auf den Himmelfahrtstag des Jahres 1896 zurück.
Wie passend, dass Eintracht Mahlsdorf auch in diesem Jahr rund um Himmelfahrt wieder Großes vor hat. Dass sie für Überraschungen gut sind, zeigten die Veilchen schon im Halbfinale gegen den favorisierten BFC Preussen. Zweimal lag Mahlsdorf zurück und siegte am Ende mit 4:2. In Marzahn-Hellersdorf hat sicher niemand etwas dagegen, wenn diese Serie weitergeht.
Sendung: rbb UM6, 24.05.2025, 18 Uhr