Bremens Trainer Ole Werner

NDR-Sport Werder Bremen auch ohne Europa stolz auf die Saison

Stand: 19.05.2025 09:30 Uhr

Werder Bremen hat die Qualifikation für die Europa League zwar verpasst. Als Achter der Fußball-Bundesliga waren die Grün-Weißen aber so erfolgreich wie zuletzt vor sechs Jahren. Nun ist ein Umbruch geplant. Mit Ole Werner - wenn der Trainer denn will.

Von Andreas Bellinger

"Verein und Spieler hätten es verdient, dass es für mehr gereicht hätte", ärgerte sich Werner nach dem gelungenen Bundesliga-Saisonfinale in Heidenheim (4:1). Trotz des wieder verpassten Sprungs ins internationale Geschäft ist der 37-Jährige aber richtig stolz auf seine "Jungs", die mit Platz acht in der Abschlusstabelle so erfolgreich abgeschnitten haben wie zuletzt 2019 - und erneut eine deutliche Steigerung hinlegten. Keine Frage, dass der Coach die positive Entwicklung der Grün-Weißen fortsetzen soll.

Euphorie und trister Februar

Noch am 30. Spieltag schien die Qualifikation für die Europa League für Werder machbar zu sein - 15 Jahre nach dem letzten internationalen Auftritt der Bremer. Vier Siege nacheinander entfachten eine Euphorie, die nach der Pleitenserie im Februar mit fünf Niederlagen am Stück, inklusive Viertelfinal-Aus im Pokal bei Drittligist Arminia Bielefeld, noch undenkbar erschien. "Da haben wir schön auf den Sack bekommen", ärgerte sich Romano Schmid über diese triste Phase.

Werder bekam im Endspurt die Flatter

"Unterm Strich wäre mehr drin gewesen", resümiert Kapitän Marco Friedl. Im Schlussspurt der Saison bekam Werder nämlich wieder die Flatter und spielte gegen den FC St. Pauli (0:0), bei Union Berlin (2:2) und gegen RB Leipzig (0:0) nur unentschieden. Der Zug gen Europa fuhr endgültig ohne Schmid, Friedl & Co. ab.

"Woche für Woche am Leistungsoptimum zu spielen", wie Sport-Geschäftsführer Clemens Fritz die Anforderung beschreibt, das konnte das Team aus den verschiedensten Gründen nicht leisten. Verletzungen und Formschwankungen waren mit dem überschaubaren Kader nicht auszugleichen.

"Letztlich ist es schon enttäuschend."
— Kapitän Marco Friedl

"Trotzdem", so Werner in seiner gewohnt sachlichen Analyse, sei er hochzufrieden damit, "dass wir einige Mannschaften hinter uns gelassen haben, die andere Möglichkeiten haben." Dass Werder finanziell keine großen Sprünge machen kann, ist hinlänglich bekannt. Eine gewisse Unzufriedenheit des Trainers damit aber auch. Schließlich schien es lange nicht so einfach zu sein, sich für Höheres zu qualifizieren. "Wir hatten Europa zwar nicht als Ziel ausgegeben", sagt Abwehrchef Friedl, "aber letztlich ist es schon enttäuschend."

Platz drei in der Auswärtstabelle

Dabei können die Werderaner mit Fug und Recht auf eine gelungene Spielzeit verweisen, die auch im dritten Jahr nach dem Aufstieg einen positiven Trend unterstreicht. "Hut ab, was die Mannschaft in den letzten Wochen gespielt hat", meint Friedl, der sich als Stabilisator der lange als Schießbude der Liga verspotteten Abwehr profilierte.

Auf Reisen zählte Werder sogar zur Spitzengruppe. In der Auswärtstabelle belegen die Bremer mit 30 Punkten Platz drei hinter Meister Bayern München und Vize Leverkusen. Das Weserstadion ist bei nur fünf Siegen jedoch längst keine "Festung" mehr. Immerhin zehn Konkurrenten waren besser als Werders 21 Heimpunkte.

Fritz: "Wissen, dass wir einen Top-Trainer haben"

"Wir haben uns weiterentwickelt, da geht aber auch noch mehr", weiß Friedl und würde sich deshalb wünschen, "dass der Trainer möglichst zeitnah seinen Vertrag verlängert." Es ist kein Geheimnis, dass auch die Geschäftsführung diesen Plan verfolgt. "Wir wissen, dass wir einen Top-Trainer haben", betont Fritz. Diese Woche soll es Gespräche geben, damit noch vor dem Sommer-Urlaub eine weitere Zusammenarbeit festgezurrt werden kann.

Denn Werner, der per Ausstiegsklausel in diesem Sommer gehen könnte, hat mit dem steten Aufschwung ein dickes Ausrufezeichen hinter seine unaufgeregte Arbeit gesetzt. Nach 36 Punkten in der Saison 2022/2023 und 42 in der drauffolgenden Spielzeit hat sich Werder nun mit 51 Zählern auf Platz acht in der Abschlusstabelle als bester norddeutscher Bundesligist etabliert. Logisch, dass es so weitergehen soll.

Passen die Ziele zusammen?

Das Plädoyer der Mannschaft ist eindeutig: "Wir arbeiten gerne mit ihm zusammen", so Friedl. Ein Selbstläufer sind die Verhandlungen aber wohl nicht; Werner hat klare Vorstellungen: "Wenn man in die Zukunft denkt, braucht man ein klares Ziel, um Dinge weiterzuentwickeln", sagt er.

Ob seine und die Ziele des Clubs zusammenpassen? Werder plant, wie es heißt, verstärkt auf junge Spieler zu setzen. Werner ("Ich will nichts verwalten oder nur den Satus quo halten") möchte mehr Qualität im Kader und setzt bekanntlich auf Kontinuität bei der Aufstellung. Die Eigengewächse Eren Dinkci und Nick Woltemade hatten sicher nicht nur Fernweh, als sie Bremen verlassen haben.

"Frisches Geld" für Neuverpflichtungen

"Wenn wir länger zusammenarbeiten wollen, gibt es Themen zu lösen, bei denen wir in den letzten Jahren nicht weitergekommen sind und die wir nun angehen müssen" - dies Forderung von Werner wird den Verantwortlichen sicher in den Ohren hallen. Sechs Spieler wurden verabschiedet, sie gehen ablösefrei: Milos Veljkovic, Anthony Jung, Oliver Burke, Abdenego Nankishi sowie die (gefloppten) Winter-Transfers André Silva und Issa Kaboré. Fragezeichen stehen hinter den Leihspielern Olivier Deman, Isak Hansen-Aarøen, Dikeni Salifou und Dawid Kownacki.

Die Club-Verantwortlichen brauchen offenbar noch Zeit. Sie wollen und dürfen sich keine neuerlichen Fehlinvestitionen wie beispielsweise bei Naby Keïta oder zuletzt dem Franzosen Skelly Alvero leisten, der Werder vor der Saison kolportierte 4,75 Millionen Euro Ablöse gekostet hat. Überdies müsse zunächst "frisches Geld" für Neuverpflichtungen eingenommen werden, erklärt Fritz. Von 7,5 Millionen Euro Transfereinnahmen ist im Wertpapierprospekt der neuen Mittelstandsanleihe des Clubs die Rede.

Ducksch vor Abschied

Gewinnbringende Kandidaten könnten der Österreicher Romano Schmid (25), der bei transfermarkt.de mit einem Marktwert von 15 Millionen Euro zu Buche schlägt, der Däne Jens Stage (28/12 Millionen Euro) und der schnelle Justin Njinmah (24/7 Millionen Euro) sein.

Der Abschied von Marvin Ducksch scheint sich bereits zu konkretisieren. Werder will dem 31-Jährigen, der mit 17 Punkten bester Scorer ist, keine Steine in den Weg legen. "Wenn etwas Passendes kommt, sind wir gesprächsbereit", so Fritz in der "Deichstube". Sieben Millionen Euro, wie als Ausstiegsklausel vereinbart, sind aber wohl illusorisch.

Mehr Qualität und Stammkräfte halten

Werder will hoch hinaus, sieht sich aber auch als Ausbildungsverein, der auf junge Spieler setzt, die in der Bundesliga reifen und ins Team integriert werden sollen. Der eigene Nachwuchs steht bereit - die U19 des Clubs schied im Bundesliga-Halbfinale knapp gegen den 1. FC Köln aus und steht am 23. Mai im Pokal-Finale gegen den Karlsruher SC. Ist das womöglich ein Knackpunkt in den Gesprächen mit dem Trainer, der offenbar mehr "fertige" Spieler haben möchte?

Mehr Qualität in allen Mannschaftsteilen, die Werder sofort voranbringt, ist das eine. Die wichtigen Stammkräfte zu halten, das andere. Mittelfeld-Motor Stage, der mit zehn Toren treffsicherster Werderaner war, zum Beispiel oder auch Kapitän Friedl. Beide haben ihre Verträge verlängert.

Profifußball-Chef Peter Niemeyer: "Marco wird einer der Spieler sein, um die wir eine spannende und entwicklungsfähige Mannschaft aufbauen möchten." Keeper Michael Zetterer, der durch sein ballsicheres Aufbauspiel Werders Defensive auf eine andere Ebene gehoben hat, gehört ebenfalls dazu. Obwohl auch er Begehrlichkeiten weckt. Pep Guardiola und Manchester City aber auch den FC Valencia, wie berichtet wird, hat der 29-Jährige neugierig gemacht.

Fritz: "Mittelfristig nach Europa"

Der hochtalentierte Mio Backhaus stünde bereit. Anderenfalls wird sich der 21 Jahre alte Schlussmann der deutschen U20-Nationalmannschaft kaum eine weitere Saison als Nummer zwei im Werder-Tor hintenanstellen. Auch ein Problem, das Werder bis zum 22. August, dem Start der Saison 2025/2026, wird lösen müssen.

Und was ist mit den neuen Zielen? "Mittelfristig wollen wir nach Europa kommen", hat Fritz bei Radio Bremen schon mal als Losung ausgegeben. Dass es in dieser Saison nicht geklappt hat, ist angesichts warnender Beispiele vielleicht gar nicht so verkehrt. Man denke nur an Union Berlin oder jüngst Heidenheim, das Werder den Platz an der (Europacup-)Sonne vor einem Jahr nur um ein Tor weggeschnappt hat und nun in die Relegation gegen Elversberg muss.

Dieses Thema im Programm:
Die NDR 2 Bundesligashow | 17.05.2025 | 15:00 Uhr