Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht ist sauer

Lieberknecht mit skurrilem Vergleich "Wie im Cluburlaub" - Darmstadt 98 fühlt sich benachteiligt

Stand: 23.09.2023 10:30 Uhr

Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht überrascht nach der Niederlage in Stuttgart mit einer Cluburlaub-Anspielung und sieht Darmstadt 98 in der Rolle der ungebetenen Gäste. Die Botschaft ist klar, der Zeitpunkt fragwürdig.

Als Lilien-Trainer Torsten Lieberknecht nach der 1:3-Pleite beim VfB Stuttgart am Freitagabend ans DAZN-Mikrofon trat, brodelte es in ihm. Der 50-Jährige ließ sich seinen Ärger zwar zunächst nicht anmerken und analysierte die Partie, die Fehler seines Teams und die Stärke des VfB. Dann holte er aber plötzlich aus und verglich die Bundesliga mit einem Cluburlaub. Ein denkwürdiger Erklärungsversuch.

Lilien fühlen sich wie ungebetene Gäste

"Seit 25 oder 30 Jahren fahren immer die gleichen Gesichter in den Club – und dann kommen irgendwann ein paar neue Gäste dazu, und dann wird halt geguckt: Wie benehmen die sich? Was ziehen die an? Dann hast du den Barkeeper, der sitzt im Keller in Köln, und der hat auch noch eine Meinung und sagt: 'Pass mal auf, die neuen Gäste sind nicht so ganz, wie wir uns das vorstellen.' Da gibt’s die Clubchefs, da gibt’s die Leute, die richten auf und neben dem Platz, und dann gibt’s vielleicht welche, die sagen: 'Hier, passt mal ein bisschen auf, da müssen wir mal ein Auge drauf werfen.' Und wir haben auch ein Auge, dass wir uns in der nächsten Zeit dann dementsprechend auch einen neuen Club aussuchen werden", sagte er und ging zum nächsten Interview.

Dort, am ARD-Mikrofon, betonte er dann, dass es in den Lilien schon extrem kribble und dass sie sich wegen bestimmter Dinge "auf und neben dem Platz noch etwas rotziger präsentieren" müssten. Angesprochen auf den Cluburlaub-Vergleich wählte Lieberknecht noch einmal ähnliche Worte und fügte an, dass die Lilien in diesen Club wohl nicht reinpassen würden. "Das merkt man ab und zu, das haben wir letzte Woche gemerkt, das haben wir heute gemerkt. Mancher Clubchef an der Bar hat vielleicht was dagegen. Vielleicht brauchen wir einen neuen Anzug." Ende eines bemerkenswerten Auftritts.

Lieberknechts Botschaft ist klar

Die Botschaft, die Lieberknecht mit dieser etwas schiefen Anspielung loswerden wollte, ist klar: Der Trainer von Darmstadt 98 fühlt sich in der Bundesliga wie ein ungebetener Gast und offenbar benachteiligt. Die Clubchefs, also die Unparteiischen, haben demnach eine klare Meinung und ihr Urteil bereits gefällt. Der geschlossene Kreis der Bundesligisten will lieber unter sich bleiben und tut nun alles, um die Neulinge möglichst schnell wieder in die sportliche Heimat namens 2. Liga zu schicken. Vorher bitte aber noch zügig austrinken und das Speisezimmer räumen.

Lilien zweimal im Schiri-Pech

Der Grund für Lieberknechts blumig verpackte Wutrede ist ebenso klar: In Leverkusen knallten Fabian Holland und Fabian Nürnberger kurz vor dem 1:0 der Gastgeber mit den Köpfen zusammen und blieben sichtlich benommen liegen. Dass Schiedsrichter Sven Jablonski die Partie nicht unterbrach und den Leverkusener Angriff laufen ließ, war eine klare Fehlentscheidung und erhitzte die Darmstädter Gemüter.

Der völlig überzogene Platzverweis gegen Matej Maglica in der vergangenen Woche, der die Gladbacher Aufholjagd zum 3:3 einleitete, brachte die Lilien endgültig auf die Palme. Die Darmstädter, das lässt sich auch objektiv festhalten, wurden zweimal benachteiligt und regten sich zu Recht auf.

Niederlage in Stuttgart hochverdient

In Stuttgart aber, und das ist ein großes Aber, hatte das Schiedsrichtergespann um Matthias Jöllenbeck nichts, aber auch wirklich gar nichts, mit dem Ausgang der Partie zu tun. Der VfB bestimmte das Geschehen über 90 Minuten und hätte bei einer besseren Chancenverwertung sogar noch höher gewinnen müssen. Die Lilien gingen dank eines Eigentors zwar in Führung und wähnten sich aufgrund der Stuttgarter Nachlässigkeiten bis kurz vor Schluss zumindest in Reichweite eines Punkts. Insgesamt waren die sportlichen Unterschiede aber für jeden deutlich sichtbar. Dass sich Marvin Mehlem und Filip Stojilkovic zu zwei klaren Schwalben hinreißen ließen, machte die Sache nicht besser.

"Wir wollen vieles zu gut machen und sind manchmal übermotiviert", zeigte sich dann auch Lieberknecht selbstkritisch. "Wir haben, glaube ich, gezeigt, dass wir Gegner vor Probleme stellen können. Es hat aber eben nicht gereicht."

Und genau das ist das Entscheidende: Die Lilien sollten sich erst einmal auf sich selbst besinnen, die Fehler in der Defensive abstellen und mehr Mut in der Offensive zeigen. Die Schiedsrichter-Entscheidungen fielen zweimal unglücklich aus, vor allem der Platzverweis gegen Gladbach beeinflusste den Spielverlauf enorm. Dass die Südhessen in fünf Spielen nur einen Punkt geholt haben, haben sie sich in erster Linie aber selbst zuzuschreiben.

Lilien müssen sich an eigene Nase fassen

Die Lilien machten an den ersten vier Spieltagen und in Stuttgart sicher nicht alles schlecht und müssen sich als Aufsteiger definitiv auch nicht für eine Niederlage beim neuen Tabellenführer schämen. Was die Darmstädter, die sich für das große Ziel Klassenerhalt in allen Bereichen steigern müssen, jedoch nicht machen sollten, ist, die Schuld bei anderen zu suchen. Im Club "Las Bundesliga" hat grundsätzlich jeder die gleichen Chancen auf einen Platz an der Sonne.