Gefühlte Niederlage gegen Pilsen Gefühlte Niederlage gegen Pilsen: Eintrachts Europa-Dämpfer zur rechten Zeit
Die Eintracht verspielt in der Europa League einen sicher geglaubten Sieg gegen Viktoria Pilsen. Der Frust ist groß, die Verantwortlichen aber arbeiten das Positive heraus.
Dino Toppmöller ahnte, welch Unglück auf ihn und Eintracht Frankfurt zukommen würde. Fuchsteufelswild stampfte er in seiner Coaching Zone umher, brüllte in Richtung Schiedsrichter, wollte den gegnerischen Einwurf partout nicht auf Höhe des eigenen Sechzehners ausgeführt sehen, sondern zwei, drei Meter weiter weg vom Tor.
Er ahnte, dass seiner Mannschaft im Europa-League-Heimspiel gegen Viktoria Pilsen kurz vor Ultimo unnötiges Ungemach blühen könnte. Und er behielt Recht. Einwurf, Kuddelmuddel, Torwartfehler, 3:3 (1:1)-Endstand, ein "Slapstick-Tor", wie Toppmöller sagte.
Die Frankfurter Eintracht hat am Donnerstag gegen die dritte Kraft des tschechischen Fußballs zwei sicher geglaubte Punkte verloren – trotz einer Zwei-Tore-Wohlfühlführung. Oder eben wegen jener? Die Hessen präsentierten sich in den Schlussminuten sorglos, waren nicht mehr griffig, reihten individuellen Aussetzer an individuellen Aussetzer, was einem kollektiven Ausfall gleichkam. Anschlusstreffer in der 86. Minute, Ausgleich in der dritten Minute der Nachspielzeit. Und das alles gegen einen höchst mittelmäßigen Gegner.
"Kann nicht sein, dass wir zusammenfallen"
"Das Ergebnis fühlt sich seltsam an", sagte Toppmöller, während der Frankfurter Sportvorstand Markus Krösche erklärte: "Das ist extrem bitter, weil wir eigentlich ein gutes Spiel gemacht haben." Am konkretesten wurde Flügelspieler Ansgar Knauff: "Ein Scheißgefühl! Es kann nicht sein, dass wir so zusammenfallen."
Denn natürlich hätten sich die Hessen einen Auftaktdreier in die Europapokal-Saison verdient gehabt. Sie machten zwar kein besonders brillantes Spiel, aber doch ein derart solides, dass sie den Gästen durch Tore von Hugo Ekitiké (37.), Junior Dina Ebimbe (62.) und Rasmus Kristensen (67.) auf 3:1 entwischt waren. "Gute Ansätze, Ergebnis nicht so gut", bilanzierte Krösche nach dem 3:3.
Dreiersturm entfaltet wenig Wucht
Tatsächlich lassen sich positive Aspekte finden. Als da wären: Die Leistung von Mo Dahoud, der bei seinem Startelfdebüt auf der Sechs mehr Einfluss aufs Spiel hatte als Nebenmann Ellyes Skhiri. Oder der Auftritt von Ekitiké, der mit schönem Tor und Sahne-Assist einmal mehr seine Klasse bewies. Oder die Zweikampfquote (83 Prozent) des überzeugenden Arthur Theate. Oder das Tor und die Vorlage des angreifenden Verteidigers Kristensen. Einerseits.
Andererseits gehören die negativen Punkte zur Geschichte des Spiels dazu. Etwa, dass der Dreiersturm bestehend aus Ekitiké, Omar Marmoush und Igor Matanovic in naher Zukunft nicht wiederholt werden sollte. Matanovic hatte Abschlüsse, allerdings durchweg harmlose. Auch musste Frankfurts erfolgreichster Stürmer, Marmoush, für den 21-Jährigen zu oft auf den linken Flügel ausweichen. Toppmöller deutete an, Matanovic künftig wieder als Joker zu bringen.
Kaua Santos beim Ausgleich "zu gierig"
Während Akteure wie Skhiri, Ansgar Knauff und insbesondere Niels Nkounkou ebenfalls schwache Leistungen zeigten, patzte Kaua Santos am auffälligsten. Der nach seinen souveränen Auftritten in Wolfsburg und gegen Gladbach gefeierte Torwart irrte vor dem späten Ausgleich durch seinen Fünfmeterraum. Ohne dem jungen Brasilianer Vorwürfe machen zu wollen, empfand Toppmöller dessen Herauslaufen als "zu gierig". Die Kollegen bauten Santos noch auf dem Feld auf. "Es ist ein Dämpfer in einem Lernprozess", so Toppmöller.
Ein Satz, der für die gesamte Eintracht gelten konnte, inklusive Trainer. Denn auch dieser hatte mit der Auswechslung von Kristensen (84.) die Stabilität des Teams geschwächt. Der Däne klagte über leichte Hüftprobleme, hätte aber weiterspielen können. Beim Abpfiff stand eine Frankfurter Mannschaft mit dem sehr jungen Altersschnitt von 22,7 Jahren auf dem Rasen. Toppmöller selbst sagte, dass die Ausfälle der "drei Kapitäne" Kevin Trapp, Mario Götze und Robin Koch "zu spüren waren".
Eintracht fordert die Schlusslichter
Allzu hart ins Gericht wollte der Coach mit seinen Spielern nicht gehen, setzt durch den Rückschlag stattdessen auf eine positive Entwicklung: "Vielleicht kommt das zur rechten Zeit. Dass wir merken, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen." Ein Wachrüttler, im besten Fall. Denn die Eintracht-Mannschaft im September 2024 wirkt weiter und besser als jene im Mai, allerdings ist sie nicht so weit, ein komplettes Spiel dominieren zu können. Stets schleichen sich in dieser Runde Schwächephasen in ihr Spiel ein.
Am Sonntag sind die Frankfurter beim Ligaletzten Holstein Kiel zu Gast, kommenden Donnerstag beim Europa-League-Schlusslicht Besiktas Istanbul (0:4-Pleite bei Ajax Amsterdam). Sie werden weiter hart für jeden Erfolg arbeiten müssen. Larifari, wenn auch nur zehn, fünfzehn Minuten, kostet die Hessen gleich Zählbares.