Bully beim Eishockey

Eishockey Razzia beim Deutschen Eishockey-Bund

Stand: 27.10.2023 14:10 Uhr

Ermittler haben heute Räumlichkeiten des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) und des ehemaligen DEB-Präsidenten Franz Reindl durchsucht. Die Staatsanwaltschaft München geht dem Anfangsverdacht der Untreue nach.

Von Josef Streule, Sebastian Krause

Er war jahrzehntelang die prägende Gestalt des deutschen Eishockeys: Franz Reindl, ehemaliger Nationalspieler vom SC Riessersee und langjähriger Präsident des Deutschen Eishockey-Bundes e.V. (DEB). Im Herbst 2021 kandidierte er als Präsident des Eishockey-Weltverbandes IIHF - und scheiterte. Nach ihren Recherchen hatten "Augsburger Allgemeine" und der "Spiegel" zuvor öffentlich gemacht, dass Reindl in mögliche Interessenkonflikte bei der Vermarktung der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft verwickelt sei. Seit Anfang vergangenen Jahres ermittelt die Staatsanwaltschaft München I in dem Fall.

Heute durchsuchten Ermittler Büros des DEB e.V. in München sowie Privaträume von Franz Reindl. Laut Staatsanwaltschaft geht es um den Anfangsverdacht der Untreue. Der langjährige ehrenamtliche DEB-Präsident sei der einzige Beschuldigte. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Möglicher Interessenkonflikt bei Geschäften mit Sportvermarkter Infront

Im Zentrum dürfte Reindls Doppelfunktion stehen - als ehrenamtlicher Präsident des DEB e.V. und gut bezahlter Geschäftsführer der DEB Eishockey-Sportgesellschaft mbH (DEB GmbH). Dabei spielen vor allem die engen geschäftlichen Beziehungen des DEB e.V. und der DEB GmbH zur Sportrechtefirma Infront aus der Schweiz eine Rolle.

Zahlreiche Unterlagen, die dem BR, der "Augsburger Allgemeinen" und dem "Spiegel" vorliegen, zeigen, dass sich Reindls Funktionen dabei überschnitten - womöglich zum Nachteil des Eishockeyverbandes. So hatte sich Infront 2013 bei der DEB GmbH eingekauft und bis 2018 die Hälfte der Anteile an der Firma gehalten. Reindl bezog von der DEB GmbH als Geschäftsführer ein gutes Gehalt. Die Firma kümmerte sich um die Bewerbungen für Weltmeisterschaften. Sie organisierte unter anderem die WM in Deutschland 2017 und war bei der Sponsorenakquise für die Nationalmannschaft aktiv.

Ende 2018 drohte allerdings die Insolvenz. Der Grund: Sie sollte ein Darlehen über 300.000 Euro zurückzahlen, das Infront gewährt hatte. Der Sportvermarkter verzichtete jedoch auf die Rückzahlung. Infront könnte so den Fortbestand der Firma gesichert haben - und damit auch Reindls gut dotierte Position als Geschäftsführer.

Zugleich stand auch der DEB e.V. unter dem ehrenamtlichen Präsidenten Franz Reindl in einer engen Geschäftsbeziehung zu Infront. Die Schweizer Firma vermarktete nämlich die Übertrags- und Werberechte der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft. Auffällig ist, dass die Einnahmen, die der Eishockeyverband aus den Verträgen mit Infront erzielte, über die Jahre kaum gestiegen sind. So zahlte Infront für die Vermarktungsrechte in der Länderspielsaison 2014/2015 eine garantierte Summe von 540.000 Euro. Bis zur Saison 2019/2020 stieg der Betrag nur leicht auf 600.000 Euro an.

Infront kooperiert nach eigener Aussage mit den Behörden

Hat der Eishockeyverband unter Reindl möglicherweise auf Einnahmen verzichtet, damit Infront den Geschäftsbetrieb der DEB GmbH und damit Reindls Gehalt sicherte? Reindl hat jeden Verdacht auf ein strafwürdiges Verhalten in der Vergangenheit stets zurückgewiesen. Zu den aktuellen Durchsuchungen wollen sich Reindl und sein Anwalt nicht äußern.

Infront bestätigt gegenüber dem BR, der "Augsburger Allgemeinen" und dem "Spiegel", dass heute auch Räume der Gesellschaft in Frankfurt durchsucht wurden. Infront kooperiere vollumfänglich mit den beteiligten Behörden. Laut Staatsanwaltschaft München wird Infront nicht beschuldigt. Der Sportvermarkter betont, dass die Vorwürfe eines Interessenkonfliktes bei Franz Reindl zulasten des DEB jeder Grundlage entbehrten. "Alle geschlossenen Vermarktungsverträge zwischen DEB und Infront waren und sind breit im DEB und dessen Gremien abgestützt." Der DEB e.V. will sich aktuell nicht zum Sachverhalt äußern.