
Eine zweite Chance Private Skiteams im Weltcup - Skirennfahrer müssen viel Geld zahlen
Im Skiweltcup mischen neben den Nationalmannschaften auch private, nationenübergreifende Skiteams mit. Eines davon ist das Team Global Racing - ein Auffangbecken für Kaderlose, Kämpfer und Athleten aus kleinen Ski-Nationen.
Als sich Stefan Luitz und Patrick Kenney im Zielraum von Beaver Creek in die Arme fielen, sich miteinander über den guten ersten Lauf freuten, da dürften sich manche Zuschauer gefragt haben, was den Deutschen und den US-Amerikaner verbindet. Was wenige wissen: Stefan Luitz und Patrick Kenney sind Teamkollegen.
Sie starten zwar für ihre Nationen Deutschland und die USA, trainieren aber mit dem unabhängigen Team Global Racing. Paul Epstein hat das Team vor über zehn Jahren gegründet - aus Notwendigkeit, wie er in der BR24Sport-Story "Ski-Spitzen - Underdogs und Individualisten im Skirennsport" sagt.
Der US-Amerikaner sah eine Lücke. Er wollte eine Option für Athleten schaffen, die aus dem Kader gefallen waren - so wie Stefan Luitz. Der Allgäuer zählte jahrelang zur Riesenslalom-Weltspitze, ehe ihn zahlreiche Verletzungen zurückwarfen. "Aber das Skifahrerherz schlägt ja weiter", sagt Luitz in der Doku "Ski-Spitzen - Underdogs und Individualisten im Skirennsport".
13 Athleten aus zehn Nationen
Anstatt aufzugeben, schloss Luitz sich Global Racing an, wo er mit 13 Athleten aus zehn verschiedenen Nationen trainiert - darunter Sam Maes aus Belgien, Harry Laidlaw aus Australien oder Patrick Kenney aus den USA.
Bei Global bekommen nicht nur Aussortierte eine zweite Chance, Global ist auch ein Auffangbecken für Athleten, die in ihrem Heimatland keine Strukturen haben. "Global war für mich die beste Option, auf Weltcup-Niveau zu trainieren", sagt der Este Tormis Laine.
Skirennfahrer müssen viel Geld zahlen
Privatteams gibt es schon lange. Paul Epstein hat mit Global aber das wohl erfolgreichste Team geschaffen: Sam Maes fährt regelmäßig in die Top 15, Tormis Laine war der erste Este, der Weltcup-Punkte holte, in Val d'Isère gelang ihm sogar ein 14. Platz. Andrej Drukarov holte den ersten Europacup-Sieg für Litauen, Harry Laidlaw war der erste Australier, dem ein Top-30-Ergebnis in einem Weltcup-Riesenslalom gelang. Global etabliert sich im Weltcup und internationalisiert damit das Starterfeld.
Neben Global mischt auch die World Racing Academy (WRA) im Weltcupzirkus mit - und auch in dem Team ist mit Adrian Meisen aus Garmisch-Partenkirchen ein Bayer vertreten.
Um den Weg in einem unabhängigen Team zu gehen, müssen die Skirennfahrer viel Geld zahlen. Rund 50.000 Euro kostet ihnen eine Saison bei Global. "Ein Athlet hat sogar seine Wohnung verkauft, um bei uns mitzutrainieren", erzählt Epstein. Der Schweizer Daniele Sette verkauft Merchandise-Produkte, Patrick Kenney aus den USA sammelt über ein Fundraising-Golfturnier Geld für die Saison. Andere starten Crowdfunding-Aktionen und auch um die Sponsoren müssen sich die Athleten selbst kümmern.
Vorbild Lena Dürr - von WRA zurück in den Kader
Doch die unabhängigen Teams müssen keine Dauerlösung sein. Immer wieder kämpfen sich Athleten von Privatteams zurück in den Kader. Zwei Beispiele von vielen: Das heutige Slalom-Aushängeschild des DSV, Lena Dürr, war 2018 bei WRA, Anton Grammel war bei Global.

Lena Dürr gehört zur Nationalmannschaft. Das war nicht immer so.
"Wir versuchen den Athleten die Tür aufzuhalten, sie haben die Möglichkeit, über gute Leistungen zurückzukommen", sagt DSV-Sportdirektor Wolfgang Maier in der BR24Sport-Story "Ski-Spitzen - Underdogs und Individualisten im Skirennsport".
"Global ist wie eine Familie"
In den Nationalteams konkurrieren die Athleten in jedem Training mit ihren Kollegen um heiß begehrte und begrenzte Startplätze bei Weltcups. Bei Global stehen die Athleten erst im Rennen selbst in direkter Konkurrenz. Das wirkt sich auch auf die Stimmung aus.
Verschiedene Nationen, verschiedene Kulturen
Drukarov sieht vor allem im Nationen-Mix einen großen Vorteil: "Ich bekomme die Freiheit der US-Amerikaner mit, den Perfektionismus von Sam Maes, die Erfahrung von Stefan Luitz, die Lockerheit von Tormis." Aus all den Erfahrungen und Geschichten würde am Ende "eine Informationssuppe" entstehen, von der man zehren könne.
Wer die Athleten beim Abendessen im Trainingslager beobachtet, der bekommt einen Geschmack von dieser Gruppe: Laine, Drukarov und Co. unterhalten sich größtenteils auf Englisch – unterschiedlich gefärbt und mit unterschiedlichen Akzenten. Nur selten drehen sich die Gespräche um den Skirennsport. Und trotzdem ist der Skirennsport das, was die Belgier, US-Amerikaner, den Australier und den Esten zusammenbringt.
Quelle: Blickpunkt Sport
02.02.2025 - 21:45 Uhr