Leon Goretzka

FC Bayern München Leon Goretzka - plötzlich Abwehrchef

Stand: 29.09.2023 12:03 Uhr

In der Sommer-Vorbereitung war Leon Goretzka nur noch außen vor. Doch der Nationalspieler hat sich zurückgekämpft - auch weil er auf einer ungewohnten Position überzeugt.

Von Hannes Nebelung

Es ist noch gar nicht so lange her, da schien Leon Goretzka gar nicht mehr gewollt zu sein beim FC Bayern München. In der Sommervorbereitung in Asien zog er stets den Kürzeren gegenüber Neuzugang Konrad Laimer, FCB-Trainer Thomas Tuchel monierte öffentlich Goretzkas Defizite als defensiver Mittelfeldspieler. Im September folgte dann auch noch die "extrem enttäuschende" Nicht-Nominierung vom damaligen Bundestrainer Hansi Flick.

Goretzka überzeugt in der Innenverteidiger-Misere

Goretzka selbst mahnte zur Beharrlichkeit, schickte ein Treue-Bekenntnis für den Verein an seine Kritiker. In den vergangenen Wochen übernahm er dann Laimers Platz wieder, traf im Spitzenspiel gegen Bayer Leverkusen und am Dienstag war Goretzka plötzlich Abwehrchef und für einige Minuten sogar Kapitän des FC Bayern beim 4:0-Erfolg in der ersten DFB-Pokal-Runde bei Preußen Münster.

Tuchel: Goretzka "prädestiniert" als Innenverteidiger

"Es war vom Gefühl her angenehm, dass sie das beide angenommen haben und gleich gesagt haben: 'Das machen wir, raufen uns zusammen und lösen es gemeinsam.' Und so sah es auch aus", sagte Tuchel am Sky-Mikrofon. Goretzka bringt laut dem FCB-Coach durchaus das Zeug zum Innenverteidiger mit: "Leon ist eigentlich dafür prädestiniert vom Körper und von der Schnelligkeit auf Strecke. Außerdem hat er ein klares Aufbauspiel." Der erfolgreiche Abend darf durchaus auch als Fingerzeig an den Coach gewertet werden.

Goretzka selbst, der die Kapitänsbinde in den letzten 30 Minuten von Joshua Kimmich übernahm, wirkte nach dem Spiel gelöst. "Man hat es anzunehmen, es war das erste Mal. 'Nous' hat gesagt, dass er schon einmal dort gespielt hat. Daher konnten wir da heute von seiner Erfahrung auf der Position profitieren", sagte Goretzka mit einem Grinsen.

Goretzka trotzt seinem Schicksal

Der defensive Feldversuch im Münster soll aus Sicht von Goretzka kein "langfristiges Projekt" werden. Dennoch verdeutlichte die Partie den Aufwärtstrend des Nationalspielers und seinen Status als Eckpfeiler im Team. Anstatt sich seinem Schicksal zu fügen - im Sommer hielten sich auch hartnäckig Abschiedsgerüchte in Richtung Premier League - zeugt seine Entscheidung, in München zu bleiben und sich durchzubeißen von seiner Reife, die er in den vergangenen fünf Jahren beim FCB bekommen hat. Auch nach einer persönlich schwierigen Saison 2022/23.

Nachdem er Anfang August bei der 0:3-Niederlage im Supercup gegen RB Leipzig noch außen vor war, startete Goretzka mittlerweile in sechs von sieben Spielen neben Joshua Kimmich auf der Doppelsechs. Konrad Laimer dagegen muss nach hinten rechts ausweichen und sich dort mit Mazraoui duellieren. Auch beim Topspiel am Samstagabend (RB Leipzig gegen den FC Bayern München am Samstag um 20:45 Uhr live in der Radioreportage) scheint Goretzka gesetzt zu sein.

"Holding Six" bleibt ein Bayern-Thema

Vor der Saison klang das noch ganz anders. "Die Frage auf der Sechs stellt sich mir gar nicht, weil Laimer ein Transfer ist, an dem wir sehr, sehr viel Spaß haben werden", erklärte Ehrenpräsident Uli Hoeneß unmissverständlich zum Vorbereitungsstart.

Doch die Frage nach der "Holding Six" (ein absichernder Mittelfeldspieler) ist bis heute ein offenes Thema. Tuchel erklärte öffentlich, dass keiner seiner Spieler diese Rolle vollständig ausfüllen könnte. Die Bayern-Verantwortlichen versuchten intensiv, ihrem Trainer einen entsprechenden Spieler zu besorgen, doch der schon sicher geglaubte Deal mit Fulhams João Palhinha platzte in letzter Sekunde.

Konkurrenz für Goretzka: Kommt Palhinha im Winter?

All die Nebengeräusche seit dem Vorbereitungsstart lassen Goretzka scheinbar unbeeindruckt, zumindest im Zweikampf mit Konrad Laimer konnte er Tuchel umstimmen. Dass es weiterhin an der Kompaktheit und Stabilität im Zentrum fehlt, ist kein Geheimnis. Die öffentliche Kritik hängt sich dabei oft an Kimmich auf, doch auch Goretzka ist gefragt, das Problem in den Griff zu bekommen.

Ein Palhinha-Transfer im Winter steht weiterhin im Raum, auch wenn der Portugiese jüngst seinen Vertrag bei Fulham verlängerte. Mit seinem Auftritt als Abwehrchef in Münster hat Goretzka zumindest unter Beweis gestellt, dass er gewillt ist, schwierige und undankbare Aufgaben in der Defensive erfolgreich anzugehen. Ob als Innenverteidiger - oder defensiver Mittelfeldspieler. Für seine Kritiker und daher auch ihn selbst war es kein schlechtes Zeichen, dass der Modellversuch beim Drittligisten Münster so erfolgreich klappte.

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Quelle: BR24Sport im Radio 28.09.2023 - 10:55 Uhr