ARD-Expertin Almuth Schult

Kritik an FIFA-Präsident Almuth Schult: "Infantinos Moralpredigten sind respektlos"

Stand: 15.05.2023 19:33 Uhr

Gewohnt meinungsstark spricht Fußball-Nationaltorhüterin Almuth Schult in Blickpunkt Sport über die Situation im Frauenfußball. Auch was die anstehende WM betrifft, zeigt sie klare Kante und kritisiert FIFA-Präsident Gianni Infantino.

Von BR24Sport

Almuth Schult war in den vergangen Jahren eines der bekanntesten Gesichter des deutschen Frauenfußballs. Die Torhüterin, die seit 2012 für die Nationalmannschaft spielt, hat daran mitgewirkt, dass der Frauenfußball in Deutschland sich einer derart großen Beliebtheit erfreut und immer mehr Aufmerksamkeit bekommt. Die 32-Jährige sieht einen deutlichen Unterschied zur Zeit vor der Frauenfußball-EM im vergangenen Jahr, die einen regelrechten Frauenfußballboom ausgelöst hat. "Die EM hat deutlich was bewegt, wenn man die Zuschauerzahlen auch in der ersten Liga sieht", so Schult. "In der Frauen-Bundesliga war es vom Schnitt noch nie so, und es gab auch noch nie so viele Highlightspiele, und das auch nicht nur bei den Topvereinen. Ich hoffe jetzt, dass es nachhaltig so bleibt."

Deutsche Meisterschaft bei den Frauen ist entschieden

Die deutsche Meisterschaft bei den Frauen hält Schult nach der 0:4-Niederlage des VfL Wolfsburg bei Eintracht Frankfurt an diesem Wochenende übrigens für entschieden. "Das wird sich Bayern nicht mehr nehmen lassen. Das muss jetzt zwangsläufig die Meisterschaft für Bayern sein", ist sie sicher. "Was ihren Ex-Klub VfL Wolfsburg betrifft, ist sie enttäuscht: "Wer in der Rückrunde drei Niederlagen einsteckt, der hat es auch nicht verdient."

Im Video: Frauenfußball: Was ist vom Boom geblieben?

Nationalspielerin Alexandra Popp

Professionelles Arbeiten noch nicht in allen Klubs möglich

Doch zurück zur Situation des Frauenfußballs: Nach wie vor gebe es aber nur wenige Vereine der Frauen-Bundesliga, bei denen auch für die Frauenteams ein professionelles Arbeiten möglich sei. Es gehe darum, "dass man unter gleichen Bedingungen trainieren kann" (wie die Männer, d. Red.). "Die Teams müssen einen eigenen Trainingsplatz, eine eigene Kabine zur Verfügung haben. Das ist die Grundlage, um professionell als Athletin arbeiten zu können." Auch ein Kraftraum sei heutzutage Standard, alleine schon, um Verletzungen vorzubeugen und um die Leistungen individuell steigern zu können.

Was die immer wiederkehrende Forderung des "Equal Pay", der gleichen Bezahlung für Frauen und Männer, betrifft, sieht es Schult so ähnlich wie ihre Nationalmannschaftskollegin Alexandra Popp. "Wir sind froh, wenn jede Spielerin so verdient, dass sie nicht noch nebenbei arbeiten gehen muss. Das ist bis jetzt nur in zwei, maximal drei Vereinen in der ersten Liga der Fall."

Im Video: Diskussion um die Übertragungsrechte für die Frauen-Fußball-WM

Gianni Infantino

WM: TV-Verträge werden "deutlich zu spät" verhandelt

Den schwelenden Streit zwischen der FIFA und einigen Ländern, was den Kauf der Übertragungsrechte für die anstehende Fußball-WM der Frauen betrifft, sieht Schult "die Wahrheit irgendwo in der Mitte": "Die FIFA hat einen Prozess begonnen, TV-Rechte zu verkaufen, und das sechseinhalb Monate vor dem Turnier. Das ist deutlich zu spät." Aber auch die andere Seite mache nicht alles richtig: "Wenn man den Gerüchten Glauben schenkt, dass es fünf Millionen Euro sind und das mit den 200 Millionen vergleicht, die zuletzt für Männer- und Frauen-WM gemeinsam gezahlt wurden, dann ist auch der Wert der Zahlen etwas ungleich."

Schult glaubt nicht, dass die FIFA zur Zeit richtig gesprächsbereit ist. Sie vermutet da tiefer liegende Gründe, weil es die FIFA "auch dem nicht so zugetan war, wie sich Deutschland in Katar präsentiert hat". In Richtung Gianni Infantino wird sie dann deutlich: "Das Schlimmste und Unmoralischste ist für mich, den Prozess so kurzfristig zu starten." Und weiter: "Ich kann die Moralpredigten von Infantino über Respekt nicht verstehen, weil das respektlos ist und nicht dem Wert angemessen, den diese Sportart hat."

Im Video: Das ganze Gespräch mit Almuth Schult in voller Länge

Almuth Schult

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Quelle: Blickpunkt Sport 14.05.2023 - 21:50 Uhr