Hat nationale Konkurrenz bekommen: Niklas Kaul.

Leichtathletik Olympia-Norm und Vorherrschaft: Zehnkämpfer Kaul unter Druck

Stand: 15.06.2023 10:13 Uhr

Europameister Niklas Kaul steht beim Mehrkampf in Ratingen noch stärker im Blickpunkt. Es geht nicht allein um die Olympia-Norm, sondern um die Vorherrschaft im deutschen Zehnkampf.

Der neue Herausforderer von Europameister Niklas Kaul wird aus der Ferne zusehen. Deutschlands Vorzeigeathlet steht nach dem verblüffenden Zehnkampf-Paukenschlag von US-Student Leo Neugebauer mit 8836 Punkten bei den College-Meisterschaften nun beim Mehrkampf-Meeting am Wochenende in Ratingen stärker unter Druck.

"Ich kann mir vorstellen, dass dies Niklas noch mal kitzelt, seine Vorherrschaft in Deutschland behaupten zu wollen", sagte Bundestrainer Christopher Hallmann. "Das wird auf jeden Fall eine Bereicherung für den deutschen Zehnkampf sein."

Der 25 Jahre alte Kaul vom USC Mainz hatte für sein Saisondebüt über zehn Disziplinen vor den Toren von Düsseldorf das Ziel ausgegeben, die Olympia-Norm von 8460 Punkten für die Sommerspiele 2024 in Paris abzuhaken. "Das ist das Minimalziel für dieses Jahr", hatte der "Sportler des Jahres 2022" vor dem Neugebauer-Coup gesagt. 

Möglicherweise ist er durch den Leistungsboom des im texanischen Austin lebenden Senkrechtstarters angespornt, in Ratingen das Maximum zu mobilisieren, um vor dem Duell bei der WM in Budapest im August eine Duftmarke zu setzen. "National ist Leo sicher der größte Konkurrent von Niklas, der ebenfalls das Potenzial hat, in diesen Punktebereich vorzustoßen", meinte Hallmann, betonte aber auch: "Sie verstehen sich gut und hatten bei der WM im vergangenen Jahr in Eugene beide sehr viel Spaß miteinander." Sportlich war es nur mäßig gelaufen: Kaul war Sechster und Neugebauer Zehnter geworden.

Neugebauer Topfavorit in Budapest

In zwei Monaten ist nun der auf Rang eins der aktuellen Weltrangliste hoch katapultierte Neugebauer in Ungarns Hauptstadt der Topfavorit und Herausforderer Nummer eins von Titelverteidiger Kevin Mayer (Frankreich). Was Kaul in Ratingen zu leisten vermag, ist nicht wirklich vorhersehbar, da der Weltmeister von 2019 in diesem Jahr keinen Zehnkampf bestritten hat und bei Wettkämpfen nur in Einzeldisziplinen an den Start gegangen ist. 

"Ich wollte in diesem Jahr mal neue Impulse setzen. Ich bin sehr froh, wie es bisher gelaufen ist", berichtete Kaul im Interview mit dem Fachmagazin "Leichtathletik". Besonders zufrieden sei er mit dem Diskuswurf und Weiten von 47, 48 und 49 Meter gewesen - seit 2019 sei er nicht mehr auf solche Ergebnisse gekommen. Deshalb hoffe er, bald die 50-Meter-Marke zu übertreffen: "Ich bin zuversichtlich, dass mir das in dieser Saison noch gelingt." Weit entfernt war er unter anderem bei den Testwettkämpfen aber von seinen Bestleistungen im Speerwurf 79,05 Meter (2023: 66,06) oder den 2,11 Meter im Hochsprung (2,02).

Wichtiger als die WM ist für Kaul der Start bei den Olympischen Spielen im kommenden Jahr, nachdem er bei den Tokio-Spielen 2021 verletzt aufgeben musste. Deshalb will der Lehramtsstudent für Physik und Sport seine Bachelorarbeit fertigstellen, um sich voll auf die Paris-Spiele vorbereiten zu können. "Man weiß ja auch nie, wie oft die Chance einer Olympia-Teilnahme noch kommt, ob ich beispielsweise 2028 in Los Angeles überhaupt noch dabei bin", betonte er.