Helmut Marko und Christian Horner von Red Bull Racing

Formel 1 Machtkampf bei Red Bull Racing schwelt weiter - auch im Konzern?

Stand: 11.03.2024 09:01 Uhr

Max Verstappen gewinnt in der Formel 1 weiter in Serie, aber der Machtkampf bei Red Bull Racing schwelt weiter. Teamchef Christian Horner, der im Zentrum von internen Ermittlungen stand, ging nach dem Grand Prix in Dschidda erstmals in die Offensive und schloss auch eine möglichen frühzeitigen Abschied von Weltmeister Max Verstappen nicht aus.

"Als Team bewegen wir uns auf einem außerordentlich hohen Standard. Und wir erwarten, dass sich das fortsetzt", sagte Horner. Wer jedoch nicht mehr seine Rolle spielen und gehen wolle, den werde Red Bull nicht zum Bleiben zwingen, setzte der Brite hinzu. Und stellte klar: "Wir sind ein Team - und keine einzige Person ist größer als das Team."

Diese Äußerung dürfte auch den Weltmeister-Piloten Max Verstappen mit einschließen, nachdem der Hauskrach bei Red Bull Racing auch am zweiten Rennwochenende der Formel 1 weiter ging, befeuert von neuen Interview-Aussagen von Jos Verstappen, Vater des Weltmeisters.

Nur das Siegerfoto aus Dschidda verbreitete Harmonie. Als wäre der Machtkampf im besten Team der Formel 1 nicht gerade vor aller Augen eskaliert, verwickelte der Weltmeister die Gegenspieler Christian Horner und Helmut Marko nach seinem Erfolg in Saudi-Arabien in eine lockere Plauderei.

Doch ob der Burgfrieden aus der Nacht von Dschidda lange hält, ist offen. Das Machtgerangel bei Red Bull reicht doch weit über Teamchef Horner, Berater Marko und den Rennstall hinaus. Vor allem die Triumphfahrten von Verstappen wirken derzeit noch als Kitt für das zunehmend fragile Gebilde.

Ablösung von Marko vorerst vom Tisch

"Ich habe immer gesagt, dass es am wichtigsten ist, dass wir als Team zusammenarbeiten und alle den Frieden bewahren. Darauf können wir uns alle einigen. Hoffentlich ist das von jetzt an komplett der Fall", sagte der Niederländer nach seinem saisonübergreifend neunten Grand-Prix-Sieg in Serie, dem 100. Podestplatz seiner Überflieger-Karriere.

Der 26 Jahre alte Verstappen zeigte sich erleichtert, dass wohl auch dank seiner Intervention die Ablösung seines Vertrauten Marko vorerst vom Tisch ist. Der Österreicher hatte kurz vor dem Rennen das Ergebnis eines Krisentreffens mit Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff verkündet: "Ich mache weiter, ja."

Verstappen hatte zuvor ziemlich offen mit Ärger gedroht, sollte Marko trotz eines bis Ende 2026 laufenden Vertrags gehen müssen. "Ohne ihn im Team, glaube ich, wird es ein Problem geben, auch für mich selbst", sagte der Triple-Champion, der einst von Marko in die Formel 1 befördert worden war.

Marko weist Vorwürfe der Datenweitergabe zurück

Der ganze Wirbel entzündete sich am weiter brodelnden Skandal um Rennleiter Horner, der schon seit längerem als Widersacher Markos gilt. Eine Mitarbeiterin hatte dem Briten unangemessenes Verhalten vorgeworfen. Nach einer internen Untersuchung war die Beschwerde abgewiesen worden.

Nach Medienberichten sei die Mitarbeiterin inzwischen suspendiert worden. Weiter heißt es, dass sie vor einem Zivilgericht gegen Horner klage.

Anonyme Mails mit pikanten Details, die an Journalisten und Formel-1-Offizielle versendet worden waren, brachten den 50 Jahre alten Briten zudem erneut unter Druck.

Dass der 80 Jahre alte Marko als Quelle des Datenlecks verdächtigt worden sein soll, wies dieser als absurd zurück. "Das ist kompletter Schwachsinn. Ich bin heilfroh, wenn ich mein Handy halbwegs bedienen kann", sagte der frühere Formel-1-Pilot.

Jos Verstappen legt nach

Die in Dschidda unablässig vorgetragene Forderung von Horner nach einem Schlussstrich in der Affäre blieb vergebens. "Ich denke, dafür ist es nun ein bisschen zu spät. Wenn es das ist, was er will, fein. Aber ich denke nicht, dass das möglich ist", übermittelte Verstappens Vater Jos via "Daily Mail" und legte Horner erneut einen Rücktritt nahe: "Ich habe bereits gesagt, dass es Probleme gibt, wenn er bleibt."

Ringen zwischen thailändischem und österreichischem Zweig des Konzerns

Horner aber wird weiter gestützt von den thailändischen Mehrheitseigentümern von Red Bull. Die Familie Yoovidhya soll sich Berichten zufolge im Ringen mit der österreichischen Seite des Getränkekonzerns um die Erben des gestorbenen Mitgründers Dietrich Mateschitz befinden. Der Konzernzweig in Fuschl am See soll auf der Seite Markos stehen und Horner angeblich am liebsten von dessen Posten entfernen.

Motorenpartner fordern Aufklärung

Für den Sonntag (10.03.2024) hatten beide Parteien sich angeblich in Dubai für weitere Gespräche über die verfahrene Situation verabredet. Als wäre das alles nicht schon kompliziert genug, forderten auch Red Bulls Motorenpartner Honda und der Autobauer Ford, der ab 2026 ins Team einsteigen will, Aufklärung über die Vorgänge um Horner und den Umgang mit dem Skandal.

Transparenz aber war noch nie die Stärke des Red-Bull-Konzerns und seiner Ableger im Spitzensport. "Wir haben nicht vor, vor der ganzen Welt unsere internen Personalthemen auszubreiten", ließ der deutsche Geschäftsführer Mintzlaff im Fahrerlager von Dschidda wissen. Mintzlaff war einst auch Vorstandschef beim Fußball-Bundesligisten RB Leipzig.

Weiter Spekulationen um Verstappen-Wechsel

Für die Gerüchteküche in der Formel 1 wirkt das eher wie ein Brandbeschleuniger. Dass Verstappen und Design-Superhirn Adrian Newey der Querelen und Intrigen überdrüssig werden und den Branchenführer verlassen könnten, wird weiter munter spekuliert. "Es gibt kein Team, das nicht Handstände machen würde, um ihn im Auto zu habe", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff über Verstappen, dessen Vertrag bei Red Bull noch bis Ende 2028 läuft. Newey soll indes intensiv von Ferrari umworben werden.

"Ich sehe keinen Grund, warum irgendwer dieses Team verlassen sollte", konterte Teamchef Horner und gab sich kämpferisch. Der überwältigende Erfolg der vergangenen Jahre sei dafür das beste Argument, glaubt er. Verstappen hat 19 der vergangenen 20 Grand Prix gewonnen und dürfte auf dem Weg zum vierten Titel in Serie nicht aufzuhalten sein. Adjutant Sergio Pérez sicherte in Saudi-Arabien vor Ferrari-Pilot Charles Leclerc den zweiten Doppelerfolg für Red Bull im zweiten Saisonlauf.