Fußball | Premier League Haaland bei Manchester City - eine Herausforderung für Guardiola

Stand: 11.05.2022 18:49 Uhr

Manchester Citys Trainer Pep Guardiola wünschte sich einen Mittelstürmer, und er bekommt Erling Haaland. Über einen Transfer, der keine Überraschung war und irgendwie doch.

Als Manchester City noch kein reicher Klub war, finanziert von den Milliarden eines Scheichs aus Abu Dhabi, sondern ein Arbeiterklub mit vielen Fans, nur ohne Aussicht auf Titel, hat schon einmal ein Haaland dort gespielt. Alf-Inge Haaland lief von 2000 bis 2003 für City auf, er war ein defensiver Mittelfeldspieler, keiner für das Spektakel.

Die Erinnerungen an sein Wirken sind außerhalb Manchesters längst verblasst, wie auch die an City als einen Klub unter vielen.

Neunzehn Jahre später wird die Geschichte über Manchester City und den Namen Haaland um ein Kapitel erweitert. Es wird mit einiger Sicherheit eines sein, das von Toren erzählt und von Titeln. Am Dienstag (10.05.2022) gab der Klub bekannt, eine Einigung mit Borussia Dortmund über einen Wechsel von Erling Haaland erzielt zu haben. Nur die Vertragsunterschrift fehlt noch.

Erling Haaland - wie einst der Papa

Erling Haaland, 21, man ahnt es, ist der Sohn von Alf-Inge Haaland, 49. Womöglich sind unter den Fans von Manchester City noch immer welche, die für diese Art von Sentimentalität zu haben sind. Für den Klub wird es eher eine Randnotiz sein. Sie hatten andere Gründe, sich um den immer noch sehr jungen Erling Haaland zu bemühen.

Als Haaland vor zweieinhalb Jahren von RB Salzburg zum BVB gewechselt war, hatten sie sich in Dortmund auf einen Angreifer gefreut, der für Tore stand, für Schnelligkeit und für eine gewisse körperliche Wucht. Auf einen, der so jung und gleichzeitig so talentiert war, dass er eine Wertsteigerung versprach. Sie wurden nicht enttäuscht.

Haaland und der BVB - eine Erfolgsgeschichte

Das mit Haaland und dem BVB wurde eine Erfolgsgeschichte. In 66 Bundesligaspielen hat er 61 Tore erzielt, die Zahlen sprechen für sich. Für die Meisterschaft hat es nicht gereicht, nur lag das nicht an Haaland. Immerhin wurden Haaland und die Dortmunder einmal zusammen Pokalsieger. Auch das mit der Wertsteigerung hat funktioniert.

Zahlen hat der BVB nicht veröffentlicht, der Transfer ist noch nicht bestätigt. Doch man kann das schon vorhersagen: dass sie sich in Dortmund bald über eine nette Summe auf dem Konto freuen dürfen. Dass in den Bilanzen eine Zahl auftauchen wird, die um ein Vielfaches höher sein wird als die einst an Salzburg gezahlte Ablöse.

Haaland zu Man City - keine Überraschung, aber irgendwie doch

Wenn es nur um das Potenzial ginge, wenn Geld keine Rolle spielte, dann hätte Haaland bei der Auswahl seines neuen Arbeitgebers wohl freie Wahl gehabt. Wahrscheinlich hätten sie Haaland alle gerne gehabt, Real Madrid, der FC Barcelona, womöglich auch die Bayern, doch irgendwas war immer. Der FC Barcelona hat Schulden, sehr hohe Schulden. Real Madrid hat Karim Benzema, die Bayern haben Robert Lewandowski.

Es wurde dann Manchester City, eigentlich ist das keine Überraschung und dann irgendwie doch.

In Manchester haben sie das Geld, einen Angreifer vom Format Haalands haben sie nicht. Den Trainer Pep Guardiola hat das dem Vernehmen nach bedrückt, es heißt, er habe einen solchen Mittelstürmer in seiner Mannschaft mitunter schmerzlich vermisst. Zu dieser Erzählung passt, dass City im vergangenen Sommer vieles unternahm, um Harry Kane von Tottenham zu verpflichten. Nur gelang das nicht.

Also hat Guardiola im 4-3-3 auch in dieser Saison ohne echten Mittelstürmer spielen lassen, zumindest in den entscheidenden Spielen. Gabriel Jesus, 25, ist der einzige zentrale Angreifer in Guardiolas Kader, er ist gut darin, aber die Klasse von Kane oder Haaland hat er nicht.

Nun bekommt Guardiola Haaland - und steht direkt vor der nächsten Herausforderung.

Achtung, die Tiefenläufe

Man kann Haaland natürlich für seine Tore bewundern, manchmal sehen sie ganz leicht aus und mitunter spektakulär. Man kann seine Schnelligkeit loben, auch die ist außergewöhnlich. Doch täte man ihm unrecht, reduzierte man ihn nur darauf. Denn da ist noch eine Eigenschaft, schwer zu erkennen und doch so wichtig: Läufe in die Tiefe kann Haaland wie kaum ein anderer Spieler.

Es lohnt sich, das einmal in Ruhe anzuschauen. Wie Haaland Blickkontakt mit dem ballführenden Mitspieler sucht. Wie er die Bewegungen seines Gegenspieler studiert. Wie er sich in Räume bewegt, die im Rücken des Verteidigers sind. Wie er dann sprintet - und kaum noch einzuholen ist.

Der Fußballer Haaland denkt vertikal, für sein Spiel braucht er Räume. Nur bekommt Manchester City die selten. Und Pässe in den Rücken der Abwehr, wie Haaland sie liebt, sind bei Guardiola nicht unbedingt vorgesehen.

Es stellt sich also schon die Frage: Haaland und Guardiola bei Man City - passt das?

Haalands neuer Trainer Guardiola - einer für das Feintuning

Ein typischer Guardiola-Spieler ist Haaland sicher nicht, allein die Größe. Aber man kann sich schon vorstellen, dass Haaland einer werden kann, der das Spiel von Manchester City veredeln könnte. Gerade weil er ein Spielertyp ist, wie City ihn noch nicht im Kader hat. Die Entschlossenheit beim Abschluss, die Schnelligkeit, die Tiefenläufe - es sind Stärken, von denen der Klub profitieren könnte.

Also wird Guardiola tun, was er immer schon getan hat - auch wenn das manchmal untergegangen ist. Er wird grübeln, tüfteln, Kleinigkeiten verändern. Man übersieht das ja leicht: Das Manchester City von heute ist kein Double von Guardiolas Barcelona, es spielt auch nicht wie Guardiolas Bayern, nicht einmal wie Manchester City im vergangenen Jahr. Auch einer wie Guardiola lernt dazu.

Haaland hat in seiner Zeit beim BVB eine beeindruckende Entwicklung genommen, nun geht es an das Feintuning. Und Feintuning kann Guardiola, er hat das oft bewiesen. Passspiel, Spiele ohne Ball, Bewegungsabläufe - überall muss Haaland sich verbessern. Guardiola wird ihm sagen, wie das geht.

An dem Tag, als Manchester City die grundsätzliche Einigung mit Haaland und dem BVB bekannt gab, analyiserte der "Guardian" den bevorstehenden Wechsel. Es sei ein Transfer, der "unbestreitbar unpassend" wirke, schrieb die Zeitung. Nur müsse das mit Haaland und Man City deshalb noch lange keine schlechte Idee sein, man dürfe eben die Rolle des Trainers nicht unterschätzen. "Guardiola ist ein großartiger Trainer, der wie ein Wahnsinniger arbeiten wird, um das passend zu machen."