Barcelona-Trainer Xavi

Zwei Titel sind schon verspielt Barca-Krise - Xavi spricht offen vom Rücktritt

Stand: 26.01.2024 10:03 Uhr

Krise in La Liga, eine bittere Vorführung im spanischen Supercup, Aus in der Copa del Rey - der FC Barcelona hängt durch. Jetzt spricht der Trainer schon offen vom Abschied.

Die Situation kommt vielen Fans in Barcelona irgendwie bekannt vor. Als Xavier Hernández Creus, genannt Xavi, die Katalanen am 6. November 2021 übernahm, hatte Barcelona acht Punkte Rückstand auf die Spitze in der Primera Division. Der stolze Klub litt schwer unter seinem eigenen verheerenden Finanzgebaren, man konnte sich Lionel Messi nicht mehr leisten und bejammerte ständig seinen angeblich nicht mehr konkurrenzfähigen Kader. Der Niederländer Ronald Koeman hatte zuvor so ziemlich das Gegenteil von Aufbruchsstimmung verbreitet und war schließlich nach nur 14 Monaten Amtszeit gefeuert worden.

Wieder acht Punkte, wieder wird gejammert

Barca-Ikone Xavi übernahm, führte das Team mit einem Jahr Anlauf auch ohne Messi zur Meisterschaft 2022/23. Doch jetzt sind es wieder acht Punkte nach oben, den Titel spielen nach jetzigem Stand der Dinge das Sensationsteam vom FC Girona und Real Madrid unter sich aus. Barca ist erstmal abgehängt und hat gerade in kurzer Zeit auch noch zwei weitere Hoffnungen verspielt.

Im spanischen Supercup-Finale gab es ein demütigendes 1:4 gegen Real Madrid, zehn Tage danach platzte auch die Hoffnung in der Copa del Rey durch ein 2:4 nach Verlängerung im Viertelfinale bei Athletic Bilbao. Vor dem nächsten Ligaspiel am Samstag (27.01.2024, ab 18.30 Uhr im Live-Ticker bei der Sportschau) gegen den FC Villarreal äußert sich Xavi nun sehr interpretationsbedürftig.

Orakel über seine Zukunft

Über seine eigene Zukunft orakelt er: "Alle Trainer großer Klubs sind auf Trophäen angewiesen." Jetzt werde man eben um die Titel in La Liga und in der Champions League kämpfen. Und dann: "Wenn das Team am Ende der Saison nicht konkurrenzfähig ist, dann muss ich gehen." Er lobt den Kampfgeist seiner "ganz jungen Mannschaft", Barca spiele "mit Kindern, der Kader ist klein". Es werde aber daraus "etwas Großes entstehen, ob ich nun hier bin oder nicht".

Ob er damit das Umfeld aufrütteln will, zumal sein Abgang bisher von niemandem gefordert wurde, ist durchaus möglich. Er klingt aber auch ein wenig amtsmüde, irgendwie fast resigniert. Und spielt sein Kader wirklich mit Kindern? Und ist er wirklich zu klein?

Ein Sensationskind ist dabei

Was stimmt: Ein Kind ist wirklich dabei. Allerdings ein sensationell gutes Kind, um das die ganze Welt den FC Barcelona beneidet: Lamine Yamal ist 16, er gilt als Superstar der sehr nahen Zukunft, hat sogar schon vier A-Länderspiele für Spanien absolviert und zwei Tore erzielt. Was auch stimmt: Groß ist der Kader nicht. Aber unter den 22 Profis sind immerhin 16 A-Nationalspieler, das Durchschnittsalter liegt bei für die Branche absolut normalen 26,5 Jahren. Der Gesamtwert des Barca-Aufgebots von 858 Millionen Euro (Quelle: transfermarkt.de) ist dabei viermal so hoch wie der vergleichbar große (23) und vergleichbar alte (27,2) Kader von Spitzenreiter Girona. Als zwangsläufig kann man acht Punkte Rückstand also schon mal nicht bezeichnen.

In der Startelf beim Pokal-Aus gegen Bilbao verzichtete Xavi auch freiwillig auf mehr Erfahrung: Der 31-jährige Sergi Roberto wurde nur eingewechselt, auch der trotz seiner 24 Jahr schon weit gereiste Joao Felix war nur Joker. Ex-City- und -Bayern-Spieler Joao Cancelo, 29 Jahre alt, durfte sich 90 Minuten lang nur warmlaufen. Im Mittelfeld zogen wie gewohnt Pedri, Frenkie de Jong und Ilkay Gündogan die Fäden, im Sturm kann man Robert Lewandwoski, 35, auch nicht gerade als Rookie bezeichnen.

Barcelona-Stürmer Robert Lewandowski

Barcelona-Stürmer Robert Lewandowski sucht nach seiner Form.

Lewandowski oft ohne Bindung zum Team

Doch Lewandowski ist momentan auch ein Gesicht der sportlichen Krise, gegen Bilbao wurde er erneut ausgewechselt. In La Liga hat er nach gutem Start inzwischen seine Form und auch die Bindung zu den Kollegen ziemlich verloren: Die vergangenen vier Spiele blieb er ohne Tor, seit dem 25. November hat er nur noch einmal getroffen - bei der 2:4-Niederlage gegen Girona.

Die letzte halbwegs realistische Chance für Lewandowski und Xavi, diese Saison noch zu einem tröstlichen Ende zu führen, ist nun ausgerechnet der härteste Wettbewerb: die Champions League.

In der K.o.-Runde der Top 16 hat Barca den SSC Neapel vor der Brust, der mit einer sehr ähnlichen Motivation in das Kräftemessen geht. Auch dieser aktuelle Meister hinkt gerade auf nationaler Ebene hinterher, allerdings mit 21 Punkten Rückstand auf Juventus und Tabellenplatz neun noch deutlich schlimmer als Barcelona. Einen Trainerwechsel gab es bei den Neapolitanern bereits, im November musste Rudi Garcia gehen. Ob Barca den auch bald erlebt, könnte maßgeblich mit dem Ausgang dieses Achtelfinalduells zu tun haben.